Knickt die Junge Gruppe der Unionsfraktion ein – oder knackt es in der Schwarz-Rot-Koalition? Keine 24 Stunden mehr, und die Sache wird entschieden sein: 18 junge Bundestagsabgeordnete haben es am Dienstag in der Hand, ob die Unionsfraktion den Weg für das Rentenpaket von Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) frei macht.
Der Showdown entscheidet aber nicht nur darüber, ob die Union geschlossen hinter dem durch einen schmalen Begleittext erweiterten Gesetzentwurf steht. Die Testrunde wird auch zeigen, wie gut der Fraktionsvorsitzende Jens Spahn seine Truppe – noch oder wieder – im Griff hat.
Nach der verpatzten Richterinnenwahl kann sich Spahn kein zweites Abstimmungs-Desaster innerhalb der eigenen Partei leisten. Die jungen Renten-Revoluzzer gefährden mit ihrem Nein also nicht nur die Koalition, sondern auch die Zukunft von Jens Spahn in der Union.
Jens Spahn bei „Miosga“: „Jede Entscheidung hat Folgen“
Diese Gemengelage motiviert den Unionspolitiker offenbar zu besonderen Mitteln. In Einzelgesprächen, so einige Abgeordnete, habe Spahn nicht nur Pizza serviert, sondern außerdem angedeutet, sie könnten etwa ihre Listenplätze verlieren, wenn sie weiter querschießen.
In ihrem Sonntags-Talk will Moderatorin Caren Miosga es deshalb genau wissen: Hat Jens Spahn tatsächlich der Jungen Gruppe gedroht?
Das verneint der CDU-Politiker zunächst: „Ich führe einfach freundliche, klare Gespräche, ich drohe nicht.“ Dennoch sei es natürlich „das Normalste“, dass in Einzelgesprächen mit den Abgeordneten „über Szenarien und Konsequenzen“ geredet werde. „Konkret“ sei er dabei nicht geworden. Doch ein junger Mensch mit etwas Fantasie kann auch aus Unkonkretem viel herauslesen. Etwa, wenn Spahn Dinge sagt wie diese: „Jede Entscheidung hat Folgen. Da kann sich keiner von freimachen.“
Unions-Logik: Fakten schaffen, um sie dann zu ändern
Spahns Überredungstaktik baut aber nicht allein auf subtilen Drohungen auf. Eine Verabschiedung des Rentenpakets würde erst Änderungen möglich machen, verspricht er, denn: „Wie soll aus einer Ablehnung anschließend eine größere Reformfähigkeit entstehen als bei einer Zustimmung?“
Eine Argumentation, die in ihrem Irrwitz viel über die Hilflosigkeit der Union in der Rentenfrage erzählt. Denn wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich die SPD nach Verabschiedung des Rentenpakets plötzlich diskussionsbereit zeigt, nur weil eine Expertenkommission die Sinnhaftigkeit des Gesetzes nachträglich infrage stellt?
Argumentationshilfe bekommt die Junge Gruppe bei „Caren Miosga“ von Ökonom Clemens Fuest, der es für wenig sinnvoll hält, erst ein Rentenpaket zu verabschieden und danach die Experten zu befragen. Eine bestechende Logik. Der Präsident des ifo-Instituts redet da nicht lange drumherum: „Das ist eine Alibi-Veranstaltung, mit der jetzt die Leute beruhigt werden.“
Wie wichtig ist der Jungen Gruppe die Karriere?
Fuests Experten-Urteil steht bereits fest: Die Renten und Pensionen müssen künftig langsamer steigen als die Löhne, die Lebensarbeitszeit muss sich erhöhen. Aktuell allerdings steuere man mit dem Rentenpaket in die komplett falsche Richtung. Und noch schlimmer: „Ich sehe keine Chance, dass diese Koalition eine Rentenreform macht, die in die richtige Richtung geht.“
Beim Showdown am Dienstag geht es nicht allein darum, ob sich die Unionsabgeordneten lieber mit den Rentnern oder mit dem Koalitionspartner anlegen. Oder darum, ob Jens Spahn weiterhin Fraktionsvorsitzender der Union bleiben darf.
Spannend wird vor allem die Frage, was den Rebellen aus der Jungen Gruppe wichtiger ist: Generationengerechtigkeit – oder die persönliche Karriere?