Auf Frage zu seiner Berühmtheit antwortet Bayerns jüngster DFB-Star erfrischend anders

Aleksandar Pavlovic ist als Stammspieler beim FC Bayern und im DFB-Team nicht mehr aus dem deutschen Fußball wegzudenken. Als zentraler Mittelfeldspieler nimmt er eine ebenso zentrale Rolle für den Erfolg der Nationalmannschaft ein. 

FOCUS online hat in Kooperation mit "ran" mit dem 21-Jährigen gesprochen. Wir trafen im Mannschaftshotel in Wolfsburg, wo er sich derzeit mit der Nationalelf auf die anstehenden Länderspiele gegen Luxemburg und die Slowakei vorbereitet, auf einen gut gelaunten Pavlovic, der uns mit Aussicht auf den Mittellandkanal und VW-Kraftwerk auch den Menschen hinter dem Sportler vorstellt.

DFB-Star Aleksandar Pavlovic im Interview

FOCUS online: Sie sind erst 21 Jahre jung und gerade in Ihre zweite volle Profisaison gestartet, trotzdem fühlt es sich von außen so an, als wären Sie schon ewig dabei. Geht es Ihnen auch so?

Aleksandar Pavlovic: Ja, einerseits schon, andererseits habe ich noch so viel vor mir. Ich fühle mich einfach wohl und habe Spaß am Fußball.

Vor knapp zwei Jahren, am 8. Oktober 2023, haben Sie Ihr erstes Profispiel für den FC Bayern gemacht, wurden beim 8:0 gegen Darmstadt in der 77. Minute eingewechselt. Können Sie sich noch an das Gefühl erinnern?

Pavlovic: Als mein Name von der Bank aufgerufen wurde… Das ist ein Augenblick, den man nie vergisst! Ich habe mich sehr gefreut, das war natürlich besonders für mich.

Viel passiert seitdem, oder?

Pavlovic: (Lacht) Schon sehr viel, sehr viel Schönes!

Pavlovic über frühe Nominierung von Köln-Star El Mala

Sie wurden nach einer recht kurzen Profizeit früh zur Nationalmannschaft eingeladen. Aktuell herrscht rund um den Kölner Said El Mala und Ihren Bayern-Kollegen Lennart Karl die Diskussion, ob es nicht zu schnell geht. Sie haben die Erfahrung gemacht: Welche Vorteile hat es, früh in der Nationalmannschaft dabei zu sein?

Pavlovic: Es hilft schon sehr, mal reinzuschnuppern. Zu fühlen, wie es ist, ob man mithalten kann oder nicht. Man sammelt schon sehr gute Eindrücke. Aber am Ende entscheidet der Bundestrainer, wer eingeladen wird und wer nicht.

Gibt es Nachteile? Fühlt es sich manchmal auch zu schnell an?

Pavlovic: Also für mich nicht. Ich glaube, bei jedem überwiegt die Freude, eingeladen zu werden. Mir hat es zumindest nicht geschadet.

Wie sind Sie persönlich mit dem Druck, der mit all der Öffentlichkeit und Erwartungshaltung einhergeht, umgegangen?

Pavlovic: Gott sei Dank war ich schon immer ein Typ, der den Druck nicht so verspürt. Ich habe mich mehr gefreut, dass ich zeigen kann, was ich draufhabe. Druck war für mich nicht dabei.

Pavlovic beim DFB-Training
Pavlovic beim DFB-Training zu den Qualifikationsspielen. Imago

Im kommenden Sommer steht die WM an. Viel Zeit bleibt nicht mehr. Viele Länderspiele auch nicht. Jetzt noch zwei Qualifikationsduelle, dann im März zwei Spiele und dann geht es schon in die unmittelbare Vorbereitung. Wie sehr ist das Turnier schon in Ihrem Kopf?

Pavlovic: Wir schauen jetzt erstmal auf die zwei sehr wichtigen Spiele, die anstehen. Die sind ja nicht ganz irrelevant für die WM. Nach der dann hoffentlich erfolgreichen Qualifikation geht es Step by Step.

Trotz der Schnelllebigkeit des Fußballs strahlen Sie eine unglaubliche Ruhe aus – vor allem mit dem Ball am Fuß. Wieso sind Sie augenscheinlich so ein entspannter Typ?

Pavlovic: Ich war schon immer ein Spieler, der sehr viel Ruhe am Ball hatte und so das Spiel auch beruhigen kann. Ich glaube, das wird sich auch nie ändern bei mir. Das wird immer so sein.

Was bringt Sie denn aus der Ruhe?

Pavlovic: Schwierige Frage für mich, da fällt mir spontan nichts Besonderes ein. Außer wenn mich jemand nervt oder frech wird (lacht).

Wer nervt Sie in der Mannschaft am meisten?

Pavlovic: Da kommt es zum Glück nicht so oft vor (lacht). Da sind eher viele Späße dabei…

"Sehr, sehr stolz": Aleksandar Pavlovic als Vorbild vieler Bayern-Talente

Dreht sich bei Ihnen auch abseits des Platzes alles um Fußball oder schaffen Sie es auch mal, komplett abzuschalten?

Pavlovic: Fußball ist irgendwie immer dabei. Aber man schafft es schon mal mit Familie und Freunden ein bisschen davon wegzukommen. Das ist manchmal auch schön!

Sie gelten am Bayern-Campus mittlerweile als großes Vorbild, wie eben der Weg zur Profimannschaft gelingen kann. Diesen Schritt haben lange Zeit vor Ihnen nur wenige Spieler gemeistert. Macht Sie das stolz?

Pavlovic: Sehr, sehr stolz. Wenn die jungen Spieler zu einem aufschauen können, sieht man sich auch ein wenig selbst bestätigt. Ich selber habe die Profis früher immer bewundert. Da ist es natürlich etwas Besonderes, wenn man weiß, dass man andere motivieren kann.

Wie stark sind Sie dem Campus und den jungen Spielern noch verbunden?

Pavlovic: Ich versuche, so oft es geht zu den Spielen am Campus zu kommen und sie zu unterstützen. Wenn hin und wieder ein paar Jungs bei uns mittrainieren, gebe ich gerne Tipps und rede mit ihnen. Ich kenne das noch von mir selbst, dass das sehr guttut.

Die unglaubliche Serie von 16 Siegen: Pavlovic verrät, was den FC Bayern so gut macht

Von Ihnen gibt es dieses wunderbare Foto als Balljunge bei der Meisterfeier auf dem Rasen mit Franck Ribery. Vom Balljungen zum Stammspieler beim größten Verein Deutschlands – fast schon hollywoodreif, finden Sie nicht?

Pavlovic: Ja, das ist eine Geschichte wie aus dem Bilderbuch. Schöner geht es eigentlich gar nicht. So fühlt es sich auch an.

Aktuell läuft es in München grandios. Für den Verein, aber auch für Sie persönlich. Insbesondere in den wichtigen Spielen wie gegen Paris oder Dortmund standen Sie über 90 Minuten auf dem Platz. Was macht Ihre aktuelle Form aus?

Aleksandar Pavlovic feiert gemeinsam mit Bayern-Talent Lennart Karl.
Aleksandar Pavlovic feiert gemeinsam mit Bayern-Talent Lennart Karl. Getty

Pavlovic: Ich bin super drauf und es macht einfach Spaß, mit den Jungs zu kicken. Ob bei Bayern oder hier bei der Nationalmannschaft. Ich versuche, meinen Teil beizutragen, dass wir erfolgreich sind. Und ja, das klappt sehr gut!

16 Siege aus den ersten 16 Spielen, das war bzw. ist ein europäischer Rekord. Wie sehr war das Thema innerhalb der Mannschaft?

Pavlovic: Wir hatten es alle schon im Hinterkopf, aber wirklich Thema war es nicht. Man will nie ein Spiel verlieren oder Unentschieden spielen. Immer nur gewinnen, das zählt. Bei uns lässt der Hunger nicht nach. Aber jetzt ist die Serie ja leider gerissen.

Erste Krise?

Pavlovic: (Lacht) Nein. Natürlich hätten wir gerne gewonnen, aber jetzt wird weitergemacht und im nächsten Spiel holen wir wieder drei Punkte.

Was ist das Erfolgsgeheimnis der Mannschaft und was davon können Sie auf die Nationalelf übertragen?

Pavlovic über Musiala: Vermisse es, ihn mit Bällen zu füttern

Pavlovic: Das Team- und Gemeinschaftsgefüge. Zusammen verteidigen, zusammen offensiv angreifen. Als Mannschaft alles reinhauen. Das ist das Wichtigste.

Vor der Saison wurde von vielen Seiten die Breite des Kaders kritisiert. Ist das in der aktuellen Phase vielleicht sogar eine Stärke, weil das Team bei Ausfällen enger zusammenrückt?

Pavlovic: Ja, auf jeden Fall. Jamal (Musiala), Phonzie (Alphonso Davies, Anm. d. Red.) und Hiroki (Ito, Anmerkung d. Red.) sind immer noch nicht fit und es klappt trotzdem gut. Es ist schön zu sehen, wie wir als Mannschaft funktionieren. Egal, wer spielt, es ist einfach super. Und wenn Jamal, Phonzie und Hiroki dann noch zurückkommen, kann es nur noch besser werden!

Wie schwer wird es denn, in eine funktionierende Mannschaft zurückzukommen und sich in der Startelf zu integrieren?

Pavlovic: Ich bin mir sicher, dass sie das schaffen werden und freue mich, wenn sie wieder zurück sind.

Wie sehr vermissen Sie insbesondere Musiala auf dem Rasen vor Ihnen?

Pavlovic: Sehr! Vor allem, ihn mit Bällen zu füttern. Er ist extrem wichtig für die Mannschaft.

Präsident Herbert Hainer hat zuletzt gesagt, Vincent Kompany könnte eine Ära beim FC Bayern prägen wie einst Pep Guardiola oder Jupp Heynckes. Große Worte in München! Was macht Kompany zu einem Trainer, der vermeintlich eine so große Zukunft vor sich hat?

Pavlovic: Egal ob im Training oder im Spiel: Er hat immer diesen Willen, diesen Ehrgeiz, erfolgreich zu sein. Er gibt uns immer gute Impulse, macht ein sehr gutes Training und es macht sehr viel Spaß, unter ihm zu spielen.

DFB-Youngster über Nagelsmanns klare Ansagen: "Julian war immer so"

Wie sehr sind Kompany und Julian Nagelsmann vergleichbar? Was ist vielleicht auch der größte Unterschied?

Pavlovic: Beides sind erstmal super Trainer. Nationalmannschaft und FC Bayern, größer geht es eigentlich nicht. Das ist nicht so einfach und bedeutet viel Verantwortung und viel Druck. Bei beiden spürt man das aber nie.

Pavlovic: Julian war immer so. Er hat uns immer klar gesagt, was er haben will und was er von uns erwartet. Dass er das nun wieder so offen kommuniziert, finde ich gut.

Bundestrainer Julian Nagelsmann mit Aleksandar Pavlovic
Bundestrainer Julian Nagelsmann mit Aleksandar Pavlovic Imago

In der Nationalmannschaft haben Sie die letzten beiden Spiele von Beginn an und fast über die gesamte Zeit bestritten. Sehen Sie sich schon als Stammspieler?

Pavlovic: Der Definition nach könnte ich ‚Ja‘ sagen, oder? Aber ich schaue wirklich von Spiel zu Spiel, von Training zu Training. Jeder Moment ist eine Chance, dem Trainer die Entscheidung so leicht wie möglich zu machen, mich aufzustellen.

In der vergangenen Saison wurden Sie noch oft von Erkrankungen oder kleineren Verletzungen ausgebremst. Themen, die Sie endlich ad acta legen können. Wie sehr hat Sie es gestört, als "anfällig" zu gelten?

Pavlovic: Ich war nie anfällig, ich hatte nie eine Muskelverletzung oder sowas. Das waren immer Verletzungen, für die man nichts kann. Beim Schlüsselbeinbruch hat mich jemand geschubst und ich bin draufgefallen. Beim Bruch der Augenhöhle habe ich einen Ellbogen abbekommen.

Solche Dinge passieren im Fußball. Aber deswegen bin ich ja nicht anfällig. Aktuell läuft es super, ich bin topfit und gesund. Toi, toi, toi, dass es so bleibt.

In der Jugend waren Sie oft der Kleinste. Sie haben mal gesagt: "Ich kam spät in die Pubertät, war körperlich schwach. Die anderen hatten schon alle Bärte und ich war gefühlt noch 1,20 Meter!" War diese Erfahrung etwas, das Ihnen langfristig geholfen hat?

Pavlovic: Ja, auf jeden Fall. Das waren Zeiten, in denen ich es nicht so einfach hatte. In der U15 habe ich nicht so viel gespielt, war immer der Kleinste und Schwächste. Da habe ich aber auch gelernt, mit solchen Situationen umzugehen und mich trotzdem durchzusetzen. Ich bin immer drangeblieben, habe hart an mir gearbeitet und bin dann etwas später als die anderen noch gewachsen.

Wie der Mensch Aleksandar Pavlovic tickt

Ist diese Körperlichkeit noch immer ein Thema, an dem Sie viel arbeiten?

Pavlovic: Ja, absolut. Wir haben bei Bayern super Athletiktrainer, die ein tolles Programm für uns haben. Es ist alles gut getaktet, ob Kraftraum oder für Beweglichkeit. Physio ist für die Muskeln ebenfalls sehr wichtig. Ich bin da auf einem ganz guten Weg.

Gestern beim Training waren 4.000 Fans, überwiegend Kinder, dabei, die die Namen der Spieler geschrien haben – viele auch Ihren. Wie gehen Sie mit dieser Berühmtheit um?

Pavlovic: Ich find’s schön, wenn vor allem Kinder unsere Namen rufen. Ich war da nicht anders, als ich klein war. Aber wir alle sind nicht nur Fußballer, sondern auch Menschen. Das vergisst man leider oft. Ich wurde so erzogen, bodenständig zu bleiben. Ich bin nichts Besonderes, das Wort ‚Berühmtheit‘ gilt für mich nicht.

Sie sagen es schon: Sportler werden oft auf ihre Rolle auf dem Platz reduziert und wahrgenommen. Wie möchten Sie als Mensch gesehen werden?

Pavlovic: Als ganz normaler Mensch. Ein cooler, lustiger Typ, der immer nett ist.

Gibt es besondere Werte oder Lebensregeln, nach denen Sie sich richten?

Pavlovic: Immer freundlich sein, immer nett grüßen. Das sind für mich Selbstverständlichkeiten, die jeder haben sollte.

Aleksandar Pavlovic macht beim DFB-Training in Wolfsburg Fotos mit Fans.
Aleksandar Pavlovic macht beim DFB-Training in Wolfsburg Fotos mit Fans. Imago

Welche Person – ob im Fußball oder im Privaten – hat Sie menschlich am meisten geprägt?

Pavlovic: Mein Idol ist Cristiano Ronaldo. Seitdem ich klein bin, schaue ich zu ihm hoch. Dieser Arbeitswille und dieses ‚Niemals Aufgeben‘ haben mich sehr geprägt. Er hat damit alles erreicht, was es zu erreichen gibt.

Vom Wesen ist Cristiano Ronaldo aber ein etwas anderer Typ als Sie. Ist diese sehr selbstbewusste Art, manche würden es gesunde Arroganz nennen, etwas, das sie lernen wollen?

Pavlovic: Nein, so ein Typ werde ich nie sein. Ich brauche nicht so viel Aufmerksamkeit. Ich will nur auf dem Platz zeigen, was ich draufhabe.

Jetzt stehen noch zwei sehr wichtige WM-Qualifikationsspiele für das DFB-Team an. Der Druck bleibt bis zum Schluss groß. Nach der Niederlage in Bratislava gab es hierzulande schon Panik, die WM im schlimmsten Fall zu verpassen. Gab es solche Ängste auch in der Mannschaft?

Pavlovic: Wir haben dieses eine Spiel verloren und das war auch einfach nicht gut von uns. Punkt, Aus. Da gibt es keine Ausreden. Am Ende wissen wir aber, was wir können, was wir besser machen müssen und auch wozu wir in der Lage sind. In den letzten Länderspielen ist uns das schon teilweise gelungen. Jetzt bin ich mir sicher, dass wir auch in den letzten beiden Spielen alle alles geben und keine Zweifel aufkommen lassen.

Die WM-Euphorie ist hierzulande nach den letzten Auftritten allerdings wieder etwas gesunken. Die Hoffnung, den Titel zu gewinnen, ist eher gering. Können Sie das verstehen?

Pavlovic: Es ist noch viel Zeit. Wenn wir alle an einem Strang ziehen, ist alles möglich. Und es kann nur helfen, wenn Fans und Mannschaft gute, positive Laune haben.

WM-Titel oder Champions-League-Sieg mit Bayern? "Beides!"

Wie ist denn die Laune in der Mannschaft? 

Pavlovic: Die ist schon mal sehr gut!

Welche Ziele haben Sie persönlich noch für das kommende Jahr?

Pavlovic: Klarer Stammspieler beim FC Bayern und in der Nationalmannschaft. Und mein Ziel ist, das habe ich schon mal gesagt, ich will der beste Sechser der Welt werden.

Sie müssen sich entscheiden: Nächstes Jahr Champions-League-Titel mit Bayern oder WM-Titel mit der Nationalmannschaft?

Pavlovic: Beides!

Das zählt nicht.

Pavlovic: Das ist für mich schwer zu sagen. (Überlegt)

Ich glaube, die Bayern-Fans wären Ihnen nicht allzu böse, wenn Sie sich für den Weltmeistertitel entscheiden…

Pavlovic: Ja, aber noch lieber sind Fans zwei Titelfeiern als eine. Und da ich genauso ticke, bleibe ich dabei und sage, ich möchte am liebsten beides gewinnen (lacht).