Selenskyj will über 28-Punkte-Plan verhandeln – Europäer warnen ihn vor einem schweren Fehler

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich bereit erklärt, über den von US-Präsident Donald Trump vorgeschlagenen Friedensplan zu verhandeln. Dabei handelt es sich um ein 28-Punkte-Programm, das von den USA und Russland ausgearbeitet wurde. Es sieht bittere Zugeständnisse der Ukraine vor, darunter die Abtretung der gesamten Donbass-Region und der Krim an Russland sowie eine Halbierung der ukrainischen Armee. Zudem soll es der Ukraine untersagt werden, russisches Gebiet zu betreten oder militärische Gewalt einzusetzen, um verlorene Gebiete zurückzugewinnen.

Kritik aus Europa: „Frieden darf nicht Kapitulation bedeuten“

Europäische Regierungen, allen voran Frankreich, kritisierten den Plan scharf. Sie werfen Trump vor, Kiew zur Kapitulation zu drängen. „Frieden darf nicht Kapitulation bedeuten“, erklärte Frankreichs Außenminister Jean-Noël Barrot. Auch andere europäische Politiker äußerten sich skeptisch.

Polens Außenminister Radek Sikorski betonte, dass Europa als Hauptunterstützer der Ukraine in die Verhandlungen einbezogen werden müsse. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas forderte, dass jede Friedenslösung die Zustimmung der Ukrainer und Europäer brauche. 

Frei und Kiesewetter empört von US-Friedensplan

In Berlin zeigte sich Kanzleramtschef Frei irritiert über den US-Vorschlag. „Es mutet etwas an, als ob Putin damit Kriegsziele erreichen könnte, die er auf dem Schlachtfeld nicht erreicht hat“, sagte Frei den Sendern RTL und ntv. Er nannte den Plan „durchaus verstörend“.

CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter sprach von einem „Kapitulationsplan, der den Aggressor belohnen" würde. Dass die USA und Russland einen solchen Plan entwickelt hätten, sei „Ausdruck des Versagens Europas, die Ukraine ausreichend zu unterstützen“, sagte er der Mediengruppe Bayern.

Lenkte Russland wegen drohenden US-Sanktionen ein?

Die österreichische Außenministerin Beate Meinl-Reisinger sprach von einer Unausgewogenheit des US-Vorschlags, der „sehr stark auch russische Interessen“ zu verfolgen scheine. Es sei notwendig, den Dialog zwischen Europa und den USA zu intensivieren, „damit wir hier auch eine gemeinsame Sichtweise haben, wie wir die Friedensbemühungen vorantreiben können“.

Aus EU-Kreisen hieß es, die jüngste US-Initiative könnte ein Hinweis auf russische Bemühungen sein, angesichts möglicher weiterer Sanktionen guten Willen gegenüber US-Präsident Trump zu zeigen. Es handele sich um eine „russische Deutungsweise“.

Europäische Spitzenpolitiker versuchen seit der Rückkehr Trumps ins Weiße Haus, ihn von ihrer Position in dem Konflikt und einem härteren Vorgehen gegen Russland zu überzeugen. Zuletzt hatten US-Sanktionen gegen Russlands größte Ölkonzerne Rosneft und Lukoil diesbezüglich Hoffnungen in europäischen Hauptstädten geweckt. 

Selenskyj will konstruktive Gespräche

Trotz der Kritik aus Europa zeigte sich Selenskyj offen für Gespräche mit der US-Regierung. „Ukraine braucht Frieden – einen echten Frieden“, schrieb er auf Telegram. Dieser müsse die Unabhängigkeit und Würde des Landes respektieren. Laut dem „Telegraph“ traf Selenskyj am Donnerstag den US-Armeesekretär Dan Driscoll, um über die Details des Plans zu sprechen. Beide Seiten hätten sich auf einen „ambitionierten Zeitplan“ für die Umsetzung geeinigt.

Wolodymyr Selenskyj und Dan Driscoll
Wolodymyr Selenskyj und US-Armeesekretär Dan Driscoll in Kiew. picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Uncredited

Russland bleibt hart

Die russische Regierung äußerte sich zurückhaltend zu den Vorschlägen. Kremlsprecher Dmitri Peskow erklärte, dass ein Friedensplan die Ursachen des Konflikts beseitigen müsse. Gleichzeitig behauptete Generalstabschef Waleri Gerassimow, russische Truppen hätten die ukrainische Stadt Kupjansk eingenommen – eine Aussage, die von der ukrainischen Seite dementiert wurde.

USA verteidigen den Plan

Die US-Regierung steht hinter Trumps Vorschlag. Karoline Leavitt, Sprecherin des Weißen Hauses, nannte das 28-Punkte-Programm einen „guten Plan für beide Seiten“. Der Plan solle eine dauerhafte Friedenslösung ermöglichen und sei das Ergebnis monatelanger Gespräche zwischen amerikanischen und russischen Vertretern. Dennoch bleibt unklar, ob die Ukraine und Europa bereit sind, die Forderungen zu akzeptieren.