GDL-Bahnstreik: Wieso der Konkurrenzkampf auch künftig allen schaden wird

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Die GDL legt im Streik die Bahn lahm. Die kleine Gewerkschaft mit ihrem Chef Weselsky ist mächtig und wird auch künftig nicht zurückstecken, prognostiziert ein Experte.

Berlin – Bei der Bahn geht nicht mehr viel. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) geht im Tarifstreit in die Vollen und ruft zum Streik auf. Anders als in vielen Branchen kämpfen bei der Bahn zwei konkurrierende Gewerkschaften um die Vorherrschaft und streiken separat. Die deutlich kleinere GDL vertritt im Arbeitskampf nur wenige Bahnmitarbeiter – tritt aber umso offensiver auf. Dabei verhärten sich die Fronten zunehmend, zumindest so lange der streitbare GDL-Chef Klaus Weselsky im Amt ist, sagt Streikexperte Heiner Dribbusch: Ein Ende des erbitterten Konkurrenzkampfs wäre „für alle Beschäftigten besser“.

Obwohl die GDL nur knapp 40.000 Mitglieder hat und damit deutlich kleiner als die konkurrierenden Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) mit über 180.000 Mitgliedern ist, legt sie die Bahn im Arbeitskampf lahm. Denn wie der Name schon nahelegt, sind in der GDL größtenteils Lokführer und Zugbegleiter organisiert, ohne die die Bahn im aktuellen Streik nur noch notdürftig Züge mit ausreichend Personal besetzen kann. In den derzeit ausgesetzten Tarifverhandlungen zwischen Bahn und der Gewerkschaft fordert die GDL eine Reduzierung der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich und eine Inflationsausgleichsprämie. Laut Heiner Dribbusch sind aber nicht allein die GDL-Forderungen das Problem der zunehmenden Bahnstreiks.

Wegen der Gewerkschafts-Konkurrenz kann ein Bahnstreik dem nächsten folgen

„Arbeitskampf ist wichtig und dabei gibt es immer zwei Seiten. Nicht die GDL führt alleine den Tarifstreit, auch die Deutsche Bahn ist verantwortlich für die Situation“, sagt Dribbusch. Er hat als Tarif- und Arbeitskampfexperte beim Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der Hans-Böckler-Stiftung gearbeitet, jüngst ein Buch zum Thema Streik veröffentlicht. Ihm zufolge sind die Streitereien zwischen Bahn, GDL und EVG Grund für eine Situation, in der alle Beteiligten verlieren – inklusive der Bahnfahrer.

Das Problem für Bahn und Kunden ist, dass GDL und EVG jeweils unterschiedliche Angestellte vertreten. Bei den insgesamt rund 300 Bahnbetrieben stellt die GDL nur in 17 davon die Mehrheit der Gewerkschaftsmitglieder. Wegen des Tarifeinheitsgesetzes gilt für Angestellte immer der Tarif, der im jeweiligen Betrieb stärksten Gewerkschaft. Selbst wenn sich GDL und Bahn einigen, sind davon somit nur wenige Mitarbeiter betroffen. Die EVG führt für die von ihnen vertretenen Mitarbeiter eigene Verhandlungen, kann separat zu Streiks aufrufen. Für Bahnkunden bedeutet das ein doppeltes Risiko, auf andere Verkehrsmittel umsteigen zu müssen, weil ein Streik dem nächsten folgen kann.

GDL-Chef Weselsky wirft EVG vor, „mit der Bahn im selben Boot zu sitzen“

Diese komplizierte Dreieckskonstellation führt seit Jahren zu einem Konkurrenzkampf der Gewerkschaften. Jede buhlt um mehr Mitglieder und damit um die mächtigere Position in Tarifverhandlungen. Absprachen, dass die Gewerkschaften mit einer starken Stimme für einheitliche Lösungen kämpfen, gibt es nicht. Besonders GDL-Chef Weselsky geht immer offensiver vor, weiß Streikexperte Dribbusch. „Weselsky trägt weiter zur Spaltung bei, er unterstellt der EVG sogar, mit der Bahn im selben Boot zu sitzen. Solange Weselsky GDL-Vorsitzender ist, wird es keine Annäherung geben.“

Das 2015 beschlossene Tarifeinheitsgesetz sollte der Möglichkeit der mehrfachen Lahmlege-Strategie durch Gewerkschaften eigentlich ein Ende bereiten. Die Idee: Wenn immer nur ein Tarif gilt, vereinigen sich Beschäftigte auch unter dieser Gewerkschaft. Kritiker bezeichnen das Gesetz als „Lex GDL“ und sahen darin den Versuch, die schon 2014 flächendeckend organisierten GDL-Streiks künftig zu verhindern. Wegen der Vielzahl an Bahnbetrieben geht die Rechnung auf der Schiene allerdings nicht auf.

Trübe Zukunftsaussichten für Bahnfahrer

Streikexperte Dribbusch hat auch für die nahe Zukunft wenig Hoffnung auf Besserung. „Natürlich wäre es für alle Beschäftigten besser, wenn die Gewerkschaften zusammenarbeiten würden“, sagt er. „Sowohl bei der GDL und der EVG gibt es auch Menschen, die das so sehen; momentan ist das Verhältnis aber einfach zu zerrüttet.“

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