Viele junge Erwachsene in Großbritannien kehren heute vorübergehend ins Elternhaus zurück, um sich finanziell zu stabilisieren. So auch Jo Varsani und ihre Tochter Lavina Patel. Beide Frauen haben in unterschiedlichen Lebensphasen erneut bei ihren Eltern gewohnt, wie "The i Paper" erzählt.
Für Jo selbst begann die Rückkehr nach Hause aus einer existenziellen Notlage heraus. Nach dem Ende ihrer Ehe musste sie 2006 mit ihrer einjährigen Tochter wieder bei den Eltern einziehen. Sie hatte 30.000 Pfund Schulden (circa 34.000 Euro), verursacht durch ihren spielsüchtigen Ex-Mann. Ein Job im Pflegesektor, niedrige Miete und Unterstützung durch ihre Eltern halfen ihr, die finanzielle Last Stück für Stück zu verringern.
Trotz Immobilienkauf: Wieder im Elternhaus eingezogen
Nach der Tilgung ihrer Schulden kaufte Jo ein eigenes Haus, wieder unterstützt durch ihre Familie. Doch nur zwei Jahre später zog sie wieder zu ihren Eltern zurück, um den Kredit schneller abzubezahlen. Das Zusammenleben gestaltete sich teils schwierig: "Das Leben bei meinen Eltern war eine ziemliche Achterbahnfahrt", sagt Jo. "Beim zweiten Mal war ich unabhängiger, und sie konnten nicht verstehen, warum ich ständig ein- und ausging."
Über die Jahre baute Jo sich ein neues Leben auf, lernte ihren zweiten Mann kennen und zog nach Essex. Tochter Lavina wiederum studiert heute Buchhaltung. Auch sie kehrte wieder nach Hause zurück, da hohe Mietkosten ihr Studium erschwerten.
Heute investiert Lavina monatlich 500 Pfund in ihr Auto und weitere 500 Pfund in Ersparnisse und Anlagen für eine Immobilienkaution. Jo selbst betont, dass sie ihrer Tochter ermöglichen will, es leichter zu haben als sie selbst:
"[Als ich bei meinen Eltern lebte] war es schwer, jeden Monat 200 Pfund (circa 225 Euro) übrig zu haben. Ich bin meiner Tochter gegenüber nachsichtiger und erwarte nicht, dass sie für den Haushalt zahlt, sondern eher für ihre Zukunft."
Im Trend: Immer mehr "Boomerang-Kinder"
Laut dem Office for National Statistics (ONS) ist die Zahl erwachsener Kinder, die wieder bei ihren Eltern leben, in Großbritannien anhaltend gestiegen. Zwischen 2011 und 2021 nahm die Gruppe der sogenannten "Boomerang-Kinder" um 14,7 Prozent zu – von 4,2 Millionen auf 4,9 Millionen. Das Durchschnittsalter der Heimkehrer erhöhte sich im gleichen Zeitraum auf 24 Jahre, in London liegt es sogar bei 25 Jahren.