„Welcher Teufel reitet Euch?“ Hensel-Firma steht im Fokus des Block-Streits

Auf öffentlicher Bühne am Landgericht Hamburg verhandeln Christina Block und Stephan Hensel weit mehr als nur die Entführung der gemeinsamen Kinder Klara und Theodor. 

Je weiter der Prozess voranschreitet, desto mehr rückt auch die lange Vorgeschichte des erbarmungslosen Familienstreits in den Fokus – und die Frage, wie es überhaupt zum Bruch gekommen ist. Hensel stand mit der Hochzeit im Jahr 2005 nicht nur als Ehemann an der Seite der Block-Tochter aus dem millionenschweren Firmenimperium. 

Steak-Patriarch Eugen Block band den gelernten Bankkaufmann eng in die Familiengeschäfte ein: zuerst als kaufmännischer Leiter und Leiter der Logistik, dann als Geschäftsführer zweier Unternehmen aus der Gruppe. Ab 2009 unterscheiden sich die Darstellungen jedoch erheblich.

Hensel verlässt Block-Gruppe 2009

Gesichert ist, dass Hensel die Unternehmensgruppe verlassen hat. Nach Darstellung von Eugen Block soll es zu „vielen belegten Unregelmäßigkeiten“ gekommen sein, wie die "Welt" berichtet. Die Zeitung beruft sich auf ein Schreiben des Unternehmers an ein dänisches Gericht von Anfang Oktober dieses Jahres. 

Block berichtet von Drohungen und Falschbehauptungen über Kollegen sowie unkollegialem Verhalten. Der damalige Aufsichtsrat habe sich deshalb gezwungen gesehen, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Details nennt Block jedoch nicht. Hensel bestreitet die Vorwürfe.

Blocks Schilderungen widersprechen dem Arbeitszeugnis, das er 2009 selbst für Hensel unterschrieben hat. Das Dokument liegt FOCUS online ebenso wie der "Welt" vor. „Herr Hensel erfüllte unsere hohen Erwartungen in bester Weise und stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“, heißt es da etwa voll des Lobes. Von Fehlverhalten keine Spur. Vielmehr wird er als „allseits geschätzter Ansprechpartner“ mit einem vorbildlichen Verhalten gewürdigt.

Damit scheidet Hensel zwar aus der Block-Gruppe aus, bewegt sich aber weiterhin im Firmenuniversum. Noch während eines zweijährigen Intermezzos bei einem Hamburger Fleischhändler steigt er als geschäftsführender Gesellschafter bei der strauchelnden Meat Factory ein. 

Der Fleischportionierer besteht selbst aus drei Unternehmen und beliefert nach Informationen von FOCUS online auch die Block-Gruppe. Hensel engagiert sich vor allem im Vertrieb und investiert rund 250.000 Euro – ,die er als Darlehen von Schwiegermutter Christa Block erhalten hat. Doch es läuft nicht rund.

Konkurrenz aus der eigenen Familie

Ein Grund dafür ist offenbar, dass Hensel beim Carpaccio-Geschäft Konkurrenz aus der eigenen Familie erfährt; obwohl mit Philipp Block ein Schwager ins Geschäft einsteigt und laut "Welt" 200.000 Euro investiert. 

Ein dritter Geschäftspartner – wohl ein Vertrauter Eugen Blocks – warnt den Patriarchen im Juli 2013: „Hier werden Bemühungen Unternommen(sic!), Dein Geld aus der Blockgruppe gegen Dein Geld in der Meatfactory laufen zu lassen.“ Mit den versprochenen Aufträgen von Block hätte sich das angeschlagene Unternehmen schneller erholt. 

„Nun ist eine Menge Geld verloren. Das hätte nicht passieren müssen“, heißt es weiter. Der Mitgesellschafter lobt zudem, dass sich Sohn Philipp an Hensels Seite gut entwickle. Zudem wirkten die Kosteneinsparungen. Der Schriftwechsel zeigt, dass Eugen Block offenbar nach wie vor über die unternehmerischen Aktivitäten seines Schwiegersohns mindestens im Bilde ist.

Wirklich in Fahrt kommt das Geschäft den Zahlen nach allerdings nicht. Nach einem kleinen Gewinn 2011 beträgt der Verlust ein Jahr später 80.000 Euro. Die 1,2 Millionen Euro Verlust im Jahr 2013 sind dagegen offenbar kein bloßes Missmanagement. Unter Hensels Mitführung fusionieren die drei Betriebe. 

Vor der Liquidierung schreibt die Warenhandels-Sparte im gleichen Jahr einen Gewinn von 860.000 Euro – offenbar auf Kosten der Mutterfirma, um die Altlasten zu begleichen. Dafür haben Blocks Sohn, Schwiegersohn und Geschäftspartner nun ein finanziell angeschlagenes, aber funktionierendes Unternehmen mitsamt Maschinen.

Auf die Trennung folgt der Niedergang

Von 2014 an wird es noch komplizierter. Im Frühjahr trennen sich Christina Block und Stephan Hensel. Medienberichten zufolge soll ein Streit bei der Taufe von Sohn Theodor eskaliert sein. Genau nachvollziehen lässt sich das für FOCUS online derzeit nicht.

In der Folge stehen mehrere geschäftliche Arbeitstreffen an, die Dokumentationen liegen FOCUS online in Teilen vor. „Die Kostenstruktur sei gut, es fehle an Auslastung“, heißt es da. Zudem soll Stephan Hensel ausbezahlt werden, um aus der Meat Factory auszusteigen. Nach einem gescheiterten Geschäftsführer klingt das Fazit nicht: Die Kostenstruktur sei gut, es fehle an Auslastung.

Einen Monat später wird von einem „eventuellen Ausgleich für seine unternehmerische Leistung“ gesprochen. Gegen ein Zerwürfnis mit Eugen Block spricht dessen dokumentierte Einschätzung: „Auch wenn die Arbeit von Stephan Hensel positiv zu beurteilen ist, hat die Meat Factory an sich keinen Wert. An Wert gewinnt sie erst, wenn Stephan Hensel wieder eingebunden würde.“ Anders als der Vater wolle aber Christina Block alle Firmenaktivitäten ohne ihren künftigen Ex-Mann planen.

Nebenkläger Stephan Hensel (r), Ex-Ehemann und Vater der Kinder von Christina Block, sitzt neben seinem Anwalt Philip von der Meden.
Nebenkläger Stephan Hensel (r), Ex-Ehemann und Vater der Kinder von Christina Block, sitzt neben seinem Anwalt Philip von der Meden. dpa

Auch in einem weiteren Zwischenbericht wird Hensels Wirken positiv erwähnt. Interne Prozesse entsprächen professionellen Standards, der Hygienestatus sei verbessert und der Führungsstil wertschätzend. „Produkt- und Markenentwicklung sind auf hohem professionellen Niveau“, heißt es. Bemängelt werden das fehlende Controlling und das „persönliche Ausleben“ im Managementstil.

Die Gutachter warnen vor einer Unterkapitalisierung für das angestrebte Wachstum. Zudem sollten Block und die Meat Factory nicht zwei Produktionsstandorte unterhalten – offenbar stand trotz der Trennung eine engere Einbindung des Hensel-Unternehmens im Raum. 

„Bisherige Konkurrenzverhältnisse und politische Verhaltensweisen dürfen sich im Fall der Integration nicht gegen das zu übernehmende Unternehmen wenden“, heißt es in dem Dokument mahnend. Die Integration und Weiterführung sei auch im Sinne der eingebrachten Investitionen.

Block-Kinder wollten Hensels Carpaccio-Geschäft

Die "Welt" berichtet außerdem von einer Idee Anfang 2014, die Meat Factory als eigenständiges Unternehmen zu erhalten und als Schwesterfirma der Block-Gruppe anzugliedern. 

Die drei Block-Kinder hätten dann je 25 Prozent der Anteile erhalten. Hensel wäre geschäftsführender Gesellschafter geblieben mit Umsatz- und/oder Ergebnisprovision. Auch ein Vertrag für Carpacctio-Produkte zwischen der Block-Gruppe und der Meat Factory habe im Raum gestanden. Mit dem „We are Family“-Ansatz sollte auch Disputen zwischen Block und Hensel vorgebeugt werden.

Ab 2016 rechnen die Gutachter mit einem Gewinn vor Steuern von 100.000 Euro, langfristig seien in dem aufstrebenden Nischenmarkt stabil 300.000 Euro Gewinn möglich. Nur wird es dazu nie kommen. 

Im Juni 2014 steigt Philipp Block aus dem Geschäft aus. „Leider habt ihr mich in den letzten Wochen allein gelassen“, teilt er seinen Geschäftspartnern mit und kündigt an, kein weiteres Geld mehr in das Unternehmen zu investieren. 

Der "Welt" zufolge soll es zu einem Schockmoment gekommen sein, als der Block-Sohn eine Palette Semerrollen aus Namibia auf dem Gelände gefunden habe. Das Familienunternehmen habe eigentlich nur Fleisch aus Südamerika bezogen. Aus Philipp Blocks Schreiben geht dieser Vorfall nicht hervor.

Block-Geschäftspartner warnt vor "Kriegsschauplatz"

Im gleichen Monat wendet sich der dritte Gesellschafter noch einmal an Eugen Block. Das Schreiben klingt nach einer Familienfehde auf dem Rücken eines Unternehmens: Demnach wollten die Block-Kinder die Meat Factory übernehmen, ohne Hensel künftig einzubinden. 

„Wenn es sein muss, geht man auch über die Leiche des Bruders“, kritisiert der Mitgesellschafter ein verheerendes Signal und spricht von einem hohen Preis, „um den Schwiegersohn zu entsorgen“.

Er warnt weiter vor einem Rosenkrieg vor den Augen der Öffentlichkeit, wie er später in krassester Weise bis vor dem Landgericht Hamburg ausgetragen wird. „Welcher Teufel reitet Euch?“ fragt der Geschäftspartner, der den Block-Senior duzt, und plädiert für einen Mediator. 

Es liege an Block, dass sich hier kein „Kriegsschauplatz“ entwickele, auf dem es nur Verlierer geben werde: „Die Zahl der Opfer wird sich mit Sicherheit noch erhöhen und das Schlachtfeld wird sich ebenso noch erweitern.“

Aus den Firmendaten bei „North Data“ lässt sich nachvollziehen, dass Hensel im August 2014 ausscheidet. Dafür erhält er nach Informationen von "Welt" und FOCUS online 220.000 Euro. Mit dem Geld startet Hensel nach der Trennung von Block und dem Auszug beruflich neu. In der Folge übernimmt wieder sein gerade erst ausgeschiedener Partner Philipp Block die Meat Factory. Nach einem weiteren Verlustjahr wird das Unternehmen 2017 liquidiert.

Hensel ist gegen Axel Springer gerichtlich vorgegangen

Philipp Block, Christina Blocks Sprecher und der frühere Mitgesellschafter waren am Dienstag kurzfristig für ein Gespräch nicht erreichbar. Eugen Block lehnte eine Stellungnahme zu den Vorgängen rund um die Meat Factory ab.

Im Gericht hat Christina Block ihrem Ex-Mann wiederholt vorgeworfen, wegen eines vermeintlichen Rauswurfs aus der Block-Gruppe einen Rachefeldzug gegen die Familie zu führen und nach der Trennung mehrere Millionen Euro kassiert zu haben. 

Hensel bestreitet das und ist unter anderem gegen den Axel-Springer-Verlag erfolgreich gerichtlich vorgegangen, diesen Verdacht in Berichten zu erwecken. Gegen Blocks Anwalt Ingo Bott hatte er mit einem Eilantrag allerdings keinen Erfolg. Für den kommenden Verhandlungstag am Mittwoch hat Block eine weitere Einlassung angekündigt.