Die Jobcenter geraten zunehmend unter Druck: Nur noch knapp 48 Prozent der vermittelten Bürgergeld-Empfänger schaffen es drei Monate nach Jobbeginn ohne staatliche Hilfe auszukommen. Das geht aus einer exklusiven aktuellen Sonderauswertung der Bundesagentur für Arbeit (BA) hervor, die FOCUS online vorliegt.
Das heißt im Umkehrschluss: Mehr als die Hälfte der Vermittelten steht nach kurzer Zeit wieder beim Jobcenter – oder muss trotz Arbeit weiter aufstocken.
Konkrete Zahlen
Insgesamt konnten die Jobcenter im Jahr 2024 rund 837.000 Menschen in den Arbeitsmarkt integrieren. Davon galten allerdings nur etwa 401.000 Vermittlungen als erfolgreich, weil die Betroffenen drei Monate später kein Bürgergeld mehr benötigten.
Bei den übrigen rund 436.000 Fällen reichte das Einkommen nicht aus: Sie waren kurze Zeit später bereits wieder oder immer noch auf staatliche Unterstützung angewiesen
Wer es am schwersten hat
Die Bilanz der Jobcenter hat sich damit über die vergangenen Jahre offenbar stetig verschlechtert. 2021 lag der Anteil erfolgreicher Integrationen in den Arbeitsmarkt noch bei 51,6 Prozent (2024: 47,9 Prozent).
Besonders stark ist der Rückgang bei jungen Menschen unter 25 Jahren: Ihre Erfolgsquote sackte innerhalb von zwei Jahren von 56,6 auf 46,3 Prozent ab.
Auch ältere Menschen tun sich schwer: Bei den über 55-Jährigen gelang 2024 nur noch 46,4 Prozent der Vermittlungen dauerhaft. Zwei Jahre vorher waren es noch gut die Hälfte.
Zwischen Bevölkerungsgruppen gibt es große Unterschiede:
- Deutsche: 51 Prozent schaffen den dauerhaften Ausstieg aus dem Bürgergeld.
- Nicht-Deutsche: Nur rund 44 Prozent kommen ohne Hilfe aus.
- Familien mit Kindern: Lediglich 32 Prozent schaffen es, sich nach einer Vermittlung aus der staatlichen Abhängigkeit zu lösen – der niedrigste Wert seit fünf Jahren.
- Alleinerziehende: Nur knapp 38 Prozent bleiben dauerhaft unabhängig vom Jobcenter.
Große Unterschiede zwischen Regionen
Deutliche Unterschiede zeigen sich je nach Bundesland:
In Berlin gelingt die nachhaltige Vermittlung am seltensten – nur 42 Prozent der vermittelten Bürgergeld-Empfänger kamen dort drei Monate später ohne Unterstützung aus. Thüringen erreicht mit 56,5 Prozent die beste Quote. Einige westdeutsche Flächenländer wie Bayern, Baden-Württemberg) liegen leicht über dem Bundesdurchschnitt mit Quoten um 50 bis 55 Prozent.
Kritik an Jobcentern wächst
Die Zahlen gehen auf eine Anfrage des AfD-Bundestagsabgeordneten René Springer zurück. Springer spricht von einem „Armutszeugnis für die Vermittlungstätigkeit der Jobcenter“ und fordert, die Vermittlungspraxis auf den Prüfstand zu stellen. Sie solle stärker auf nachhaltige Beschäftigungen ausgerichtet werden.