Bärbel Bas hat das Straßenkämpfer-Gen – und den Kanzler im Schwitzkasten

Die SPD hat die Union fest im Griff. Besonders Bärbel Bas hat Friedrich Merz fest im Griff. Unter ihrer Parteiführung spielen die Sozialdemokraten mit den Christdemokraten „Hardball“ – die SPD-Spitzenfrau ist offenkundig aus härterem Holz geschnitzt als der Bundeskanzler.

Bas setzt gerade burschikos ihre Rentenreform durch. Es ist ihr Meisterstück. Dass diese Reform gegen die Demografie in Deutschland läuft und damit auch gegen alle ökonomische – und soziale – Vernunft, spielt keine Rolle.

Weil es nicht um die Sache geht, sondern um ihre Partei, sind auch die gravierenden Einwände von Ökonomen letztlich belanglos. Die SPD ist seit alters her die Rentenpartei Deutschlands – und sie hat verinnerlicht, dass sie ihre einzige vernünftige Reform, die Einführung der Rente mit 67 durch ihren damaligen Arbeitsminister Franz Müntefering, im Wahlvolk viel Kredit gekostet hat.

Bärbel Bas ist aus härterem Holz als Friedrich Merz

Sie haben einen hohen Preis gezahlt für den Beifall der Fachwelt damals – den Verlust ihrer Macht. Selbstredend war dafür nicht allein die längere Lebensarbeitszeit verantwortlich, sondern auch die übrigen Eingriffe in den sogenannten sozialen Besitzstand (Hartz IV etc.). Seitdem sind Sozialreformen im Sinne von Einsparungen mit den Sozialdemokraten nicht mehr zu machen.

Und niemand hat das so verinnerlicht wie Bärbel Bas. Diese Frau ist hart, härter als Merz, der Wohlstandssohn aus dem gutbürgerlichen Sauerland. Bas wurde in Duisburg geboren, sie hat, als in höchste Höhen aufgestiegene Tochter eines Busfahrers und einer Hausfrau, das Straßenkämpfer-Gen. Mit dem kam man es als Linker weit bringen, ob nun als Sozialdemokrat oder Grüner. Siehe Joschka Fischer oder Gerhard Schröder.

Mit letzterem teilt Bas die Leidenschaft für den Fußball – wie „Acker“, so Schröders vielsagender Spitzname, stand sie selbst auf dem Platz. Längst hat die Kämpferin dem konzilianten Kanzler den Schneid abgekauft.

Bärbel Bas und die „neoliberalen Maßanzugträger“

Bas hat Nerven. Im Rentenstreit droht die Sozialdemokratin, Repräsentantin der klaren Minderheitspartei, „ihrem“ Regierungschef mit Regierungsbruch. Eiskalt – dabei müsste es, würden die Grundrechenarten eine Rolle spielen, genau umgekehrt sein. Nicht Bas müsste Merz drohen, sondern er ihr mit dem Rauswurf.

So wie es der einflussreiche Mittelstandsmann von Stetten verlangte – nachdem Bas angekündigt hatte, die Arbeitgeber „zu bekämpfen“ – nun, da sie von denen verlacht worden war. Von den Maßanzugträgern. Diesen „Neoliberalen“. In ihren Sesseln.

Es gehe nicht nur um die Rente, drohte Bas unverhohlen. Die Rente sei wichtig, „insbesondere natürlich für den Fortbestand der Koalition, weil ansonsten die Gefahr besteht, dass wir kaum noch andere Gesetzgebungen, wenn das jetzt scheitert, durchs Parlament bringen“.

Es ist das Meisterstück der Arbeitsministerin

Es war eine Drohung mit dem Ende der Koalition. Damit zugleich mit dem Ende der Kanzlerschaft von Friedrich Merz. Es wäre dann die kürzeste Regentschaft in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland gewesen.

Merz ist schon der erste Kanzler, der zwei Wahlgänge brauchte, um ins Amt zu kommen. Er wäre dann der erste Kanzler, der es nicht einmal auf ein Jahr dortselbst gebracht hätte. Und nichts hat Merz weniger geplant als das – diesen doppelten Negativrekord. Und Bärbel Bas weiß das. Darum hat sie ihn im Schwitzkasten.

Die Junge Gruppe hat gerade die schlechten Karten. Die halbe Welt, die Union inklusive, tut gerade so, als ob sie, die Jungen in der Union, die Lunte gelegt hätten an diese Regierungskoalition. Dabei sind nicht sie das, sondern es ist die Ober-Sozialdemokratin. Falls es einen Sprengmeister der Regierung gibt, dann heißt der Bärbel Bas.

Die Junge Gruppe hat das Spiel der SPD und ihrer Spitzenfrau durchschaut

Die Junge Gruppe hat es voll durchschaut – dieses Anti-Reformspiel der SPD und ihrer Spitzenfrau. Erst kommen „verbindliche Finanzzusagen“, danach dann „unverbindliche Reformzusagen“. Die Rentenreform, die an diesem Freitag verabschiedet werden soll, kostet dann ein Jahrzehnt lang rund 120 Milliarden Euro.

Das steht fest.

Wieviel die Rentenkommission davon dann wieder hereinholt? Das steht in den Sternen.

Die Unions-Jungen weisen auf den tiefen Widerspruch der Argumentation ihres eigenen Kanzlers hin: Erst sorgt man für hohe Kosten, die man verspricht, später wieder einzufangen. Vielleicht. Falls die SPD mitmacht.

Die SPD wird aber nicht mitmachen. Denn die SPD ist der abgezocktere Pokerspieler am Koalitionstisch. Die Jungen wissen das – und ein paar andere längst auch. Es geht nicht nur um die Rente. Es geht auch um das liberal-konservative Reformprojekt schlechthin. Kommt die SPD-Rente am Freitag durch, ist auch die CDU-Idee, die Merz-Idee von einer Reformkoalition, gleich mit durch.

„Isch over“ – hätte Wolfgang Schäuble gesagt.

In den Worten der Jungen: Man müsse an der „Reformfähigkeit der Koalition“ zweifeln. Denn Bas habe als SPD-Chefin und als Vorsteherin des teuersten aller Ministerien nun auch noch „zum gemeinsamen Kampf gegen die Arbeitgeber“ aufgerufen. Dies sei, Achtung:

Eine „klare Absage an jegliche Reform im Sinne einer wachstumsorientierten Wirtschaftspolitik“. Und an die „Sozialpartnerschaft in Deutschland“.

Am Ende heißt es: Alles auf Pump

JU-Chef Johannes Winkel hat in wenigen dürren Sätzen aufgeschrieben, weshalb er selbst im Bundestag gegen Bas' Rentenreform stimmen wird. Es sind zwei Punkte – Punkt eins ist die Generationengerechtigkeit. Winkels Punkt zwei hat es dann so richtig in sich:

„Ich warne davor, dass in naher Zukunft die Schuldenbremse gänzlich abgeschafft werden muss. Künftige Haushalte der Bundesrepublik 'versteinern' auf Grund des Bundeszuschusses in die Rente, der Zins- und Tilgungsbelastung.“

Was heißt das, etwa für Polit-Karrieren, wenn man, sagen wir: auf die Vierzig zugeht? Es heißt, dass man sich auch gleich aus dem Bundestag verabschieden kann. Es gibt dann nämlich nichts mehr zu regieren, wenn der Haushalt „versteinert“ ist.

Die Boomer-Generation, die gerade Deutschland regiert, frisst alles weg. Alles Geld, alle Spielräume, auch schon die Schulden von Morgen. So darf, besser, muss man lesen, was Winkel und die Jungen da aufgeschrieben haben.

Die Rentenkommission hat die SPD auch schon verzockt

Bas macht eine Rente, die die Boomer päppelt. Das kostet 120 Milliarden. Dann weicht die SPD die Schuldenbremse auf. Um diese Idee auf Pump zu finanzieren. Und die Rentenkommission, die nach der Ankündigung von Merz es dann endlich anders machen soll, vernünftiger im Sinne ökonomischer Verantwortung: Diese Kommission hat die SPD auch schon verzockt. Und wie?

Indem sie dort hineingeschrieben hat, „weitere Einkunftsarten in die Beitragsbemessung“ einzubeziehen. Also Mieten, Dividenden, Zinsen. Der Oma ihre Rente, wie Markus Söder einst warnte. Als Robert Habeck noch nicht Filmstar war, sondern nur Kanzlerkandidat und genau dies vorschlug, nämlich im Januar vergangenen Jahres, mitten im Wahlkampf: „Warum soll eigentlich Arbeit höher belastet sein als Einkommen durch Kapitalerträge?“ 

Damals kommentierte der Kanzlerkandidat der Union knapp: „Unsinn.“

Nun wurde unter seinem Vorsitz als Kanzler auf Drängen der SPD und ihrer Vorsitzenden diese sozialdemokratische Lieblingsidee beschlossen. Nicht, dass man es auf jeden Fall so macht, aber, dass man darüber redet. Und nachdenkt. Und dann noch mal redet. Und es dann doch macht. Obwohl es „Unsinn“ ist.

Wohlversorgte Rentner sollten ihr Portemonnaie in Sicherheit bringen

Was Wirtschaftsinstitute wie das Münchner Ifo schon längst herausgefunden haben. Überhaupt ist es bei der Rente so: Wenn man neue Geld-Quellen erfindet, seien es Zinszahlungen oder in die Rente einzahlende Beamte, begründet das später auch höhere Ansprüche. Aber es bedeutet auch: Futtern heute, Zahlen morgen. 

Es sei denn: Man setzt dann endlich das außer Kraft, was die Renten-Einzahler heute noch beschützt: das Äquivalenzprinzip. Danach muss es sich, grob vereinfacht, lohnen, in die Rente einzuzahlen. Man muss annähernd herauskriegen, was man hineingesteckt hat.

Und so werden wir erleben, dass von nun an dieses Äquivalenzprinzip politisch angeschossen wird. Obwohl das Bundesverfassungsgericht es abgesichert hat. Macht aber nichts. Man solle doch innerhalb der Renten umverteilen, rät die Vorsitzende der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer. Weil nämlich: Besserverdiener länger lebten als Geringverdiener. 

Das hat man auch schon von Karl Lauterbach gehört, einem SPD-Linken. Gesinnungsfreund von Bärbel Bas. Jetzt fehlt nur noch jemand, der daraus eine „neue soziale Frage“ bastelt, mit der man in die TV-Talkshows eingeladen wird. Am besten fürs erste jemand, von dem man dann sagen kann, der komme doch „aus der Wissenschaft“. Wie wäre es mit Marcel Fratzscher?

Der DIW-Präsident übt schon mal. „Das Äquivalenzprinzip ist eigentlich Augenwischerei.“

Aus alldem folgt eine naheliegende Nutzanwendung: Wohlversorgte Rentner sollten ihr Portemonnaie in Sicherheit bringen.