Weltweiter Vorreiter: Geothermie-Anlage in Oberbayern liefert erstmals Strom
Es ist eine Weltpremiere: Die Geothermie-Anlage von Eavor speist Strom ins öffentliche Netz. Es ist das erste kommerzielle Projekt dieser Art.
Geretsried - Dreieinhalb Jahre hat Fabricio Cesário auf diesen Moment hingearbeitet: Das Kraftwerk auf dem Hofgut Breitenbach produziert Strom. „Darüber bin ich sehr glücklich“, sagt der Geschäftsführer der Eavor Erdwärme Geretsried GmbH & Co. KG. Zum Beweis, dass tatsächlich Wärme aus dem Untergrund gewonnen wird, zeigt er unserer Zeitung die erste Wärmeübergabestation. Der Ingenieur legt die linke Hand auf ein nicht isoliertes Stück Rohr. Die Hitze ist selbst durch den Handschuh hindurch zu spüren.
Trotz Verzögerungen: Eavor speist erstmals Geothermie-Strom ins Netz
Der Weg bis dahin war steinig und weit: Kilometer um Kilometer wurde gebohrt, um in 4500 Metern Tiefe ein Geflecht parallel verlaufender Schleifen anzulegen. Durch sie zirkuliert Wasser, das vom etwa 160 Grad heißen Umgebungsgestein so erhitzt wird, dass es im sogenannten Loop selbstständig wieder nach oben steigt. Fachleute sprechen vom Thermosyphoneffekt.
Seinen ursprünglichen Zeitplan konnte Eavor nicht einhalten – mit der Stromproduktion für etwa 5000 Haushalte wollte das Unternehmen Ende 2024 beginnen. Probleme beim Bohren in der Horizontalen warfen das Projekt wie berichtet zurück. Die größte Herausforderung sei im Bereich der Abzweigung entstanden. Für diese sensible Stelle musste die Bohrkampagne angepasst werden, räumt Cesário ein. „Das hat wirklich viel Zeit gekostet.“ Solche Probleme seien in der Branche nicht ungewöhnlich und „Teil des Learnings“, ergänzt Unternehmenssprecher Alexander Land. „Bei den folgenden Loops werden wir das vermeiden.“ Vier Loops will Eavor insgesamt bohren. Die gebohrte Strecke pro Loop-System ist etwa 80 Kilometer lang. Mit Loop Nummer zwei will das Unternehmen im März nächsten Jahres beginnen. „Wir wollen uns zunächst auf die Stromerzeugung fokussieren“, erklärt Cesário.
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Geothermieanlage in Geretsried produziert fürs öffentliche Stromnetz
Der Europäische Innovationsfonds fördert das Projekt mit 91,6 Millionen Euro, mit 200 bis 350 Millionen Euro Gesamtkosten war anfangs kalkuliert worden. „Da sind wir drüber“, räumt Land ein. Aber, so der Unternehmenssprecher: „Wir legen hier den Beweis an den Tag, dass unsere Technik wirklich funktioniert.“ Die Erfahrungen, die man beim Bohren des ersten Loops gemacht habe, würden bei den folgenden Loops zu einer deutlichen Kostenreduktion führen, meint Land.
Aktuell produziert das Kraftwerk laut Cesário zwischen 0,5 und einem Megawatt pro Stunde, das ins öffentliche Stromnetz eingespeist wird. Insgesamt soll das System einmal 8,2 Megawatt Strom einspeisen und 64 Megawatt Fernwärme liefern. Die Fernwärme könnte am Ende circa 30 000 Durchschnittshaushalte versorgen. Größter Abnehmer wird die Stadt Geretsried, die in den nächsten Jahren ein Fernwärmenetz bauen möchte. Es soll sich vom Gewerbegebiet in Gelting nach Geretsried-Stein erstrecken.
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Kanada blickt auf Geothermieprojekt in Geretsried: „Zuversichtlicher denn je“
Nicht nur in Gelting ist man stolz auf das Erreichte, sondern auch in Calgary/Kanada. „Mit der Inbetriebnahme der Anlage in Geretsried sind wir zuversichtlicher denn je, dass unser geschlossenes Geothermiesystem, das auf Anpassungsfähigkeit und die verschiedenen Regionen der Welt ausgelegt ist, sich als führende Lösung für kommerzielle Geothermieanwendungen etablieren wird“, wird Mark Fitzgerald, Präsident und Eavor-Geschäftsführer in einer am Donnerstagabend um 18.21 Uhr veröffentlichten Pressemitteilung zitiert. Dieser Meilenstein beweise, dass die Lösung von Eavor die Versorgung mit sauberer Wärme und Strom rund um die Uhr auch an Standorten ermögliche, die für andere Geothermie-Technologien ungeeignet sind. Einen besseren Ort für diesen Beweis hätte sich Eavor nicht aussuchen können.
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