Flüchtlingsunterbringung: Wurden Asyl-Busse gezielt in Landkreis umgeleitet?

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Seit einigen Wochen läuft der Aufbau der Wohncontainer für Flüchtlinge im Habacher Gewerbegebiet Mühltahl. © Wolfgang Schörner

In regelmäßigen Abständen kommen Busse mit Geflüchteten im Landkreis an. Diese Menschen müssen dann untergebracht werden. Und trotzdem sollen gezielt mehr Menschen als nötig in den Landkreis geholt werden? Das zumindest besagt ein Gerücht, das angeblich Mitarbeiter des Landratsamtes in die Welt gesetzt haben.

Landkreis – Sechs Busse mit Asylbewerbern und elf Busse mit Geflüchteten aus der Ukraine sind 2024 im Landkreis Weilheim-Schongau angekommen. Insgesamt musste für mehr als 900 Menschen eine Bleibe organisiert und zugewiesen werden. In fast jeder Gemeinde laufen gerade Bauprojekte für Asylunterkünfte oder sind in Planung. Diese Projekte müssen vorbereitet werden – bauplanerisch, aber auch politisch. Die Mitarbeiter des Amtes für Asyl und Integration sind omnipräsent in den Gemeinde- und Stadträten, beantworten Fragen, räumen Bedenken aus dem Weg.

Kurzum: Es ist ein Riesenhaufen Arbeit, der seit Jahren in Sachen Flüchtlingsbetreuung zu erledigen ist. Denn mit der Unterbringung endet die Aufgabe nicht. Asylverfahren müssen betreut werden, Leistungen ausbezahlt und Bezahlkarten ausgegeben werden, die Integration vorangetrieben, Abschiebungen vorbereitet und durchgeführt werden – die Liste ließe sich noch lange fortsetzen. Kein Wunder, dass der Personalbedarf in der Abteilung Asyl des Landratsamtes immens ist.

Wurden Asyl-Busse in Landkreis umgeleitet?

Das sorgt offenbar innerhalb des Landratsamtes für einigen Unmut. Gleich mehrere Leser meldeten sich in der Redaktion und berichteten, Mitarbeiter des Landratsamtes würden berichten, dass die Asylabteilung Busse mit Geflüchteten aus anderen Landkreisen umleiten würde, um hier eine besondere Dringlichkeit zu schaffen und mehr Personal fordern zu können. Die Leser fragten nun: Stimmt das? Ist da was dran? Die Heimatzeitung fragte nach.

Das Prozedere, wer wie viele Geflüchtete aufnehmen muss, ist klar geregelt. Auf Landes- und Landkreisebene kommt dabei der sogenannte Königsteiner Schlüssel zum Einsatz. Der besagt, vereinfacht gesagt, dass die Geflüchteten gleichmäßig verteilt werden. Als Bemessungsgrundlage gilt dabei die Einwohnerzahl des Bundeslandes oder Landkreises. Wer viele Einwohner hat, nimmt mehr Geflüchtete auf, wer wenige hat, weniger.

Strenge Regeln für Bus-Tausch

Bei der Verteilung auf die Gemeinden innerhalb eines Landkreises kommt der Königsteiner Schlüssel nicht zum Einsatz. Ganz einfach, weil praktische Gründe dem entgegenstehen: In der einen Gemeinde steht ein großes Gebäude leer, in der anderen ist gerade nichts frei – wichtig ist, wie das Landratsamt betont, dass sich alle gemeinsam und solidarisch an der Lösung des Problems beteiligen.

Aufgrund des Königsteiner Schlüssels steht nun also fest, wie viele Geflüchtete der Landkreis pro Jahr aufnehmen muss. Dabei hat er kaum Einflussmöglichkeiten, ob nun Asylbewerber oder Kriegsgeflüchtete aus der Ukraine kommen, wie aus der Antwort des Landratsamtes auf die Anfrage der Heimatzeitung hervorgeht.

Finanziell gesehen, macht es für den Landkreis durchaus einen Unterschied, ob Asylsuchende oder Ukrainer kommen. Für die einen gilt das Asylbewerberleistungsgesetz, was besagt, dass die Kosten komplett von Bund und Land übernommen werden. Die Ukrainer indes haben sofort Anspruch auf Bürgergeld, was bedeutet, dass der Landkreis, bis die Betroffenen eine Arbeit aufgenommen haben und nicht mehr auf Bürgergeld angewiesen sind, einen Teil der Unterbringungskosten an das Jobcenter überweisen muss.

In enger Absprache mit Regierung von Oberbayern

Im Einzelfall sei es durchaus möglich, einen Bus mit einem der Nachbarlandkreise zu tauschen, so das Landratsamt auf Anfrage: „Einen konkreten Fall gab es für unseren Landkreis. Die Regierung von Oberbayern hat uns ersucht, den Bus mit Geflüchteten aus der Ukraine zu übernehmen, der eigentlich für Miesbach vorgesehen war. Aus solidarischem Gedanken und in enger Abstimmung haben wir uns entschlossen, den Bus zu übernehmen.“ Im Gegenzug habe Miesbach zur gleichen Zeit den Bus mit Asylsuchenden übernommen, der für den Landkreis Weilheim-Schongau gedacht war.

Ein Ausgleich finde in der Form statt, dass in Absprache mit der Regierung von Oberbayern die beiden kommenden Buszuweisungen zwei Busse mit Asylsuchenden sein werden. „Dieses Vorgehen wurde hausintern sowohl mit dem Ausländeramt als auch mit dem Jobcenter abgestimmt, da auch diese beiden Ressorts bei den Buszuweisungen, letztere bei den Geflüchteten aus der Ukraine, mitwirken“, heißt es weiter.

Garmisch-Partenkirchen hat mehr Menschen aufgenommen, als es müsste

Auf Nachfrage der Heimatzeitung stellte auch die Regierung von Oberbayern die aktuelle Statistik bereit, aus der hervorgeht, wie die einzelnen Landkreise in ihrem Zuständigkeitsbereich die Aufnahmequote erfüllen. Dabei zeigt sich, dass Unterschiede zu den benachbarten Landkreisen kaum vorhanden sind. Weilheim-Schongau liegt bei einer Erfüllungsquote von 100,53 Prozent, Starnberg bei 101,76 Prozent, Landsberg/Lech bei 101,15 Prozent. Garmisch-Partenkirchen hat mit 129,94 Prozent deutlich mehr Menschen aufgenommen, als es laut Königsteiner Schlüssel müsste.

Das liegt daran, dass dort ein Ankerzentrum in einer Kaserne untergebracht ist, von dem aus die Geflüchteten auf die einzelnen Landkreise verteilt werden. Bad Tölz-Wolfratshausen liegt mit 93,83 Prozent unter der geforderten Quote. Das liegt unter anderem daran, dass der Landkreis 2023, als eine Superzelle mehrere Gemeinden zerstörte, vier Monate lang keine Geflüchteten zugewiesen bekam. Das muss er aber nun sukzessive wieder aufholen.

Keine Busse über die Feiertage

Das betont die Regierung auch noch einmal in ihrer Stellungnahme: „Die Regierung von Oberbayern steht mit den oberbayerischen Kreisverwaltungsbehörden in einem fortlaufenden Austausch. Bei temporären Engpässen einzelner Kreisverwaltungsbehörden konnten in der Vergangenheit stets sachgerechte und solidarische Lösungen gefunden werden. Allen Beteiligten ist dabei aber klar, dass vor dem Hintergrund der fortlaufenden Neuzugänge und des gesetzlichen Unterbringungsauftrags ein dauerhaftes Aussetzen Einzelner bei der Verteilung der Geflüchteten nicht möglich ist und durch vorübergehendes Pausieren entstandene Defizite später durch verstärkte Zuweisungen wieder aufgeholt werden müssen.“

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Zumindest über die Feiertage hatten die Landratsämter in Oberbayern nun allerdings eine kleine Atempause. Wie die Regierung bestätigte, werden zwischen dem 23. Dezember und dem 6. Januar keine Flüchtlingsbusse in den Landkreisen ankommen. Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass an den Gerüchten über umgeleitete Busse – wie so oft – nicht viel dran ist.

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