Russlands Herausforderungen durch Kursk-Offensive offenbart – mangelt es Putin an Soldaten?
Russland erleidet im Ukraine-Konflikt hohe Verluste. Man versucht, Freiwillige durch hohe Geldangebote zu gewinnen. Dies scheint allerdings nicht wie erhofft zu klappen.
New York City – Der Ukraine-Krieg hatte gerade erst begonnen, da waren russische Truppen bereits bis vor Kiew marschiert. Eine Einnahme gelang der Armee von Wladimir Putin trotz wochenlanger Belagerung und Kämpfe jedoch nicht. Es folgte der Rückzug in den Süden und Osten des überfallenen Nachbarn. Sobald werden sich Moskaus Bodentruppen der ukrainischen Hauptstadt wohl nicht mehr annähern.
Zu sehr sind sie damit beschäftigt, überhaupt die scheinbar festgefahrene Frontlinie zu halten. Bloomberg zitiert eine mit der Situation vertraute Quelle, wonach es Russland schon schwerfalle, die Strategie des langsamen Vorstoßes aufrechtzuerhalten. Daher finde keinerlei Diskussion mehr über die Eroberung Kiews oder anderer ukrainischer Städte statt.
Putin und die Verluste im Ukraine-Krieg: Russland kann Lücken an der Front wohl nicht schließen
Das US-Portal stützt seinen Text auf die Angaben von drei dem Kreml und dem russischen Verteidigungsministerium nahestehende Personen. Diese haben demnach darum gebeten, wegen des sensiblen Themas anonym zu bleiben. Zum Problem werde das Ausmaß der Verluste im Krieg sowie die unzureichende Ersatzausstattung.
Zwar versuche Russland über höhere Rekrutierungsprämien Freiwillige auf das Schlachtfeld zu locken, um eine erneute Mobilmachung zu vermeiden, doch diese Taktik scheine bislang nicht aufzugehen. Alle drei Quellen betonen demnach, es kommen nicht genügend Soldaten nach, um mit den Verlusten an der Front Schritt halten zu können. Zudem würden laut einer Quelle regionale Beamte durchschnittlich mehr als ein Drittel ihrer Einstellungsquoten unbesetzt lassen.
Video: Ukrainische Offensive in Donezk und russischer Grenzregion Kursk
Russlands Verluste im Ukraine-Krieg: Kursk-Vorstoß zeigt vernachlässigte Verteidigung von Putins Armee
Bezeichnend könnte in diesem Zusammenhang auch sein, dass der aktuelle ukrainische Vorstoß auf russisches Gebiet mit relativ wenig Gegenwehr beantwortet worden sein soll. Laut Generalstabschef Oleksandr Syrskyj nahmen die Kiewer Einheiten rund 1000 Quadratkilometer ein. Auch wenn diese Angaben nicht unabhängig zu überprüfen sind, erscheint es doch so, dass Putin die Verteidigung seines eigenen Landes vernachlässigt, um an der Front zumindest die gröbsten Lücken zu schließen.
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Dort würden aktuell rund 30.000 neue Soldaten pro Monat gebraucht. Zumindest nach Zählung des ukrainischen Verteidigungsministeriums verliert Russland pro Kriegstag eine vierstellige Zahl an Militärangehörigen. Demnach wäre Ende der Woche die Marke von 600.000 erreicht.
Zwei der Bloomberg-Quellen meinen, Russland könnte durch die Entwicklung dazu gezwungen sein, eine zweite Mobilmachung zu erwägen. Laut einer der beiden Personen scheint eine solche Einberufung bereits Ende des Jahres möglich.
Russland setzt auf Strategie des Geldes: Bonus in Moskau und höhere Vorauszahlungen für Freiwillige
Denn auch für viel Geld wollen offenbar nicht genug junge Russen ihr Leben in einem Krieg riskieren, in dem schon Unmengen an Blut geflossen ist und Hunderttausende in Särgen in die Heimat zurückkehren. Erst vor wenigen Wochen hatte Moskau für Rekruten aus der Stadt einen einmaligen Bonus von 1,9 Millionen Rubel ausgelobt. So könnten im ersten Dienstjahr 5,2 Millionen Rubel zusammenkommen – umgerechnet gut 52.000 Euro.
Wenig später ließ Putin die Vorauszahlungen für freiwillige Kämpfer in der Ukraine auf 400.000 Rubel verdoppeln. Somit kommen im ersten Dienstjahr im Rahmen des Ukraine-Kriegs mindestens 3,25 Millionen Rubel zusammen – also etwa 32.500 Euro. Zum Vergleich: Laut Bloomberg lag das durchschnittliche Monatsgehalt in Russland im Mai bei 86.500 Euro. Auf das Jahr hochgerechnet wäre das gerade einmal ein Drittel des Mindestlohns der Rekruten.

Russland gehen im Ukraine-Krieg die Soldaten aus: „Fokus wird wahrscheinlich auf Wehrpflichtige verlagert“
Bloombergs Russland-Ökonom Alex Isakov schätzt, Putin brauche „rund 500.000 Menschen in den nächsten zwölf Monaten, um die Abnutzung auszugleichen und seine in der Ukraine stationierten Truppen rotieren zu lassen“. Ihm zufolge wird die Strategie, Freiwillige mit überdurchschnittlichen Löhnen zu locken, nicht ausreichen: „Stattdessen wird die Regierung ihren Fokus wahrscheinlich auf Wehrpflichtige verlagern.“
Ein Problem nennt auch eine der anonymen Quellen. Demnach fordern einige der Regionen bereits Subventionen von der Regierung, da sie das geforderte Geld für Freiwillige nicht aufbringen könnten. Außerdem ist im Artikel bereits von einem Gehaltswettlauf die Rede, weil Unternehmen in Russland aufgrund der finanziellen Verlockungen aus Moskau über Arbeitskräftemangel klagen würden. (mg)