Delling witzelt über TV-Zeit und lehnt sich vor Gericht weit aus dem Fenster
Wer auf eine ausführliche Aussage durch Gerhard Delling gehofft hatte, wurde am Dienstag im Landgericht Hamburg bitter enttäuscht. „Normalerweise spreche ich zwei Mal 45 Minuten“, sagte Delling noch zum Auftakt humorvoll. Doch nach nicht einmal 15 Minuten beendete der langjährige Sportmoderator seinen Auftritt schon wieder. Auch auf die Verlängerung verzichtete er – Fragen ließ der Journalist nicht zu.
Für Delling geht es in diesem Gerichtsverfahren um deutlich mehr als auf jedem Sportplatz. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt den 66-Jährigen, in die Entführung der Kinder seiner Lebensgefährtin, Christina Block, eingebunden gewesen zu sein. In der Silvesternacht 2023/23 hatte eine Gruppe ihren Ex-Mann niedergeschlagen, die Kinder in ein Auto gezerrt und über die Grenze von Dänemark nach Deutschland gebracht. Er weist die Anschuldigungen zurück, dabei Beihilfe geleistet zu haben. Für ihn und für alle anderen Angeklagten gilt bis zu einem rechtskräftigen Urteil die Unschuldsvermutung.
Hensel zeigte Delling wegen Verbreitung falscher Kinderpornografievorwürfe an
Die Zeit für seine Einlassung nutzt Delling indes nicht, um seine Rolle und Handlungen rund um die Silvesternacht zu erklären. Aus Blocks Aussagen und den Anschuldigungen geht hervor, dass Delling für seine Lebensgefährtin und Tochter Greta die Zugtickets gekauft haben soll, als die zu den entführten Kindern nach Süddeutschland reiste. In der Anklage heißt es außerdem, er habe bei der Polizei unmittelbar nach der Entführung falsche Angaben gemacht. Darüber hinaus hat Blocks Ex-Mann Hensel ihn erst kürzlich angezeigt, weil er an der Verbreitung der falschen Kinderpornografievorwürfe gegen Hensel und dessen Familienrechtsanwalt beteiligt gewesen sein soll.

Blocks Lebensgefährte Delling: "Habe nie etwas Strafbares getan“
Fragen gäbe es also genug, die Delling im Gerichtssaal hätte beantworten können. Doch stattdessen bleibt er in seinen Ausführungen erstaunlich allgemein. Die Minuten füllt er vorzugsweise mit Beschreibungen über Block als liebevolle Mutter oder die glücklichen Kinder vor der mutmaßlichen Entziehung durch den Vater. Von sich selbst zeichnet er das Bild eines engagierten Wohltäters mit hohem Verantwortungsbewusstsein, der „nie etwas Strafbares getan“ habe und sich gegen jede Gewalt gestellt habe. Von Plänen einer Entführung habe er nichts gewusst und hätte sich auch „aktiv dagegen gestellt“, beteuert Delling im Gerichtssaal.
Moralisch steigt Delling damit auf ein hohes Podest – ganz anders als seine Mitangeklagten. Zum Vergleich: Christina Block gab tiefe Einblicke in ihr Seelenleben. Sie sprach von einer verrückten Zeit und allerlei wirren Ideen, die es rund um eine mögliche Rückholung der Kinder gegeben habe. Letztlich sei sie als verzweifelte und entrechtete Mutter Opfer geldgieriger Menschen geworden. Ihre Cousine Uta B. schilderte unter Tränen und schluchzend, wie das Umfeld unter der Situation gelitten habe. Als sie bei der Rückkehr Blocks mit den Kindern die letzten Kilometer fuhr, habe sie ihre Cousine im Recht gewähnt und von einer Entführung nichts gewusst.

Delling habe die Entführung „nicht geplant oder gefördert“
Von solchen Einblicken ist Delling weit entfernt. Vage erzählt er, wie er seiner Lebensgefährtin zur Seite stand. „Das hat mich oft überfordert und an meine Grenzen gebracht“, lässt er wissen. Detaillierter als im Gerichtssaal ist Delling da in einem Interview, das er kürzlich der "Welt: gegeben hat. Zu Hensels Anzeige wegen der Verbreitung des Pädophilie-Vorwurfs sagt er zum Beispiel: „Was ich gemacht habe, war, den langjährigen Anwalt der Familie zu fragen, ob er nicht Kontakt aufnehmen kann zur Staatsanwaltschaft oder in den Hamburger Senat, damit jemand sagt, Leute, guckt auch das an und bitte informiert die Mutter wie es sich verhält und was dahintersteckt.“ Im besten Fall wäre nichts an der Geschichte dran gewesen. Er stellt zudem in den Raum: „Hätte man mit diesem Barkay gesprochen – vielleicht hätte es dann auch die Entführung nie gegeben.“ Barkay gilt als Kopf der Entführergruppe.
Im Gerichtssaal ist von solchen Mutmaßungen allerdings nichts zu hören. Genauso wenig bemüht sich Delling, die ihm vorgeworfene Falschaussage gegenüber der Polizei klarzustellen oder seine Handlungen nach der Silvesternacht zu erklären. Anwalt David Rieks sagt zusammenfassend, Delling habe die Entführung „nicht geplant oder gefördert“ und hätte sich an solchen Aktionen auch nie beteiligt. Was er genau rund um die Silvesternacht getan hat und weshalb, wird sich im Verlauf des Gerichtsprozesses zeigen. Um im Sportjargon zu bleiben: Das Rückspiel steht noch bevor.