Anwohner kritisieren das Hotelprojekt auf dem ehemaligen MTP-Gelände und fürchten Auswirkungen auf das Wohnquartier sowie fehlende soziale Kontrolle.
Peißenberg - „Vom Grundsatz her stehen alle Zeichen auf grün“, hatte sich Roland Görgens durchaus optimistisch gezeigt, als er Anfang Juli im Peißenberger Bauausschuss Pläne für ein Smart-Hotel mit digitalen Serviceleistungen und mobilem Check-in vorstellte (wir berichteten). Der Geschäftsführer der für die städtebauliche Entwicklung des ehemaligen MTP-Geländes federführenden Conductor-Bau-GmbH war extra vom Firmensitz in Ludwigsburg aus angereist – zusammen mit einem Vertreter des potenziellen Betreibers eines digitalen Beherbergungsbetriebs (Treugast-Solutions-Group aus München). Die Rede war von 38 Zimmern und 60 Hotelbetten, die im Bauabschnitt „Cluster 7“ direkt an der Hochreuther Straße zwischen den beiden Einfahrten zum Saint-Brevin-Ring entstehen könnten. Wenn ein Investor gefunden werde, so Görgens Prognose, wäre im kommenden Jahr die Eröffnung eines Smart-Hotels in Peißenberg „möglich“.
Die Euphorie ist verflogen
In der jüngsten Sitzung des Bauausschusses war wieder ein Gast aus Ludwigsburg anwesend – nämlich Görgens Conductor-Geschäftsführerkollege Helmut Kilger. Aber dieses Mal klang die Angelegenheit nicht mehr ganz so euphorisch und positiv. Kilger berichtete wie bereits Görgens im Juli von einer geringen Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt. Das habe Conductor dazu bewogen, über andere Nutzungen nachzudenken. Man wolle schließlich das Gesamtprojekt mit der städtebaulichen Entwicklung des MTP-Geländes möglichst rasch zu Ende bringen. Das sei auch im Interesse der Gemeinde. Die Eröffnung eines Smart-Hotels sei eine Variante – aber: „Wir wissen es noch nicht, was genau wird“, räumte Kilger ein: „Aktuell haben wir keinen Investor.“ Deshalb ziehe man auch andere Nutzungsalternativen in Betracht, die in einem allgemeinen Wohngebiet zulässig wären.
Neben der unsicheren Investorenfrage für das Smart-Hotel kommt aber noch eine weitere Komponente hinzu – nämlich der Umstand, dass die Pläne für einen Beherbergungsbetrieb bei den Anliegern für Unmut sorgen. In einem Schreiben an Bürgermeister Frank Zellner und den Gemeinderat melden die Bewohner rund um das Neubauquartier „dringenden Klärungsbedarf“ an. Ein gewerblicher Beherbergungsbetrieb mit automatisiertem Zutrittssystem und ständig wechselnden Gästen, so heißt es in einem Anfang Juli verfassten Brief, würde eine „wesentliche und problematische Abweichung von der ursprünglichen Konzeption des generationsübergreifenden, lebenswerten Wohnquartiers darstellen“.
Fehlende soziale Kontrolle
Die Anwohner befürchten erhöhte Verkehrs- und Lärmbelastungen sowie Müll- und Parkplatzprobleme. Auch würde eine „fehlende soziale Kontrolle und Anonymität besonders unsere Kinder gefährden, die sich im Quartier und in der Nachbarschaft frei bewegen.“ Und: „Wir sind erschüttert über die eventuelle Planung der Gemeinde und des Bauträgers, diese Idylle nun durch ein Smart-Hotel zu gefährden.“ Die Anlieger formulierten konkrete Forderungen – nämlich unter anderem die Rückkehr zur ursprünglichen Planung mit Wohnnutzung und die „Sicherstellung“, dass keine baurechtlichen Schritte wie eine Nutzungsänderung eingeleitet werden.
Allerdings: Eine Nutzungsänderung braucht es aus Sicht von Conductor gar nicht. Beherbergungsbetriebe und damit auch ein Smart-Hotel wären nach der Baunutzungsverordnung bereits qua Gesetz in einem allgemeinen Wohngebiet zulässig – ebenso wie nicht störende Gewerbebetriebe, Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke sowie Läden, Gastronomie und sogar Tankstellen.
Mehr Flexibilität für Entwicklung
Die zur Debatte stehende Änderung des Bebauungsplans „MTP/BHS-Gelände an der Hochreuther Straße“ bezieht sich demnach auch nicht auf den baurechtlichen Gebietscharakter, sondern lediglich auf die Baulinien im „Cluster 7“. Bislang waren dort zwei Baufenster eingeplant, ein zusammengefasstes soll nun mehr Flexibilität bei der städtebaulichen Entwicklung bieten.
„Die Nachbarn werden damit in ihren Rechten nicht verletzt“, betonte Frank Zellner im Ausschuss. Mit der Bebauungsplanänderung würden zudem die rechtlichen Voraussetzungen für den Bau eines Kindergartens am Saint-Brevin-Ring geschaffen und die Errichtung einer Tiefgarage im „Cluster 6“ ermöglicht, was wiederum den ruhenden Verkehr effizient und standortnah unterbringen würde.
Der Bauausschuss votierte einhellig für die Bebauungsplanänderung und empfahl dem Marktrat, in der Plenumssitzung (Mittwoch ab 18.30 Uhr im Rathaus) einen entsprechenden Satzungsbeschluss zu verabschieden.