Deutscher „Leo“ 1 taucht erstmals an Ukraine-Front auf - zwei Schwächen fallen sofort auf
Die Ukrainer präsentieren zum ersten Mal die Leopard-1-Panzer aus Deutschland an der Front. Im Einsatz gegen die russische Armee sind zwei Schwachstellen zu erkennen.
Charkiw – Die deutsche Unterstützung für Kiew geht im Ukraine-Krieg ungebrochen weiter. Laut der Liste der militärischen Unterstützungsleistungen der Ampel-Bundesregierung hat Deutschland den ukrainischen Streitkräften Ende November 20 weitere Marder-Schützenpanzer geliefert.
Zum ersten Mal Leopard 1A5 an der Front im Ukraine-Krieg gesichtet
Somit stieg die Zahl bereitgestellter Marder im Ukraine-Krieg auf 80. Kurz zuvor hatte die Ukraine von der Bundesrepublik zudem zehn sanierte Leopard 1A5 erhalten. Macht 30 an der Zahl, die bei der Verteidigung gegen den völkerrechtswidrigen Angriff Russlands helfen sollen.
Erstmals tauchten die neuen alten „Leos“, die aus den 1970er Jahren stammen, jetzt an der Front des Kriegs in der Ukraine auf. Ein Team der Nachrichtenagentur AFP filmte eine Panzer-Crew in der Oblast Charkiw. Die Panzersoldaten gaben dabei Hinweise auf ihre Taktik im Winter. Ferner fielen zwei Schwachstellen der gelieferten Panzer auf, die vom deutschen Rüstungskonzern Rheinmetall derzeit Stück für Stück aufbereitet werden.
Denn: Wie auf den Videos und den Fotos von der Front klar zu erkennen ist, wurden die Panzer bei ihrer Aufbereitung offensichtlich mit einem neutralen Olivgrün lackiert. In der Ukraine ist Ende November aber sehr intensiv der Winter ausgebrochen. In vielen Teilen des Landes ist in den vergangenen Tagen reichlich Schnee gefallen – so auch in der östlichen Region Charkiw.
Leopard 1A5 für die Ukraine im Einsatz: Kiew wartet auf Dutzende Kampfpanzer für Ukraine-Krieg
Das Video von AFP und weitere Aufnahmen, die in den Sozialen Netzwerken kursieren, dokumentieren, dass die Panzer im schneeweißen Gelände und in den entblätterten Wäldern schon von Weitem zu erkennen sind. Das ist an der Front selbstredend ein Nachteil, während die Ukrainer aktuell noch auf Dutzende Leopard 1A5 aus Deutschland, aus Dänemark und aus den Niederlanden warten.
Zur Einordnung: Die drei Nato-Partner planen, der ukrainischen Armee insgesamt 195 „Leos“ 1 zur Verfügung zu stellen. Allein 110 Leopard-1A5-Panzer sollen aus Deutschland kommen. Rheinmetall aus Düsseldorf ist dabei, viele einst eingelagerte Panzer aus Industriebeständen zu überarbeiten. Kürzlich veröffentlichte Rheinmetall eine Pressemitteilung, wonach der deutsche Rüstungskonzern im Verlauf des Jahres 2024 weitere 25 Leopard 1A5 liefern wird. Wären in Summe insgesamt 55 Stück.
Leopard 1A5: Deutschland kann wohl Panzer-Versprechen an Ukraine nicht einhalten
„Bis zum zweiten Quartal 2024 sollen es mehr als 100 dieser Kampfpanzer für die Ukraine sein“, hatte das Bundesverteidigungsministerium noch im Februar 2023 erklärt. Dieses Ziel wird wohl deutlich verfehlt. Dabei bräuchte die Ukraine für eine neue Offensive 2024 sehr viel mehr Panzer und gepanzerte Fahrzeuge. Immerhin kündigte Rheinmetall an, im kommenden Jahr im Auftrag der dänischen und niederländischen Regierung zusätzlich 14 Kampfpanzer Leopard 2A4 für die ukrainische Armee fertigen zu können.
Bei den „Leos“ 1 von der Front fällt indes auf: Bei der Modernisierung wurde offenbar auf eine zusätzliche Reaktivpanzerung verzichtet. Dabei werden mit Sprengstoff beschichtete Platten auf den Rumpf montiert, um Geschosse vor dem möglichen Eindringen in die Karosserie auszuschalten. Die Ukrainer selbst haben Leopard-2-Panzer mit einer zusätzlichen Reaktivpanzerung ausgestattet. Die Platten oder Kacheln explodieren außerhalb der Wanne, wenn ein Geschoss auf sie prallt.
Leopard 1A5 für die Ukraine: Panzerung gilt gegen Russlands Armee als Schwachstelle
Eine Schottpanzerung, wie beim Leopard 1A5 vorhanden, hat sich dagegen als anfällig für russische Panzerbüchsen erwiesen – etwa für die gefürchtete RPG-7. Markant: Die Seitenpanzerung beträgt in der Regel nur 30 bis 35 Millimeter, am Heck gerade mal 20 bis 25 Millimeter. Das ist wenig auf dem Schlachtfeld des Ukraine-Kriegs.
Zum Vergleich: Die Verbundpanzerung des Leopard-2A6 soll im Turmbereich bei 850 bis 930 Millimetern liegen. Aber: Bei der Konstruktion des mit 42,5 Tonnen vergleichsweise leichten Leopard 1A5 wurde vor allem auf Beweglichkeit Wert gelegt. Konkret: Laut eines Erklärvideos der deutschen Bundeswehr kann der Leopard 1 im Gelände bis zu 65 km/h schnell fahren – andere Panzertypen erreichen dagegen nur 45 km/h.
Die Kyiv Post feiert zumindest die Ankunft des Panzers aus der „Ära des Kalten Krieges“ im „Vintage“-Stil. „Wir können Ziele in einer Entfernung von 3,5 bis zu fünf Kilometern treffen. Dieses System ist sehr modern“, erklärte ein Panzerfahrer namens Vitali der AFP: „Moderne Panzer unserer Feinde verfügen nicht über ein solches System. Dadurch ist es ihnen nicht möglich, uns aus großer Entfernung anzugreifen. Wir können aus einer Entfernung, die es uns erlaubt, nicht zerstört zu werden, auf sie schießen.“
Leopard 1A5 für die Ukraine: Neue Taktik gegen russische Armee im Winter
Jüngst hatte das US-amerikanische Wirtschaftsmagazin Forbes in einer Analyse geschrieben, dass die Ukrainer in den kommenden Monaten bis Frühjahr wohl mit einzelnen Panzern aus Verstecken heraus russische Fahrzeuge und Stellungen angreifen werden, um sich dann schnell wieder zurückzuziehen. Und dass der Leopard 1A5 durch seine Schnelligkeit und sein verhältnismäßig leichtes Gewicht gut dafür geeignet sei, weil er weniger wahrscheinlich im Schlamm stecken bleibt. (pm)