Japans Premier bei Trump: Es geht um China, Russland, Nordkorea
Als zweiten ausländischen Regierungschef empfängt Donald Trump heute Japans Premier Ishiba. Den treibt die Sorge um, dass sein Land in die Schusslinie des unberechenbaren US-Präsidenten gerät.
Vielleicht ist die größte Schwäche des japanischen Premierministers, dass er kein guter Golfspieler ist. Am Freitag wird Shigeru Ishiba erstmals auf Donald Trump treffen, seines Zeichens US-Präsident und Golfclubbesitzer, und viele Beobachter erinnern in diesen Tagen gerne daran, wie es Ishibas Vorgänger Shinzo Abe einst gelungen war, Trump mit seinen Golfkünsten um den Finger zu wickeln.
Trump hatte schon während seiner ersten Amtszeit immer wieder gefordert, Japan müsse mehr für die eigene Verteidigung tun, mehr US-Waffen kaufen und seinen Handelsüberschuss verringern. Zudem waren Trump die Kosten für die mehr als 50.000 US-Soldaten, die in Japan stationiert sind, ein Dorn im Auge.
Als Abe dem US-Präsidenten dann aber wenige Tage nach dessen Wahl im November 2016 einen Besuch abstattete, als erster ausländischer Staatschef, und ihm einen vergoldeten Golfschläger überreichte, war ein freundschaftlicher Ton gesetzt, der die kommenden Jahre anhalten sollte. Die Beziehungen zwischen den USA und Japan seien ein „Eckpfeiler des Friedens“, schwärmte Trump damals sogar. Die Probleme, die Trump mit Japan hatte, waren zwar nicht verschwunden, sie ließen sich aber managen.
Donald Trump tritt aggressiv auf – auch gegenüber Japan?
Shigeru Ishiba dürfte sich nun schwertun, Abes diplomatisches Kunststück zu wiederholen. Eine lockere Runde auf dem Golfplatz steht während des zweitägigen USA-Besuchs des Japaners nicht auf dem Programm, und auch sonst könnte der etwas steife Ishiba seine Schwierigkeiten haben, den leutseligen Trump von sich zu begeistern.
Zumal er auf einen US-Präsidenten trifft, der deutlich aggressiver auftritt als noch vor acht Jahren – siehe Grönland, Gaza, Panama. Zwar hat sich Trump bislang mit Forderungen in Richtung Japan zurückgehalten; von Südkorea aber, wie Japan ein enger Verbündeter von Washington, forderte er im Wahlkampf fast zehnmal so viel Geld für die dort stationierten US-Truppen. Gut möglich, dass er demnächst auch Tokio zur Kasse bitten wird.
Trump fühlt sich von den Partnern der USA, in Asien wie in Europa, übervorteilt. Die USA würden auf Kosten der amerikanischen Steuerzahler für die Sicherheit ihrer Verbündeten sorgen, klagt er immer wieder. Tatsächlich erkennt auch Ishiba ein gewisses Ungleichgewicht. Den jahrzehntealten Verteidigungsvertrag zwischen beiden Länder bezeichnete er im vergangenen Jahr als „asymmetrisch“, weil die USA Japan im Konfliktfall verteidigen müssten, umgekehrt Tokio aber keine derartige Verpflichtung eingegangen ist. Stattdessen stellt Japan den USA lediglich mehrere Militärstützpunkte zur Verfügung. „Die Zeit ist reif, den Vertrag zu ändern“, verkündete Ishiba und brachte eine Stationierung japanischer Soldaten auf der Insel Guam ins Spiel, einem US-Territorium südlich von Japan.
Meine News
China, Nordkorea, Russland: Japan sieht sich bedroht
Andere in Japan, vor allem auf der Insel Okinawa, wo die meisten der US-Soldaten stationiert sind, würden die amerikanischen Truppen hingegen am liebsten ganz loswerden. Geschweige denn eigene Soldaten nach Guam schicken. Zumal sich Japan ohnehin in den vergangenen Jahren immer mehr von seiner pazifistischen Verfassung entfernt hat. Fumio Kishida, Ishibas direkter Vorgänger im Amt des Premierministers, hatte Japan vor gut zwei Jahren eine eigene Zeitenwende verordnet. So soll unter anderem der japanische Verteidigungshaushalt verdoppelt werden, worauf Ishiba in Washington sicherlich hinweisen wird.
Japan sieht sich mit einem zunehmend schwierigen Umfeld konfrontiert: Mit China streitet Tokio um eine kleine Inselgruppe im Ostchinesischen Meer, zudem droht die Volksrepublik damit, Taiwan anzugreifen, einen direkten Nachbarn Japans. Und in Nordkorea feuert Diktator Kim Jong-un wieder mehr Raketen ab, die auch Japan treffen könnten. Zuletzt hatte Japan Ende Januar zudem russischen Kampfbomber vor seiner Küste gesichtet. Ohne die Amerikaner an der Seite wäre Tokio diesen Bedrohungen weitgehend hilflos ausgeliefert, so sieht es Ishiba. Andere hingegen sagen: Es ist die Anwesenheit der US-Truppen, die Japan zur möglichen Zielscheibe machen.
Ishiba wird Trump ein Angebot machen müssen
Ishiba jedenfalls wird Trump zu überzeugen versuchen, Japan weiterhin zur Seite zu stehen. Und da er weiß, dass Trump vor allem ein Geschäftsmann ist, hat er mehrere Deals für den neuen US-Präsidenten im Gepäck. So will er Berichten zufolge anbieten, mehr Gas aus den USA zu kaufen, um das Handelsungleichgewicht zu verringern. Auch eine geplante 44 Milliarden Dollar teure Gaspipeline in Alaska könnte Japan finanziell unterstützen; über die Pipeline soll Gas für Abnehmer in Asien transportiert werden. Zudem werde Ishiba im Weißen Haus die Botschaft platzieren, dass japanische Unternehmen für unzählige Jobs in den USA verantwortlich sind, hieß es im Vorfeld des Besuchs.
Was Ishiba unbedingt verhindern will: dass Trump auch im Umgang mit Japan die Zollkeule auspackt. Denn das Land steht auch so vor enormen wirtschaftlichen Herausforderungen. Das Wirtschaftswachstum ist gering, die Bevölkerung altert rapide. Donald Trumps isolationistische Handelspolitik könnte Japans exportorientierter Wirtschaft weiter zu schaffen machen. Auch ohne gemeinsames Golfspielen, so hofft Shigeru Ishiba, lässt sich Trump auf einen Deal mit ihm ein.