Bei Syrien-Flüchtlingen brauchen wir keinen Gefühle-Minister, sondern einen Profi

Im Koalitionsvertrag von CDU und SPD war klar vereinbart: Rückführungen nach Syrien sollen nach Ende des Bürgerkriegs wieder möglich sein. Doch Außenminister Johann Wadephul stellt diesen Kurs nun infrage - nach einem Besuch vor Ort. 

Dort erklärte er, Rückführungen seien "zum jetzigen Zeitpunkt nur sehr eingeschränkt möglich, weil in der Tat doch sehr viel an Infrastruktur in diesem Land zerstört ist". 

Für FOCUS-online-Chefkorrespondent Ulrich Reitz ist das ein politischer Fehler und auch ein Problem für Bundeskanzler Friedrich Merz.

"Der Außenminister ist in seiner Eigenschaft als Außenminister gefragt, wenn er im Ausland ist. Ironie beiseite: Die menschliche Seite über die Flüchtlingsfrage kann ich auch von einem Pfarrer haben oder von sonst wem. Hier ist aber der Bundesaußenminister gefragt und da sind keine Gefühle im Spiel, sondern es geht um Interessenpolitik."

Die Rechtslage sei eindeutig, so Reitz: Eine zerstörte Infrastruktur sei kein Grund, auf Rückführungen zu verzichten. "Damit sind die Fluchtgründe nicht tangiert. Außerdem stellt sich ja wohl die Frage: Wer soll denn bitteschön Syrien wieder aufbauen, wenn nicht die syrische Bevölkerung selbst?"

Reitz: "Wer integriert ist, hat seinen Platz, wer Straftaten begeht, nicht"

Reitz fordert eine klare, interessensgeleitete Migrationspolitik: "Einwanderungspolitik ist: Das Einwanderungsland sucht sich nach seinen Interessen die Einwanderer aus."

Das bedeute auch in diesem Fall, straffällige oder dauerhaft von Sozialleistungen lebende Syrer müssten Deutschland verlassen, während integrierte Syrer bleiben könnten: "Menschen, die hier arbeiten, sich integriert und vom politischen Islam verabschiedet haben, die haben ihren Platz in Deutschland."

Für Reitz ist die Syrien-Frage damit eine Bewährungsprobe für die Bundesregierung und den Kanzler - aber auch eine Chance, zu zeigen, wie Migrationspolitik im deutschen Interesse funktionieren könnte: gerecht, differenziert und konsequent.