Teilhabe am Leben für Menschen mit Behinderungen ist kein Gnadenakt, sondern ein Menschenrecht. So steht es in der UN-Behindertenrechtskonvention - und doch klaffen Anspruch und Realität weit auseinander. Menschen mit Behinderungen stoßen noch immer auf Barrieren: bauliche, bürokratische und finanzielle. Aber das muss sich ändern. Wir brauchen eine Eingliederungshilfe, die Teilhabe ermöglicht.
Auch Unternehmen der Sozialwirtschaft, die täglich Menschen begleiten, stoßen an ihre Grenzen. Steigende Kosten, Fachkräftemangel, komplexe Vorgaben und Bürokratie erschweren es, qualitativ hochwertige Angebote aufrechtzuerhalten. Diese Belastung trifft nicht nur die Einrichtungen, sondern auch die Menschen, die sie betreuen.
Behindertenverband: Bürokratie verhindert die Inklusion
Daher braucht es ein klares politisches Bekenntnis zur Eingliederungshilfe durch eine Umsetzung des Behindertenbegriffs der UN - mit verlässlichen Rahmenbedingungen, fairer Finanzierung und Anerkennung der Arbeit der Träger. Das Dogma der Budgetneutralität, das wie ein Damoklesschwert über der Umsetzung hängt, muss überwunden werden.
Gute Betreuung gelingt nur mit motivierten, qualifizierten Mitarbeitenden und Arbeitgebern, die verlässliche Bedingungen bieten können. Doch auch im Bereich der Eingliederungshilfe besteht akuter Fachkräftemangel und Anwerbung internationaler Kräfte ist besonders schwierig. Daher sind hier flexiblere Ausbildungswege, Anerkennung von Berufserfahrung und insbesondere auch die Fachkräftegewinnung durch Weiterbildung unerlässlich. Daneben gilt es, die Bürokratie auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken. Jede Minute, die der Bürokratie gewidmet wird, fehlt in der Assistenzleistung.
Ein weiterer schmerzlicher Punkt ist die Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen im Pflegefall. Es bedarf einer dringenden Klarstellung, wie Leistungen der Pflegeversicherung und Eingliederungshilfe ineinander greifen können. Menschen mit Behinderungen müssen dieselben ambulanten Pflegeleistungen wie alle anderen erhalten - Selbstbestimmung darf nicht an Paragrafen scheitern. Auch bei steigendem Pflegebedarf sollten Menschen mit Behinderungen in der Einrichtung bleiben können, in der sie teilweise seit Jahrzehnten leben.
Verband richtet Appell an die Bundesregierung
Ebenso notwendig ist die Gleichstellung der Unternehmen. Private Einrichtungen leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur Angebotsvielfalt und Versorgungssicherheit. Dennoch werden sie steuerlich gegenüber kommunalen Einrichtungen und Einrichtungen der Wohlfahrtspflege benachteiligt und bei Fördermitteln oft übergangen. Wir brauchen faire Wettbewerbsbedingungen - unabhängig von der Trägerform. Nur so bleibt das System stabil, innovativ und zukunftsfähig.
Inklusion ist keine Aufgabe einzelner Institutionen, sondern eine gesamtgesellschaftliche Haltung. Sie erfordert Barrierefreiheit, gemeindenahe Angebote und ein Bewusstsein dafür, dass Vielfalt uns alle bereichert. Wer immer nur vom „Stopp der Ausgabendynamik“ spricht, darf sich nicht wundern, wenn Inklusion im Alltag stecken bleibt.
Inklusion gibt es auch nicht zum Nulltarif. Wer Teilhabe fördern will, muss sie auch finanzieren. Nur so können Einrichtungen langfristig stabile Angebote für Menschen mit Behinderungen schaffen. Daran zeigt sich, wie gerecht, solidarisch und menschlich unsere Gesellschaft ist.
Die Verantwortung liegt bei der Bundesregierung. Es ist Zeit, die Eingliederungshilfe weiterzuentwickeln - gemeinsam mit den Unternehmen, die täglich Verantwortung übernehmen, Arbeitsplätze sichern und Teilhabe ermöglichen.