„Alles platt gemacht“: Wurde am Loisach-Isar-Kanal ein Schwanennest zerstört?
Die Interessengemeinschaft Loisach-Kanal fragt sich, ob ein mutmaßliches Schwanennest am Kanal im Zuge der Sanierung zerstört wurde. Die Anwohner sind besorgt über die Auswirkungen der Kanalsanierung auf Natur und Tierwelt.
Gelting – Da, wo zwei Tage vorher noch der Schwan auf den Kanal schaute, ist nur noch braune Erde und karger Boden. Idyllisch ist das Fleckchen am Loisach-Isar-Kanal nicht mehr. Das Gras ist fast weg, und auch ein großer Haufen aus Ästen und Zweigen fehlt. Von dem Schwan keine Spur mehr. Zwei Fotos – eines von Montag, eines von Mittwoch vergangener Woche, sorgen momentan für Wirbel.
Anwohner wittern einen kleinen Skandal: „Verstößt eine Zerstörung von einem Schwanennest nicht gegen die EU-Vogelschutzrichtlinie?“ Das fragt die Interessengemeinschaft (IG) Loisach-Kanal auf ihrer Instagramseite. Die IG macht sich stark für eine Wiederbepflanzung des Kanal-Ufers. Sie hat sich gegründet, weil für die Sanierung des Loisach-Isar-Kanals durch die Firma Uniper die ganze Böschung gerodet wird. Danach soll dort ein Magerrasen wachsen. Das geht der IG wie berichtet gegen den Strich.

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Anwohner haben Schwan beim Äste sammeln beobachtet
„Wir wohnen direkt gegenüber und haben die Schwäne beobachtet. Die saßen da eine längere Zeit“, sagt Christian Herrmann von der IG. Und auch ein anderes Mitglied der IG, das direkt am Kanal wohnt und nicht namentlich in der Zeitung erwähnt werden möchte, erklärt: „Ich habe beobachtet, wie der Schwan Äste sammelt. Er saß tagelang an der gleichen Stelle. Für uns schaute das schon aus wie ein Nest.“ Dem IG-Mitglied zufolge habe es so ausgesehen, als würde der Vogel etwas bauen. „Kurz darauf wurde alles platt gemacht.“ Die Schwäne hätten an genau dem Bereich am Kanal jedes Jahr Nester gebaut. „Wir sind uns aber ziemlich sicher, dass heuer noch keine Eier drin waren.“
IG verweist auf Vogelschutzrichtlinie der EU
In ihrem Post zeigt die IG außerdem Auszüge aus der EU-Vogelschutzrichtlinie. Wichtig ist den Anwohnern vor allem das „Verbot der absichtlichen Zerstörung oder Beschädigung von Nestern und Eiern und der Entfernung von Nestern“. Laut der Verordnung sind aber auch Abweichungen möglich.
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Auszüge aus
der EU-Richtlinie
Artikel 3
(1) Die Mitgliedstaaten treffen unter Berücksichtigung der in Artikel 2 genannten Erfordernisse die erforderlichen Maßnahmen, um für alle unter Artikel 1 fallenden Vogelarten eine ausreichende Vielfalt und eine ausreichende Flächengröße der Lebensräume zu erhalten oder wieder herzustellen.
(2) Zur Erhaltung und Wiederherstellung der Lebensstätten und Lebensräume gehören insbesondere folgende Maßnahmen: (...) b) Pflege und ökologisch richtige Gestaltung der Lebensräume in und außerhalb von Schutzgebieten; c) Wiederherstellung zerstörter Lebensstätten; d) Neuschaffung von Lebensstätten.
Artikel 5
Unbeschadet der Artikel 7 und 9 erlassen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen zur Schaffung einer allgemeinen Regelung zum Schutz aller unter Artikel 1 fallenden Vogelarten, insbesondere das Verbot (...) b) der absichtlichen Zerstörung oder Beschädigung von Nestern und Eiern und der Entfernung von Nestern; (...)
Ob auf den Fotos ein Schwanennest zu sehen ist, kann auch der Landesbund für Vogelschutz schwer beurteilen. Ein Experte, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, erklärt: „Schwäne können theoretisch jetzt schon brüten.“ Denn auch andere Vogelarten seien bereits am Brüten. Weiter führt er aus: „Nester sind grundsätzlich geschützt.“ Jedoch könnten Behörden auch Ausnahmen erteilen, zum Beispiel dann, wenn eine Maßnahme zwingend notwendig sei.
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Wasser im Kanal soll bald abgelassen werden
Auf Anfrage erklärt Sabine Schmid, Sprecherin des Landratsamts: „Die Annahme, es hätte im Bereich der Baumfällarbeiten am Loisach-Isar-Kanal ein Schwanennest existiert, das durch die Rodungen zerstört worden wäre, können wir nicht bestätigen. Dementsprechend ist dem Landratsamt auch keine diesbezügliche Ausnahmegenehmigung bekannt.“ Weiter heißt es: „Ganz generell gilt, dass Schwäne üblicherweise erst Mitte bis Ende März mit dem Nestbau beginnen.“ Die Beseitigung der Bäume sei in Abstimmung mit dem Landratsamt deshalb bereits vor Beginn der Brutzeit erfolgt. „Zudem soll das Wasser im Kanal auch baldmöglichst abgelassen werden, um zu verhindern, dass Tiere im Sanierungsbereich nisten und brüten.“