CDU-Experte Kiesewetter sieht Gefahr durch russische Soldaten in Belarus: Er warnt vor Naivität und kritischen Jahren – NATO-Grenzen könnten getestet werden.
Berlin – Seit Sonntag berät die Ukraine mit einer US-Delegation und europäischen Spitzenpolitikern über einen 20-Punkte-Friedensplan für den Ukraine-Krieg. Ein Durchbruch scheint erzielt zu sein: Bundeskanzler Friedrich Merz und Präsident Wolodymyr Selenskyj berichten von erheblichen Fortschritten – besonders mit Fokus auf mögliche Sicherheitsgarantien.
Doch nicht alle teilen den Optimismus: Die Grünen-Sprecherin Sahra Nanni sagte den Funke-Zeitungen, der in Berlin verbreitete Enthusiasmus erscheine ihr „sehr unangemessen“. Als Grund nannte Nanni, dass Russland nicht mit am Tisch gesessen habe, weswegen das Ergebnis lediglich den Stand der ukrainischen Seite und ihrer Partner spiegle. Auch der CDU-Sicherheitsexperte Roderich Kiesewetter schließt sich der Warnung an: Er befürchtet, dass Hunderttausende Soldaten in Belarus die NATO in den kommenden Jahren testen könnten.
Kiesewetter warnt – Putins Truppen in Belarus
Trotz der kürzlichen Verhandlungen warnt der CDU-Sicherheitsexperte Roderich Kiesewetter im Gespräch mit Pinar Atalay: Kiesewetter erklärt, der russische Präsident Wladimir Putin würde Hunderttausende Soldaten ausbilden, diese jedoch nicht in die Ukraine, sondern in Belarus stationieren.
Er hält es für „blauäugig zu glauben“, dass Putin schon einsehen werde, „dass er seiner Bevölkerung irgendwann sagen muss: Jetzt ist der Westen ‚kriegstüchtig‘“, und „jetzt hat sich das Ganze nicht gelohnt“. Angesichts der NATO-Grenze zu Belarus seien die nächsten zwei Jahre kritisch. Kiesewetter mahnt: „Wenn wir die überstanden haben – durch eine Wehrfähigkeit, aber auch, indem wir unserer Bevölkerung nicht Angst machen, sondern sagen: Achtung, das kann drohen, seien wir vorsichtig –, dann haben wir es überstanden“, zitiert ntv.
Militärübung zwischen Putin und Lukaschenko: Ukraine warnt
Zuletzt nahmen die Spannungen im August zu: Damals warnte das ukrainische Außenministerium vor Provokationen während der gemeinsamen belarussisch-russischen Militärübungen „Sapad“ im September. Das Außenressort des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj forderte die belarussischen Behörden auf, sich „nicht den Grenzen zu nähern und die ukrainischen Streitkräfte nicht zu provozieren“.
Bereits damals forderte die ukrainische Stelle von europäischen Partner Wachsamkeit. Via X erklärte Kiew: „Der Aufbau russischer Truppen an den Grenzen der Ukraine in den Jahren 2021–2022 erfolgte unter dem Deckmantel der gemeinsamen Militärübungen Russlands und Weißrusslands „Sapad-2021“, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters. Weiter wurde betont, dass eine Zusammenarbeit zwischen Moskau und Minsk nicht nur für die Ukraine gefährlich sei, sondern auch für Polen, die baltischen Staaten und ganz Europa. Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko wies die Vorstellung, Minsk würde die Manöver für Angriffe nutzen, als „völligen Unsinn“ zurück.
„Wir sind Russlands nächstes Ziel“: NATO-Chef Rutte warnt vor russischer Aggression
Erst am Donnerstag (11. Dezember) vergangener Woche warnte der NATO-Generalsekretär Mark Rutte vor „dunklen Mächte der Unterdrückung“, die sich auf dem Vormarsch befänden. Er stellte klar: „Wir sind Russlands nächstes Ziel.“ Es sei nicht die Zeit, sich auf die Schultern zu klopfen, für bereits geleistete Verbesserungen der Verteidigungsfähigkeiten. Es müsse noch mehr und noch schneller aufgerüstet werden. „Zu viele glauben, die Zeit wäre auf unserer Seite. Aber das ist sie nicht.“
Er warnte, dass Europa selbst nach dem Ende der Feindseligkeiten in den kommenden Jahren auf eine langfristige Politik der Eindämmung Russlands vorbereitet sein müsse, wozu auch eine Stärkung der Fähigkeit gehört, Moskaus hybride Kriegsführung zu kontern. Mark Rutte befürchtete, dass Russland innerhalb der nächsten fünf Jahre militärische Gewalt gegen das Bündnis anwenden könnte.
Die Mitglieder „müssen auf das Ausmaß von Krieg vorbereitet sein, das unsere Großeltern oder Urgroßeltern durchlitten haben“. Dieser Zeitraum von einem halben Jahrzehnt für einen möglichen zukünftigen russischen Angriff wurde auch von anderen europäischen Militärführern genannt. Deutschlands Generalinspekteur der Bundeswehr, General Carsten Breuer, sagte im Juni, dies könne sogar schon 2029 der Fall sein. (Quellen: afp, dpa, Funke-Zeitungen, X, Reuters, ntv, frühere Berichterstattung) (kox)