"Was ist das für eine Waffenruhe?": Mindestens 60 Tote nach blutiger Nacht in Gaza

In der Nacht zu Mittwoch haben israelische Luftangriffe auf den Gazastreifen mindestens 60 Menschen das Leben gekostet, darunter zahlreiche Kinder. Das berichten lokale Krankenhausmitarbeiter laut der Nachrichtenagentur AP.

Die Angriffe gelten als die schwerste Eskalation seit Beginn des Waffenstillstands am 10. Oktober. Besonders betroffen waren die Städte Deir al-Balah und Khan Younis im Süden des Gazastreifens. Allein im Aqsa-Krankenhaus in Deir al-Balah wurden zehn Leichen eingeliefert, darunter drei Frauen und sechs Kinder. Im Nasser-Krankenhaus in Khan Younis zählte man 20 Tote, darunter 13 Kinder. Auch das Al-Awda-Krankenhaus meldete 30 Todesopfer, von denen 14 Kinder waren.

Netanjahu ordnet „mächtige Schläge“ an

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hatte die Angriffe angeordnet, nachdem es am Dienstag zu einem tödlichen Zwischenfall in Rafah gekommen war. Ein israelischer Soldat wurde dort bei einem Angriff getötet. Israel macht die Hamas für den Vorfall verantwortlich und wirft der Organisation vor, den Waffenstillstand gebrochen zu haben.

Netanjahu sprach von einer „klaren Verletzung“ der Vereinbarung, die unter anderem die Rückgabe von Geiseln durch die Hamas vorsieht. Laut „AP“ wirft Israel der Hamas zudem vor, die Übergabe von Leichenteilen eines zuvor getöteten israelischen Soldaten inszeniert zu haben.

Krankenhäuser am Limit

Die Krankenhäuser im Gazastreifen kämpfen mit der Versorgung der zahlreichen Verletzten und Toten. Vor den Eingängen stauen sich Krankenwagen und Fahrzeuge mit Leichen. Augenzeugen berichten von chaotischen Zuständen.

„Sie haben direkt neben uns getroffen, alles stürzte über uns zusammen“, sagte eine Frau vor dem Aqsa-Krankenhaus. In einem Flüchtlingslager in Deir al-Balah fanden Bewohner am Morgen die Leiche eines Kindes unter den Trümmern eines zerstörten Zeltes. „Was ist das für eine Waffenruhe?“, fragte eine Überlebende verzweifelt.

Verwundete Palästinenser, darunter auch Kinder, suchen nach den israelischen Angriffen Hilfe im Al-Awda-Krankenhaus.
Verwundete Palästinenser, darunter auch Kinder, suchen nach den israelischen Angriffen Hilfe im Al-Awda-Krankenhaus. picture alliance / Anadolu | Hassan Jedi

Trump stellt sich hinter Israel und droht der Hamas

US-Präsident Donald Trump, der sich derzeit auf einer Asienreise befindet, verteidigte die israelischen Angriffe. „Israel sollte zurückschlagen, wenn seine Truppen angegriffen werden“, sagte er gegenüber Journalisten an Bord der Air Force One. Gleichzeitig zeigte er sich optimistisch, dass der Waffenstillstand Bestand haben werde. Sollte sich die Hamas jedoch nicht an die Vereinbarungen halten, werde sie „ausgelöscht“, so Trump.

Hamas weist Vorwürfe zurück

Die Hamas bestreitet jegliche Verantwortung für den tödlichen Angriff in Rafah und beschuldigt Israel seinerseits, den Waffenstillstand gebrochen zu haben. „Die gewaltsamen Angriffe Israels sind eine klare Verletzung der Abmachung“, erklärte die Organisation und forderte Vermittler auf, Druck auf Israel auszuüben.