Wenn der Erbfall einer Orange gleicht: Experten haben Tipps zur richtigen Nachlassregelung

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Standen bei der Podiumsdiskussion Rede und Antwort: (v. li.) Fachanwalt Dr. Korbinian Dietl, Steuerberaterin Elisabeth Jocher, Gastgeber Peter Schneider von Schneider und Prell mit Moderator Carl-Christian Eick, Redaktionsleiter des Isar-Loisachboten/Geretsrieder Merkur. © Hans Lippert

Beim 29. Immobilienforum in Wolfratshausen hatten Experten zum Thema „Die Immobilie im Erbfall“ wichtige Tipps im Gepäck – und warnten vor Streit in Erbengemeinschaften.

Wolfratshausen – Wie regle ich ein gemeinschaftliches Testament? Wie mache ich eine Erbschaftssteuererklärung? Gibt es Fallstricke beim Nießbrauch oder bei einer Schenkung? Dass diese Fragen viele betreffen, zeigte sich am Donnerstagabend im randvoll besetzten Foyer der Loisachhalle. Rund 250 Zuhörer lauschten dem Vortrag eines Fachanwalts und einer Podiumsdiskussion mit hochkarätigen Experten, die danach noch in persönlichen Gesprächen die Besucher berieten.

„Nehmen Sie sich Zeit, machen Sie’s nicht allein und holen Sie sich die Unterstützung von Experten“, empfahl Peter Schneider vorab. Der Geschäftsführer der Schneider & Prell Immobilientreuhand AG hatte zunächst den Lenggrieser Fachanwalt Dr. Korbinian Dietl begrüßt. Der zertifizierte Testamentsvollstrecker und Wirtschaftsmediator erklärte im Schnelldurchlauf, worauf es im Erbfall ankommt. Er empfahl zur Absicherung ein Testament sowie eine Vorsorgevollmacht in notarieller Form. Zur Notfallvorsorge gehören auch eine Patientenverfügung, ein Ehevertrag mit Pflichtteilsverzicht und die Prüfung der Liquidität. „Ein notarielles Testament erspart später die Kosten eines Erbscheins“, riet Dietl.

Der Immobilienmarkt ist aus dem Tal der Tränen heraus. 

Wie wichtig dieses Dokument ist, betonte Schneider in der anschließenden Podiumsdiskussion. Denn ohne Erbschein können die Makler die Immobilien nicht verkaufen. Gerade bei Erbgemeinschaften gestalte es sich manchmal schwierig, die verschiedenen Interessen der Beteiligten unter einen Hut zu bringen. Während der weit entfernt lebende Sohn „einfach nur Geld sehen wolle“, möchte die ortsansässige Tochter vielleicht selbst in die Immobilie einziehen. Ein Verkauf lohne sich aber in den meisten Fällen. „Der Immobilienmarkt ist aus dem Tal der Tränen heraus“, stellte Schneider fest. Die Preisentwicklung tendiere auch im Landkreis wieder nach oben, zumal weniger Objekte als in Vor-Corona-Zeiten zum Verkauf stehen.

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Moderator Carl-Christian Eick, Redaktionsleiter des Isar-Loisachboten, erkundigte sich bei Steuerberaterin Elisabeth Jocher nach Einsparmöglichkeiten bei der Erbschaftssteuer, Freibeträgen und den Vorteilen von Schenkungen. Die günstige Variante ist nach Ansicht der Fachfrau, spätestens sechs Monate nach dem Erbbeginn selbst in die Immobilie einzuziehen und mindestens zehn Jahre darin zu wohnen.

Fachmann Dietl empfiehlt im Streitfall Meditation

In der abschließenden Fragerunde wollte eine Zuhörerin wissen, ob sie bei einer Überschreitung der Freibeträge die Immobilie an Kinder unter Wert verkaufen darf. Jocher empfahl 50 Prozent zu verschenken. „Dann verkaufen sie nie unter Wert“, sagte sie mit einem Augenzwinkern. Um Erbstreitigkeiten in der Familie nicht eskalieren zu lassen, riet Dietl zur Mediation und bediente sich dabei einer Metapher. „Wenn eine Mutter eine Orange in der Mitte teilt und die beiden Hälften je einem Kind gibt, sind vielleicht beide unzufrieden“, gab er zu bedenken. Will der eine Sprössling nur Orangensaft rauspressen und der andere die Schalen zum Kuchenbacken verwenden, sei eine salomonische Einigung möglich.

Nichts ist schlimmer als ein Erbstreit in der Familie

Schneider zog ein positives Fazit des 29. Immobilienforums, das aufgrund des großen Interesses auch die Loisachhalle gut gefüllt hätte. „Verzeihen Sie mir, ich wollte es kuschelig im Foyer haben“, entschuldigte er sich bei den zum Teil stehenden Besuchern. Trotz der dargebotenen Informationsfülle könne der Abend jedoch eine persönliche Beratung nicht ersetzen. „Beschäftigen Sie sich rechtzeitig mit dem Thema: Nichts ist schlimmer als Streit in der Erbengemeinschaft“, berichtete Schneider aus Erfahrung.