Neues Rentenpaket der Ampel soll Rente „stabilisieren“ – doch es reicht nicht

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Mit dem Rentenpaket II soll die Rente langfristig abgesichert werden. Doch wird das ausreichen, um die demografischen Herausforderungen zu meistern?

Berlin – Die lang ersehnte Verabschiedung des Haushalts 2024 steht endlich bevor. Danach kann sich die Bundesregierung auch wieder mit neuen Themen befassen. Die Umsetzung des Rentenpakets II soll nach dem Willen von Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil (SPD) dazu gehören, wie er jüngst in der Rheinischen Post angekündigt hat. „Der Gesetzentwurf liegt vor und soll nach dem Haushaltsbeschluss zügig auf den Weg kommen. Wir stabilisieren die Rente und sichern das Rentenniveau ab“, teilte er der Zeitung mit.

Das Rentenpaket, das seit Monaten in Aussicht gestellt wird, zielt darauf ab, die Renten langfristig angesichts der demografischen Veränderungen zu sichern. Doch was bedeutet das konkret für die Bürger? Und sind die Pläne der Ampel-Koalition ausreichend, um die Herausforderungen der gesetzlichen Rente zu bewältigen?

Aktienrente und Rentenniveau sichern: Das ist der Ampel-Plan

Die Ampel-Koalition plant, mit dem Rentenpaket eine bestehende Haltelinie für das Rentenniveau von 48 Prozent im Verhältnis zu den Löhnen langfristig zu sichern. Einfach ausgedrückt, soll dies bedeuten, dass Rentner im Durchschnitt mindestens 48 Prozent ihres vorherigen Lohns als Rente erhalten sollen. In der Praxis sieht das oft anders aus, aber das Rentenniveau ist eine wichtige Kennzahl zur Bestimmung des Rentendurchschnitts. Aktuell gilt diese sogenannte Haltelinie für das Absicherungsniveau der gesetzlichen Rente bis 2025. Das neue Rentenpaket soll also eine rechtliche Grundlage für die Zeit danach schaffen.

Zum Rentenpaket gehören auch Pläne für eine Aktienrente (Generationenkapital), die dazu beitragen soll, die Rentenversicherung langfristig zu entlasten. Es ist vorgesehen, aus öffentlichen Mitteln schrittweise ein Kapitalstock aufzubauen, dessen Erträge zur Stabilisierung der Rentenbeiträge und des Rentenniveaus verwendet werden sollen.

SPD-Bundesparteitag
Hubertus Heil (SPD), Bundesminister für Arbeit und Soziales, spricht beim ordentlichen Bundesparteitag. © Kay Nietfeld/dpa

Die Aktienrente soll insbesondere dazu beitragen, dass die Beiträge, die alle Arbeitnehmer in die Rentenversicherung einzahlen, nicht zu schnell steigen müssen. Derzeit zahlen Arbeitnehmer und Arbeitgeber jeweils 18,6 Prozent des Bruttolohns in die Rentenkasse ein. Aufgrund des demografischen Wandels stehen jedoch immer mehr Rentner immer weniger Beitragszahlern gegenüber.

Rente langfristig finanzieren: Das sind die Möglichkeiten

Um sicherzustellen, dass die vielen Rentner überhaupt noch eine ausreichende Rente erhalten können, muss die Finanzierung der Rentenkasse neu organisiert werden. Es gibt im Wesentlichen folgende Möglichkeiten:

  • Beiträge erhöhen: Laut Rentenversicherung müsste der Beitragssatz spätestens 2030 auf 20 Prozent steigen, wenn das Rentenniveau bei 48 Prozent bleiben soll
  • Bundeszuschuss erhöhen: 2024 plant die Bundesregierung Ausgaben in Höhe von 126 Milliarden Euro für die Rentenversicherung. Das entspricht ein Anteil von 28 Prozent des Gesamthaushalts – also schon jetzt geht ein dicker Batzen Geld jedes Jahr in die Rentenkasse
  • Andere Finanzierungsmöglichkeiten schaffen: Die Ampel-Koalition will deshalb die Aktienrente einführen, um die Rentenkasse zu füllen; diskutiert wird aber auch oft über die Erhöhung der Beitragszahler, z.B. wenn auch Selbstständige und Beamte in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen würden. Dies würde jedoch eine langwierige Reform der Altersvorsorge bedeuten – und wäre potenziell unbeliebt.

Mit dem Rentenpaket II beabsichtigt die Bundesregierung, das Rentenniveau von 48 Prozent langfristig zu sichern und gleichzeitig eine Erhöhung der Beitragssätze so weit wie möglich zu verzögern. Dies wird jedoch nicht ohne Probleme ablaufen, da das eine zwangsläufig zum anderen führen wird.

Experten kritisieren Ampel-Pläne: Reicht nicht aus

Dies wird auch von Experten kritisiert. Insbesondere die sogenannten Wirtschaftsweisen haben in ihrem letzten Bericht im Sommer 2023 darauf hingewiesen: „Das Sicherungsniveau festzuschreiben, wie es die Bundesregierung aktuell plant, ist keine nachhaltige Lösung, sondern verstärkt den absehbaren Anstieg der Beitragssätze noch. Dies verschärft den Verteilungskonflikt zwischen Rentenbeziehenden und Beitragszahlenden.“

Der Rentenexperte Martin Werding ist der Ansicht, dass es „eine Bündelung von verschiedenen Einzelmaßnahmen“ geben muss, um die Rentenversicherung finanziell abzusichern. Er und seine Kollegen im Sachverständigenrat der Bundesregierung fordern eine Anpassung des Rentenalters an die Lebenserwartung und die Einführung einer verpflichtenden privaten Altersvorsorge. Durch diese beiden Maßnahmen, „kann das Sicherungsniveau auf Dauer deutlich gesteigert und die Armutsgefährdung im Alter vermindert werden“, so die Wirtschaftsweisen.

Die Wirtschaftsweisen haben auch die Frührente - „Rente mit 63“ - kritisiert. Menschen, die mindestens 45 Jahre lang in die Rentenkasse eingezahlt haben, können zwei Jahre vor dem regulären Renteneintritt in den Ruhestand gehen – ohne Abschlag auf ihre gesetzliche Rente. Die Wirtschaftsweisen sehen darin ein falsches Signal, das die Rentenkasse nur unnötig belastet.

Minister Heil möchte jedoch nichts von dieser Kritik hören. „Wer 45 Jahre lang gearbeitet hat, hat dann ein Recht darauf, früher abschlagsfrei in Rente zu gehen. Eine Rente mit 70, wie es viele Konservative wollen, wird es mit mir nicht geben“, sagte Heil. Aus der Union kam wiederholt die Forderung, die „Rente mit 63“ angesichts des Fachkräftemangels abzuschaffen und durch eine bessere Erwerbsminderungsrente zu ersetzen.

Mit Material von dpa

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