Der Landkreis Ebersberg erhöht die Kreisumlage deutlich. Dennoch werden für kommendes Jahr 78 Millionen Euro Schulden prognostiziert.
Landkreis – Der Landkreis Ebersberg muss seinen Gemeinden stärker in die Kasse greifen: Der Kreistag beschloss am Montag, die Kreisumlage um 0,6 Prozentpunkte auf nun 50,5 Prozent zu erhöhen; damit ist eine Schallmauer durchbrochen, die die Kreisräte so lange wie möglich vermieden hatten. Dennoch wird der Schuldenstand des Landkreises weiter steigen, auf prognostizierte 78 Millionen Euro im kommenden Jahr, perspektivisch sogar auf fast 150 Millionen Euro. „Die Lebensrealität holt uns schonungslos ein“, bekannte Landrat Robert Niedergesäß (CSU) in seiner Ansprache. Das Verhältnis der Einnahmen und Ausgaben sei insbesondere aufgrund steigender Belastungen im Sozialsektor, etwa bei Jugendhilfe und Asyl, „völlig aus den Fugen geraten“. Gleichzeitig steige auch die Bezirksumlage.
Die Lebensrealität holt uns schonungslos ein.
An den Schulneubauten in Grafing (Berufsschule) und Poing (Gymnasium) gelte es aber festzuhalten, ebenso an der Finanzierung der schuldengeplagten Kreisklinik, des Frauenhauses und der Hospizinsel in Glonn. „Wir sind froh, dass wir uns solche sozialen Errungenschaften leisten können“, so der Landrat. Er mahnte eine grundlegende Reform des Sozialsektors und des Verhältnisses zwischen Finanzierung und Aufgaben der Kommunen an. CSU-Fraktionssprecher Martin Wagner stimmte in diesen Tenor ein, wenngleich er durchblicken ließ, dass es auch in den eigenen Reihen so viele kritische Stimmen in der Vorbereitung von Haushalt und Kreisumlage gegeben habe, wie nie zuvor: „Diese Probleme sind nicht hausgemacht“, so Wagner mit Blick auf die deutschlandweit mit ihrer Kassenlage kämpfenden Kommunen.
„Die Kommunen sind mit an Bord, und auch bei denen müssen wir schauen, dass sie nicht absaufen“
Anders sah das etwa Niedergesäß‘ Landrats-Gegenkandidat Thomas von Sarnowski, der dem Amtsinhaber bescheinigte, sich wie auf der Titanic zu verhalten. Seine Grünen würden seit Jahren vor einer Ausgabenpolitik warnen, die rechnerisch vorhersehbarerweise tiefer in die Schulden führe. Dennoch steuere das Schiff „mit voller Fahrt in die Nacht“. Der Grünen-Forderung nach einer stärkeren Erhöhung der Kreisumlage erteilte wiederum CSU-Boss Wagner eine Absage und blieb dabei im Titanic-Bild: „Die Kommunen sind mit an Bord, und auch bei denen müssen wir schauen, dass sie nicht absaufen.“
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Entsprechend fiel die Abstimmung aus: Grüne und AfD lehnten den Haushaltsbeschluss fürs kommende Jahr ab, der dadurch mit einer 36-zu-16-Mehrheit genehmigt wurde. Knapper ging es bei der Erhöhung der Kreisumlage zu, die Grüne, Linke und ÖDP ablehnten, weil sie ihnen zu moderat ausfiel. Zugleich verweigerten die Bürgermeister Spitzauer (CSU, Vaterstetten), Oswald (CSU, Glonn), Dahms (CSU, Markt Schwaben) und Proske (parteifrei/SPD, Ebersberg) dem Landrat wohl mit Blick auf ihre eigenen Haushaltskassen die Gefolgschaft.
Kritische Rückmeldungen bei Vorab-Umfrage zur geplanten Kreislagenerhöhung
In einer Vorab-Umfrage des Landratsamts unter den Gemeinden zur geplanten Kreisumlagenerhöhung waren etwa aus Anzing, Aßling, Ebersberg, Egmating, Emmering, Forstinning, Frauenneuharting, Glonn, Grafing, Markt Schwaben, Moosach, Oberpframmern, Pliening, Poing, Steinhöring, Vaterstetten und Zorneding kritische Rückmeldungen eingegangen.
Es geht mit voller Fahrt in die Nacht.
Diese rangieren zwischen Beunruhigung und Panik: Es müsse damit gerechnet werden, dass Aufgaben wie Straßenbau, soziale Einrichtungen und insbesondere freiwillige Leistungen für Kultur-, Sport- und Gesellschaftsgeschehen künftig, falls überhaupt, zunehmend auf Pump finanziert würden.