Stehende Ovationen für den scheidenden Musikschul-Chef
19 Jahre lang hat Josef Dichtl die Weilheimer Musikschule geleitet. Ein Zeitraum, in dem sich die Schülerzahl fast verdoppelt hat. Nun wurde Dichtl vom Stadtrat in den Ruhestand verabschiedet – mit stehenden Ovationen.
Weilheim – Nach seiner Schulzeit hatte Josef Dichtl erst mal eine Ausbildung zum Industriekaufmann bei den Münchner Stadtwerken gemacht und seinen Wehrdienst absolviert. Aber dann war für den begeisterten Akkordeonspieler klar, dass er sein Hobby zum Beruf machen wollte. Er holte sein Abitur nach, studierte am Richard-Strauß-Konservatorium und bewarb sich danach als staatlich geprüfter Musikschullehrer bei der Stadt Weilheim. Mit der Idee eines Akkordeon-Orchesters rannte er beim damaligen Bürgermeister Johann Bauer offene Türen ein – der war nebenbei schließlich Präsident des Deutschen Harmonika-Verbandes in Bayern.
Der Musikunterricht war damals noch über die ganze Stadt verteilt
Noch in seinem ersten Jahr als Musiklehrer in Weilheim gründete Dichtl nicht nur ein, sondern gleich zwei Akkordeon-Orchester. Der Musikschulunterricht fand damals noch im Feyerabendhaus in der Oberen Stadt, in den Grundschulen und auch im Stadttheater statt. Doch 1999 bekam die Musikschule eigene Räume im einstigen Gefängnis mitten in der Stadt, das dafür umgebaut und saniert wurde. Im selben Jahr übernahm Dichtl die Leitung der Außenstelle Bernried – und wurde fünf Jahre später als Nachfolger von Werner Mayer Leiter der gesamten Musikschule.
Unter 50 Mitbewerbern aus ganz Deutschland war Josef Dichtl dafür ausgewählt worden, betonte Bürgermeister Markus Loth, als er den Schulleiter nun – 19 Jahre später – in der Jahresabschluss-Sitzung des Stadtrates in den Ruhestand verabschiedete. Bis 2011 fungierte Dichtl auch als Geschäftsführer des Verbands Bayerischer Sing- und Musikschulen. An der städtischen Musikschule Weilheim wurden unter seiner Leitung unter anderem die Veranstaltung „Musik in der Stadt“, das Schnupperangebot „Trauminstrument-Episoden“, die elementare Musikpädagogik an Kindergärten, die Musik-AGs und Singklassen an den hiesigen Grundschulen, die Bläserklasse an der Mittelschule, das Angebot „Viva la musica“ mit Senioren des Bürgerheims und viele weitere Kooperationen eingeführt.
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Raus aus dem „Elfenbeinturm“, hinein in die Stadt
All diesem Engagement sei zu verdanken, „dass sich unsere Musikschule zu dem entwickelt hat, was sie heute ist“, lobte Loth. Wie beliebt diese sei, so fügte er an, zeige die Entwicklung der Schülerzahlen: „Waren es im Jahr 2006 noch 600 Kinder und Jugendliche, so wurden im vergangenen Jahr rund 1100 Schülerinnen und Schüler unterrichtet.“ Was über den reinen Unterricht hinaus „einen großen Aufwand an Organisation, in der Verwaltung und auch bei der Öffentlichkeitsarbeit“ bedeute. Ihre Anerkennung und ihren Dank dafür drückten die Stadtratsmitglieder auch mit stehenden Ovationen aus.
Von wegen Fachkräftemangel: „Wir kriegen die Besten“
Er werde die lobenden Worte gleich am nächsten Tag an seine Kolleginnen und Kollegen weitergeben, sagte Dichtl, der übergangsweise noch ein paar Stunden wöchentlich an „seiner“ Musikschule tätig ist. Die Leitung hat seit Oktober Andrea Huber inne. Weilheims Musikschule habe „ein Super-Haus und ein sensationelles Lehrpersonal“, unterstrich Dichtl – und kommentierte deren schönes Domizil in der einstigen Fronfeste so: „Wir hätten uns schon ganz gern eingeigelt in unserem Elfenbeinturm. Aber wir haben gewusst: Wir haben uns breit zu machen in der Stadt wie ein musikalischer Ölfleck und für die Leute da zu sein.“
Den für viele Bereiche geltenden Fachkräftemangel übrigens verspüre man an Weilheims Musikschule nicht, so der Mittsechziger weiter. Es habe sich „herumgesprochen, wie gut und schön die Lebensbedingungen hier sind“, deshalb gelte: „Wir kriegen die Besten.“ Und das zeigte sich auch bei der feierlichen Stadtratssitzung mit Dichtls Verabschiedung, die von einem Lehrer-Quartett der Musikschule mit hochkarätigen Swingklängen umrahmt wurde.