Drohnen fliegen über Deutschland, der russische Angriffskrieg in der Ukraine hält an und Deutschland diskutiert und streitet aus diesem Grund über die Wiedereinführung der Wehrpflicht. Im Bundestag und innerhalb der Regierungskoalition gibt es weiterhin Unstimmigkeiten, wie ein mögliches Gesetz dazu aussehen soll. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) lehnte zuletzt Vorschläge ab.
Wehrpflicht: Mehrheit der Bürger ist dafür
Laut einer exklusiven Civey-Umfrage für FOCUS online sind 66 Prozent der Bürger dafür, die Wehrpflicht wieder einzuführen. 26 Prozent sind nach wie vor dagegen und 8 Prozent sind noch unentschieden.
Je älter die Befragten, desto größer die Zustimmung. Bei den über 65-Jährigen sind 74 Prozent dafür. In der Gruppe der 18- bis 29-Jährigen stimmen nur 51 Prozent der Wiedereinführung der Wehrpflicht zu. Die Zustimmung in Westdeutschland ist größer als in Ostdeutschland, wenngleich in beiden Landesteilen eine Mehrheit für die Wiedereinführung ist. Die Anhängerschaften von CDU/CSU, SPD, Grüne, AfD und FDP sind mehrheitlich für die Wiedereinführung. Die Anhängerschaften von BSW und Linke sind mehrheitlich dagegen.
Civey-Umfrage: Wehrpflicht sollte für Frauen gelten
67 Prozent meinen, dass die Wehrpflicht, sollte sie wieder eingeführt werden, auch gleichermaßen für Frauen gelten sollte. Die Zustimmung ist in allen Altersgruppen stark ausgeprägt, wenngleich die jüngeren Befragten sich öfter dafür aussprechen. Während rund 77 Prozent der Männer dafür sind, dass eine allgemeine Wehrpflicht auch für Frauen gelten sollte, stimmen dem nur rund 57 Prozent der Frauen zu.

Das deutliche Meinungsbild hat damit zu tun, dass eine knappe Mehrheit der Bürger eine Bedrohung durch Russland für real hält. 43 Prozent der Befragten meinen, dass Russland in den kommenden fünf Jahren ein oder mehrere Nato-Länder überfällt. 40 Prozent halten das für unwahrscheinlich und 17 Prozent sind bei der Antwort auf die Frage unentschieden.
Sorgen vor Angriff Russlands
Insbesondere die jüngeren Deutschen rechnen nicht mit einem zeitnahen Angriff Russlands auf Nato-Staaten. Die Menschen im Osten des Landes machen sich weniger Sorgen um einen Angriff Russlands (30 Prozent) als die Menschen im Westen Deutschlands (46 Prozent). Vor allem die Parteianhängerschaften von Grünen, CDU/CSU und SPD zeigen sich besorgt.
Allerdings sind die wenigsten dafür, dass sich Familienmitglieder mit militärischer Ausbildung freiwillig für einen Kampfeinsatz melden. Nur 18 Prozent der Befragten würden einem Angehörigen empfehlen, freiwillig gegen Putins Truppen zu kämpfen. 68 Prozent würden das nicht empfehlen. 44 Prozent würden einem Angehörigen mit militärischer Ausbildung sogar raten, sich in Sicherheit zu bringen.
Ein ähnliches Bild ergibt sich für Menschen mit medizinischer Ausbildung. Etwa sechs von zehn Deutschen würden einem Familienmitglied (ab 17 Jahren) mit medizinischer Ausbildung nicht empfehlen, sich freiwillig für einen Einsatz in einem möglichen Konflikt mit Russland zu melden. Das sind 21 Prozent. 43 Prozent würden einem Familienmitglied mit medizinischer Ausbildung raten, sich im Konfliktfall mit Russland in Sicherheit zu bringen.
Civey hat für FOCUS online vom 14. Oktober bis zum 16. Oktober online rund 5.000 Bundesbürgerinnen und Bundesbürger ab 18 Jahren befragt.