Australien will mögliche Ausrichtung von COP31 in der Türkei nicht blockieren
Mittwoch, 19. November, 8.58 Uhr: Im Streit um die Ausrichtung der nächsten Weltklimakonferenz zwischen Australien und der Türkei hat die australische Regierung ein Einlenken angedeutet. "Falls Australien nicht gewählt wird, falls die Türkei gewählt wird, würden wir kein Veto dagegen einlegen wollen", sagte Australiens Regierungschef Anthony Albanese am Dienstag vor Journalisten. Eine Wahl zur Bestimmung des Gastgeberlandes der Klimakonferenz ist unter UN-Regelungen nicht vorgesehen.
Für eine Einigung muss entweder Australien oder die Türkei seine Kandidatur zurückziehen. Andernfalls findet die COP31 automatisch in Bonn statt, dem Sitz des UN-Klimasekretariats. Diese Lösung wegen eines fehlenden Konsenses wäre ein beispielloser Vorgang, den Canberra aufgrund seiner Signalwirkung vermeiden möchte. "Das wird kein gutes Signal senden über die Einigung, die es braucht, damit die Welt beim Klima handelt", sagte Albanese.
Die australische Regierung will eine mögliche Ausrichtung der Weltklimakonferenz im eigenen Land dafür nutzen, um auf die Folgen des Klimawandels im Pazifik aufmerksam zu machen. Intern gibt es Berichten zufolge jedoch auch Widerstand gegen die Veranstaltung, die Schätzungen zufolge bis zu 1,3 Milliarden Dollar (1,16 Milliarden Euro) kosten könnte.
Australien möchte die Weltklimakonferenz im kommenden Jahr in Adelaide ausrichten, die Türkei pocht auf Antalya als Ausrichtungsort. Die Entscheidung muss bis zum 21. November bei der laufenden Klimakonferenz im brasilianischen Belém fallen. Einen Vorschlag der türkischen Seite zur gemeinsamen Präsidentschaft der COP31 hatte die australische Regierung zuletzt abgelehnt.
„Ich bin wirklich verwirrt“
23.22 Uhr: Hinter den Kulissen gehen die Verhandlungen voran, am Mittwoch will die brasilianische COP-Präsidentschaft einen ersten Text für den finalen Beschluss vorstellen. Beobachter halten den Zeitplan für ambitioniert: Die Brasilianer müssten doch wissen, dass es immer Verspätungen gebe, sagt ein Beobachter. „Ich bin wirklich verwirrt“, sagt ein weiterer.
Die Delegationen der 194 Staaten sind gebeten worden, mindestens bis Mitternacht (Ortszeit) auf dem COP-Gelände zu bleiben, um für eventuelle Verhandlungen erreichbar zu sein. Eine weitere Nachtschicht gilt als wahrscheinlich.
Die wichtigsten Ereignisse des Tages im Überblick:
- Ein Brief sorgt für Verwirrung – und Ärger: COP-Präsident André Corrêa do Lago veröffentlichte am späten Montagabend einen erstaunlichen Brief – der unter den Delegationen für Unmut sorgte. Bereits bis zum heutigen Dienstagabend sollen alle Streitpunkte ausgeräumt sein, so die Ansage do Lagos, damit am Mittwoch erstmals abgestimmt werden kann. Vor allem die mächtige chinesische Delegation macht aus ihrem Ärger kein Geheimnis.
- Ran ans Netz: Gemeinsam mit vielen weiteren Staaten präsentiert Umweltminister Carsten Schneider (SPD) ein internationales Paket zum schnellen Ausbau von Stromnetzen und Speichersystemen – dem wichtigsten Nadelöhr der weltweiten Energiewende.
- Der TAFF-Plan wird zum Politikum: Mit einer aufsehenerregenden Pressekonferenz fordert eine Allianz von 80 Staaten einen verpflichtenden Fahrplan zum weltweiten Ausstieg aus den fossilen Energien. Einer der Staaten: Deutschland. Hier lesen Sie mehr zum sogenannten TAFF-Plan und seinen Hintergründen.
FOCUS online Earth meldet sich morgen wieder mit allem Wissenswertem zum Klimagipfel in Belém. Bis dann!
Dutzende Kirchen ziehen Geld aus fossilen Energien ab
20.49 Uhr: Mehr als 60 kirchliche Institutionen weltweit ziehen ihr Geld aus Anlagen in fossile Energieträger wie Kohle, Öl und Gas ab – in Deutschland sind unter anderem die Evangelische Kirche und fast alle Landeskirchen dabei. Das gaben auf der Klimakonferenz der Weltkirchenrat und das Laudato Si’ Movement bekannt sowie für Deutschland die Christians for Future, Teil der Klimabewegung Fridays for Future.
Das Umschwenken bei den Geldanlagen sei ein Signal an die rund 200 Staaten, die bis Ende der Woche in Belém im Amazonasgebiet über die Eindämmung der Klimakrise beraten, hieß es. „Es ist höchste Zeit, Investitionen aus fossilen Energieträgern abzuziehen und in eine gerechte, nachhaltige Zukunft zu investieren.“
Bereits im Juli hatten alle katholischen Bischöfe Afrikas, Asiens, Lateinamerikas und der Karibik erstmals eine Erklärung zur Klimakrise abgegeben. Gefordert wurde der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen, das Ende aller neuen Infrastrukturprojekte für Öl, Gas und Kohle sowie eine angemessene Besteuerung derjenigen, die davon profitiert haben.
Kathrin Fingerle, aktiv bei Christians for Future, erklärte: „Die Kirchen gehen weiter glaubwürdig den Weg der Klimagerechtigkeit – die Politik sollte es ihnen gleichtun.“ Beteiligt sind hierzulande den Angaben zufolge 42 Mitglieder des Arbeitskreises Kirchlicher Investoren. Darunter sind die Evangelische Kirche in Deutschland, fast alle evangelischen Landeskirchen, kirchliche Finanzinstitutionen und diakonische Werke – sowie mehrere katholische Organisationen wie die Zentraleuropäische Jesuitenprovinz, die Steyler Bank und die Pax-Bank für Kirche und Caritas.
„Wir ertrinken in dummen Hausaufgaben“
19.28 Uhr: In COP-Kreisen kennt man ihn als den Mann mit dem Hut. Aber Juan Carlos Monterrey Goméz, der Klimagesandte von Panama, ist bekannt dafür auszusprechen, was sich andere Vertreter des globalen Südens nicht trauen.
Für diese Weltklimakonferenz hat sich Goméz ein besonderes Ziel gesetzt: den Kampf gegen die Flut. Aber nicht gegen die steigenden Ozeanfluten, sondern gegen die Bürokratie-Flut. „Die Leute reden immer vom Ertrinken wegen steigender Meeresspiegel, aber keiner spricht von Bürokraten, die in dummen Hausaufgaben ertrinken“, sagte Goméz dem Nachrichtenportal Semafor.
Die ihm unterstellte Behörde in Panama müsse jedes Jahr knapp 50 Berichte zum Thema Klima für die Vereinten Nationen (UN) erstellen, erzählt Goméz, einige davon mehrere hundert Seiten lang. Gelesen werden diese Berichte am Ende von niemandem. Das stellte sogar die UN Anfang August in einem eigenen Bericht zum Thema Berichte fest.
Was albern klingt, ist gerade für Entwicklungsländer ein ernstes Problem: Denn die Erstellung der unnützen Reports erfordert jede Menge Personal und Geld. Und die in den Berichten enthaltenen Informationen sind zwar durchaus relevant, kommen bei den Entscheidungsträgern aber offenbar nicht an. Die einzigen Profiteure des Systems seien die westlichen Beratungsfirmen, die mit der Erstellung der Berichte gutes Geld verdienen, sagt Goméz.
Panamas Lösung: Alle Berichte in einem einzigen Report namens „Nature Pledge“ zusammenfassen, der dann auch hoffentlich gelesen wird. Ob der Vorschlag eine Zukunft hat, ist noch unklar. Vielleicht braucht es dafür noch ein paar Evaluationsberichte der UN.
Deutschland macht Druck für Abkehr von fossilen Energien
18.50 Uhr: Auf der Weltklimakonferenz kämpft Deutschland zusammen mit Dutzenden anderen Staaten für einen Fahrplan zur Abkehr von Öl, Gas und Kohle. Vertreter eines breiten Bündnisses traten dafür am Dienstag kurzfristig vor die Presse. Umweltminister Carsten Schneider sagte, es gehe darum, sich von fossilen Energieträgern „zu befreien“. Der SPD-Politiker ergänzte: „Wir wollen, dass diese Konferenz die Abkehr von fossilen Brennstoffen auf gerechte und inklusive Weise gestaltet.“
Die meisten seiner europäischen Freunde unterstützten den Vorstoß auch, sagte der Minister. Ausdrücklich appellierte er an die brasilianische COP30-Präsidentschaft, die Forderung in die Beschlusstexte aufzunehmen.
Dass die Welt sich von den fossilen Energieträgern verabschieden soll, hat die UN-Klimakonferenz in Dubai bereits vor zwei Jahren beschlossen – aber konkret mit Zwischenzielen und Fristen ist das nicht hinterlegt. Das Thema eines Fahrplans hatte dann in Belém überraschend der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva aufgebracht.
Unterstützung kam in den vergangenen Tagen unter anderem von Dänemark, Kolumbien, Großbritannien sowie Kenia. Zunächst waren die Forderungen der Gruppe im Detail nicht bekannt, ebenso gab es keine abschließende Liste der unterstützenden Staaten. Kenias Klimabotschafter Ali Mohamed sagte: „Die Dringlichkeit der Klimakrise lässt keinen Aufschub zu. Die Wissenschaft ist eindeutig, und die Auswirkungen sind jeden Tag zu spüren.“
mit Agenturmaterial
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