Streit um Arbeitsmoral der Gen Z – Influencer kontert Frank Thelen: „Beef wegen 9 to 5“

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Die Debatte um die Arbeitsmoral von jungen Menschen in Deutschland reißt nicht ab. Ein viraler Vertreter der Gen Z legt nun mit neuen Aussagen nach.

Frankfurt – „Wir haben jetzt 18:41 Uhr, ich habe das Haus um 7:30 Uhr verlassen. Ich bin jetzt gerade kurz vor meiner Haustür: Ihr wollt mir doch nicht sagen, dass das das Leben ist?“, sagte Julian Kamps vor wenigen Wochen in einem kurzen Video. In dem Beitrag, der millionenfach angesehen wurde, hatte der 25-Jährige mit dem gewohnten Arbeitszeitmodell und dem Acht-Stunden-Tag abgerechnet. Er rief nicht nur im Internet hunderttausende Menschen und ihre Ansichten auf den Plan.

Julian Kamps (25) hat mit einem Video zum normalen Arbeitsalltag für Furore gesorgt und sogar Frank Thelen auf den Plan gerufen. Jetzt kontert Kamps erneut. (Collage) © Screenshot TikTok juliankmps/ S. Gottschalk/Imago

Auch bekannte Persönlichkeiten aus der Wirtschaftswelt wurden auf die Aussagen des jungen Models aufmerksam. Teilzeit? Vier-Tage-Woche? Work-Life-Balance? Geht es nach Unternehmer Frank Thelen, ist das der Sargnagel für Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit: „Unser Wohlstand, der geht dann kaputt. Einfach zu sagen, wir wollen weniger arbeiten, dann werden wir im internationalen Wettbewerb komplett zerstört“, sagte er RTL. Jetzt kontert der junge Mann, der den Stein ins Rollen brachte.

Video zu Achtstundentag ging viral, jetzt legt Gen-Zler nach: „Wir wollen arbeiten“

„Frank Thelen und ich haben Beef wegen meines 9-to-5-Videos?“, beginnt Kamps seine Replik in einem TikTok-Video. Beef, von jüngeren Semestern in Deutschland gerne und oft verwendet, heißt aus dem Englischen übersetzt so viel wie Zoff. Der 25-Jährige glaubt, der wohl „meistgehasste Gen-Zler Deutschlands zu sein“, wenn jetzt sogar Frank Thelen gegen ihn schieße. Die mediale Debatte und damit verbundene Aufmerksamkeit findet der junge Mann zwar gut, dennoch fühlt er sich trotz zahlreicher Stellungnahmen falsch verstanden.

Kamps habe immer noch den Eindruck, die Generation Z werde als faul und arbeitsscheu abgestempelt, und gelte als Grund, warum Deutschland in Zukunft von anderen Ländern abgehängt werde. Das will der junge Mann jedoch nicht so stehen lassen: „Wir werden hier verantwortlich gemacht für ein Problem, das sich über Generationen aufgebaut hat.“ Zudem stellte der Influencer klar: „Wir sind nicht faul. Wir wollen arbeiten gehen.“ Die Generation Z gehe seiner Meinung nach sogar „gerne arbeiten.“ Es müsse jedoch eine Leidenschaft, eine „passion“, dahinterstehen, wie es Kamps salopp auf Englisch formuliert.

Zudem ist er der Ansicht, man müsse das „Konzept, wie es früher war, einfach mal überdenken.“ Konkret meint er damit: „Nur weil unsere Großeltern sieben Tage die Woche gearbeitet haben, heißt es nicht, dass wir unser ganzes Leben sieben Tage die Woche arbeiten müssen.“ Kamps zeigt sich überzeugt davon, dass es Alternativen geben muss, auch wenn er beteuert, kein Experte, sondern lediglich „eine Stimme“ auf dem Gebiet zu sein.

Umstrittener Influencer berichtet von eigener Arbeitserfahrung: Vom Zeitungsausträger zum Bankkaufmann

Ganz so viral wie sein erstes Aufreger-Video, geht sein Nachtrag nicht. Dennoch sehen erneut tausende seinen Beitrag, zahlreiche Nutzer kommentieren. Zustimmung gibt es nicht nur von offenbar jüngeren Menschen, sondern auch von älteren Generationen. „Es gibt in jeder Generation faule Leute. Ich weiß nicht, wieso die älteren Generationen meinen, dass Gen Z per se faul ist, nur weil die jungen Leute andere Anforderungen an die Arbeit stellen, als vor 20 Jahren“, schreibt eine Nutzerin.

Ein anderer Kommentar gewährt Einblicke aus dem Alltag: „Ich bilde aus und freu mich jeden Tag auf meine Azubis. Keiner davon entspricht dem Bild von fauler Jugend, eher sehr aufmerksam.“ Rückendeckung für die Gen-Z gibt es auch von prominenter Seite. Wie schon bei früheren Posts mangelt es aber auch an Kritik nicht. Seine Eltern müssten sich schämen, heißt es etwa. Ein anderer kommentiert: „Geh mal lieber arbeiten.“

Dass der gelernte Bankkaufmann aber durchaus schon einiges an Arbeitserfahrung vorzuweisen hat, schildert er in einem Interview mit GMX. Im Alter von zwölf Jahren habe er Zeitungen ausgetragen, als Jugendlicher dann in einem Café gearbeitet und nach dem Abitur eine Lehre als Bankkaufmann gemacht. In der Bank hat er sieben Jahre in Vollzeit gearbeitet. „Seitdem ich vor zwei Jahren bei Germany‘s Next Topmodel mitgemacht habe, model ich nebenher und mache Social Media. Viele belächeln das, nach dem Motto: Model und Influencer sind ja gar keine richtigen Jobs. Aber das kommt alles nochmal zu meinem Vollzeitjob obendrauf“, gesteht er gegenüber GMX.

Frank Thelen gegen Pauschalisierung - Studien widerlegen Mythos der faulen Jugend

Thelen selbst sagte jüngst erst bei n-tv, dass es „schwierig“ sei, pauschal einzelne Generationen als faul zu bezeichnen. „Es gibt aktuell junge Leute die wirklich Gas geben, die fast zu viel arbeiten.“ Viele würden aber „ganz viel Freizeit haben wollen.“ Hinter kritischer Infrastruktur und wichtigen Wirtschaftsbereichen stünden laut Thelen jedoch Menschen, „die keine Vier-Tage-Woche kennen und oftmals am Wochenende arbeiten.“

Zumindest für sich selbst stellt Kamps den Befund: nicht faul. „Wenn ich mich angucke und all meine Freunde, dann sind wir eigentlich das Gegenteil von faul. Wir arbeiten eigentlich alle mehr als 40 Stunden die Woche“, resümiert er in seinem Video. Andere Beiträge im Internet zum Generationen-Zwist sind wesentlich spöttischer.

Tatsächlich bescheinigt eine aktuelle Trendstudie aus Deutschland jungen Erwerbstätigen heute eine höhere Vollzeitquote (81 Prozent) als älteren Generationen. Laut den Studienautoren handelt es sich bei der „faulen Jugend“ also um einen „Mythos“. Zu ähnlichen Schlüssen kommt auch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Die Diskussion um die Arbeit von heute und morgen dürfte aber so schnell nicht abreißen. (Quelle: TikTok-Video Julian Kamps, RTL, n-tv, GMX, Trendstudie „Jugend in Deutschland 2025, IAB) (jm)