Neue Virus-Kombination aus Influenza und Vogelgrippe: Infektiologe erklärt, wie sich Epidemie verhindern lässt
Ein renommierter Mediziner rechnet fest mit einem neuen Virus-Ausbruch. Er fordert dringend eine bessere Zusammenarbeit zwischen Human- und Tiermedizin.
Innsbruck – Der Infektiologe Günter Weiss von der Uni-Klinik Innsbruck für Innere Medizin hat bereits vor einigen Tagen öffentlich vor einer möglichen neuen Epidemie oder gar Pandemie in Europa gewarnt. Ginge es nach der Einschätzung des Experten, wird diese höchstwahrscheinlich durch eine Kombination aus einem humanen Influenzavirus mit einem Vogelgrippevirus entstehen. Wie das möglich ist und warum wir bereits erste Anzeichen für eine solche Entwicklung haben, erklärte er in einem neuen Interview.
„Ein Schwein kann mit einer humanen Influenza und gleichzeitig mit der Vogelgrippe infiziert sein. Kommt es dann zu einem Austausch von genetischem Material zwischen den beiden Virusarten, kann innerhalb des Schweines ein neues Virus entstehen“, sagte Weiss im Gespräch mit dem Nachrichtenportal Heute.
Steigendes Risiko durch Vogelgrippe: Wie wir eine Epidemie in Europa verhindern können
Der Mediziner wolle damit vor allem Bewusstsein und keine Panik schaffen: „Sowohl die Gesellschaft, als auch die Medizin sollten wissen, wie man entsprechend reagieren kann. Welche Maßnahmen, Strukturen, Pläne machen Sinn. Diesbezüglich sollten wir in den vergangenen fünf Jahren hoffentlich einiges gelernt haben.“ Wichtig sei, dass die Medizin in Zukunft Krankheiten zunehmend in ihrem Gesamtkontext von Mensch, Tier sowie Umwelt betrachtet. Bislang seien die Human- und die Veterinärmedizin laut dem Mediziner „zwei schlecht kommunizierende Kreise“.

„Es gibt sehr viele Infektionen, die in Tieren kursieren und auf den Menschen übertragen werden können. Das können Viren genauso, wie Bakterien sein.“ Neben der Vogelgrippe kursieren auch weitere Zoonosen in Europa, die häufiger vorkommen und damit Potential für Genveränderungen haben. Statt nun Angst vor Tieren zu haben, müsse man die Krankheiten laut Weiss viel mehr frühzeitig erkennen, behandeln und Massenausbrüche auf Tierfarmen vermeiden.
Was ist die Vogelgrippe?
Unter Vogelgrippe (aviäre Influenza) versteht man in erster Linie eine Erkrankung durch Influenza A-Viren bei Vögeln. Diese Viren können unter Umständen auch Erkrankungen bei Menschen hervorrufen, was ebenfalls als Vogelgrippe bezeichnet wird. Aviäre Influenzaviren können nicht so leicht von Tieren auf den Menschen übertragen werden. Wenn eine solche Infektion jedoch stattfindet, kann die Krankheit bisweilen sehr schwer verlaufen. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurden seit 2003 weltweit über 2.600 humane Erkrankungen und 1.100 Todesfälle mit aviärer Influenza nachgewiesen.
Quelle: Robert Koch-Institut
Kombination aus humanen Influenzavirus mit einem Vogelgrippevirus: erste Anzeichen für Genveränderungen
Wirft man einen Blick auf das Coronavirus und seine zahlreichen Varianten, hat dieses bereits gezeigt, wie schnell und häufig sich Viren genetisch verändern und an ihre Umgebung anpassen können. Trotzdem darf nicht jede Epidemie oder Pandemie mit der Corona-Pandemie gleichgestellt werden. Ein gutes Beispiel hierfür sei laut Weiss die Schweinegrippe, die keine einschneidenden gesamtgesellschaftlichen Folgen hatte. Eine zukünftige Epidemie in Europa kann für den Mensch, muss aber nicht zwangsläufig schwer verlaufen.
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Weiss rechnet damit, dass sich auch die Vogelgrippe in Zukunft weiter anpasst. Bislang ist das Virus nicht zwischen Menschen übertragbar. Ein Beispiel aus den USA zeige jedoch „das Potenzial, dass sich das Virus verändert“, so der Mediziner zu Heute. Er bezieht sich damit auf einzelne Fälle von Landwirten, die sich im Frühjahr 2024 erstmals durch den Kontakt mit Kühen mit einem Vogelgrippevirus infiziert hatten. Davor war man davon ausgegangen, dass die Vogelgrippe nur von Vögeln direkt auf den Menschen überspringt. Durch weitere Veränderungen des Virus sei laut Weiss in Zukunft demnach auch eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung nicht auszuschließen. (nz)