Infektiologe warnt: Neue Epidemie durch Kombination von Influenza und Vogelgrippe?

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Infektiologe Günter Weiss sieht Anzeichen für eine neue Epidemie in Europa. Doch er sieht auch Wege, den Ausbruch noch zu verhindern.

Kassel – Günter Weiss, ein renommierter Infektiologe der Universitätsklinik Innsbruck für Innere Medizin, hat kürzlich seine Bedenken bezüglich einer potenziellen neuen Epidemie oder sogar Pandemie in Europa öffentlich geäußert. Laut seiner Prognose könnte diese wahrscheinlich durch eine Fusion eines menschlichen Influenzavirus mit einem Vogelgrippevirus entstehen. In einem kürzlich geführten Interview erläuterte er, wie dies geschehen könnte und warum es bereits erste Indikatoren für eine solche Entwicklung gibt.

„Ein Schwein kann mit einer humanen Influenza und gleichzeitig mit der Vogelgrippe infiziert sein. Kommt es dann zu einem Austausch von genetischem Material zwischen den beiden Virusarten, kann innerhalb des Schweines ein neues Virus entstehen“, erklärte Weiss in einem Gespräch mit dem Nachrichtenportal heute.at.

Die Montage zeigt eine symbolische Impfung gegen die Vogelgrippe, indem einem Ei eine Spritze verabreicht wird.
Die Vogelgrippe ist nicht zwischen Menschen übertragbar. Das könnte sich aber in Zukunft ändern. (Symbolfoto) © Michael Bihlmayer/Imago

Steigendes Risiko durch Vogelgrippe und Influenza: Wie können wir eine Epidemie in Europa verhindern?

Weiss betonte, dass sein Hauptziel darin besteht, Bewusstsein zu schaffen und keine Panik zu verbreiten: „Sowohl die Gesellschaft, als auch die Medizin sollten wissen, wie man entsprechend reagieren kann. Welche Maßnahmen, Strukturen, Pläne machen Sinn. Diesbezüglich sollten wir in den vergangenen fünf Jahren hoffentlich einiges gelernt haben.“ Er betonte die Notwendigkeit, dass die Medizin zukünftig Krankheiten im Kontext von Mensch, Tier und Umwelt betrachten sollte. Bisher seien die Human- und Veterinärmedizin laut Weiss „zwei schlecht kommunizierende Kreise“.

„Es gibt sehr viele Infektionen, die in Tieren kursieren und auf den Menschen übertragen werden können. Das können Viren genauso, wie Bakterien sein.“ Neben der Vogelgrippe gibt es auch andere Zoonosen in Europa, die häufiger auftreten und daher das Potenzial für genetische Veränderungen haben. Weiss betonte, dass es nicht darum gehe, Angst vor Tieren zu haben, sondern Krankheiten frühzeitig zu erkennen, zu behandeln und Massenausbrüche auf Tierfarmen zu verhindern.

Was ist die Vogelgrippe?

Unter Vogelgrippe (aviäre Influenza) versteht man in erster Linie eine Erkrankung durch Influenza A-Viren bei Vögeln. Diese Viren können unter Umständen auch Erkrankungen bei Menschen hervorrufen, was ebenfalls als Vogelgrippe bezeichnet wird. Aviäre Influenzaviren können nicht so leicht von Tieren auf den Menschen übertragen werden. Wenn eine solche Infektion jedoch stattfindet, kann die Krankheit bisweilen sehr schwer verlaufen. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurden seit 2003 weltweit über 2600 humane Erkrankungen und 1100 Todesfälle mit aviärer Influenza nachgewiesen.“

Quelle: Robert Koch-Institut

Kombination aus menschlichem Grippevirus und Vogelgrippevirus – erste Anzeichen für genetische Veränderungen

Wenn man das Coronavirus und seine zahlreichen Varianten betrachtet, hat es bereits gezeigt, wie schnell und häufig Viren sich genetisch verändern und an ihre Umgebung anpassen können. Dennoch sollte nicht jede Epidemie oder Pandemie mit der Corona-Pandemie gleichgesetzt werden. Weiss zufolge ist die Schweinegrippe ein gutes Beispiel dafür, da sie keine tiefgreifenden gesellschaftlichen Auswirkungen hatte. Eine zukünftige Epidemie in Europa könnte für den Menschen schwerwiegend sein, muss es aber nicht zwangsläufig.

Weiss geht davon aus, dass sich auch die Vogelgrippe in Zukunft weiter anpassen wird. Bisher ist das Virus nicht von Mensch zu Mensch übertragbar. Ein Fall aus den USA zeigt jedoch „das Potenzial, dass sich das Virus verändert“, so Weiss gegenüber heute.at. Er bezog sich dabei auf einzelne Fälle von Landwirten, die im Frühjahr 2024 erstmals durch den Kontakt mit Kühen mit einem Vogelgrippevirus infiziert wurden. Bis dahin ging man davon aus, dass die Vogelgrippe nur von Vögeln direkt auf den Menschen übertragen wird. Weiss zufolge könnten zukünftige Veränderungen des Virus jedoch auch eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung wie beim Grippevirus ermöglichen. (kh/nz)

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