Unterkunft für 500 Geflüchtete auf Vivo-Gelände: Gemeinderat Warngau dagegen

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Rund 120 besorgte Bürger waren zur Warngauer Gemeinderatssitzung gekommen, bei der das Konzept einer Asylunterkunft bei der Vivo vorgestellt wurde. Einige davon bereiteten Landrat Olaf von Löwis einen Spießrutenlauf. Dieser stellte in der Sitzung das Konzept vor. © Helmut Hacker

Warngau/Holzkirchen – Auf dem landkreiseigenen Gelände der Vivo in Warngau könnte eine auf zwei Jahre begrenzte Unterkunft für 500 Geflüchtete entstehen. Die Gemeinde sprach sich dagegen aus, Unterstützung gibt es aus Holzkirchen.

Bei beiden Sitzungen waren Landrat Olaf von Löwis sowie Beate Faus, Leiterin der Task-Force Unterkunftsakquise im Landratsamt, anwesend. Beide machten den Druck auf die Behörde deutlich und erläuterten die Vivo-Planung. Ein einstimmiges Nein dazu gab es in Warngau, in Holzkirchen stimmte die klare Mehrheit dafür, das Landratsamt zu unterstützen. Hintergrund: Das landkreiseigene Areal in Warngau müsste zuvor an die Holzkirchner Kläranlage angeschlossen werden.

Landratsamt hofft auf Befreiungsschlag

Mit dem Bau einer Asylunterkunft für 500 Menschen auf dem rund 10.000 Quadratmeter großen Gelände will das Landratsamt den Befreiungsschlag schaffen, um die seit rund zwei Jahren mit Flüchtlingen belegten Turnhallen in Miesbach und Tegernsee frei zu bekommen. Diese stünden dann wieder ihrem eigentlichen Zweck, dem Schul- und Vereinssport, zur Verfügung.

Für die Unterbringung sind vier Containerwürfel für je 126 Personen, ein Versorgungsbereich mit Spielplatz sowie Container für Sozialarbeiter geplant. Auch ein kleiner Supermarkt soll in dem „Dorf im Dorf“ entstehen. Den reibungslosen Betrieb der umzäunten Anlage mit 24/7 Sicherheitsdienst soll ein bewährter Anbieter übernehmen. Je nach Witterung könnte mit dem Bau bereits dieses Frühjahr begonnen werden.

Unterkunft wäre auf zwei Jahre begrenzt

Anders als bei anderen Unterkunftslösungen mit Laufzeiten von mindestens sechs Jahren mit Verlängerungsoption ist der Betrieb der Vivo-Unterkunft vertraglich mit der Regierung von Oberbayern auf zwei Jahre begrenzt, wie Faus erklärte. „Sollte bezüglich der Laufzeit noch irgendeine übergeordnete Stelle dazwischenfunken, wird das Projekt platzen“, sagte Landrat Olaf von Löwis. Eine andere Möglichkeit, die Hallen frei zu bekommen ,habe er aber einfach nicht: „Die Pläne müssen bis auf Weiteres verfolgt werden, da uns schlichtweg die Hände gebunden sind.“

Landrat Olaf von Löwis ist frustriert

Um die 500 Flüchtlinge dann zu verteilen, wird wie bisher schon mit Nachdruck nach geeigneter Infrastruktur oder Flächen gesucht. „Wir wollen landkreisweit zwei bis zehn Anlagen schaffen. Einiges ist schon in der Pipeline, aber wir brauchen dafür noch Zeit“, sagte Faus. Die Schwierigkeiten dabei schilderte von Löwis frustriert so: „Wir stoßen bei den Gemeinden auf viel Verständnis. Wenn es aber darauf ankommt, bekommen wir zu hören: Ja, aber nicht bei uns, weil zu groß, zu nah oder zu weit weg.“

Als gewählter politischer Vertreter könne er die Proteste und den Widerstand sehr wohl nachvollziehen und teile die Sorgen auch. In einer langen Litanei führte von Löwis dazu seinen Schriftverkehr mit Regierungsbehörden gegen die Zuweisungen und die ablehnenden Antworten darauf auf. Eine Möglichkeit, die Aufnahme zu verweigern, habe er als Landrat aber schlichtweg nicht, weil er als Leiter der Behörde als Organ des Staates tätig und an die Weisungen der vorgesetzten Dienststellen gebunden ist.

Keine Unterstützung aus Warngau

Dies ersparte von Löwis dann auch nicht, sich am vergangenen Dienstag bei seinem Gang zur Warngauer Gemeinderatssitzung durch einen Pulk von rund 120 Bürgern Pfiffen, Buh- und sogar „Judas“-Rufen auszusetzen. Der Ratssaal und der Flur des Rathauses war dann auch brechend voll.

Wie schon in Hausham bei der Einrichtung eines Aufnahmezentrums im ehemaligen Impfzentrum erntete das Landratsamt-Duo zumindest vom Gemeinderat Verständnis für die Situation. Bei der auf Antrag von Hans Gillhuber (Draxlhamer Liste) folgenden namentlichen Abstimmung votierte das Gremium aber unter Applaus der Zuhörer geschlossen dafür, dem Bauantrag das gemeindliche Einvernehmen zu versagen. Tenor: zu groß und zu kurzfristig kommuniziert. Weil bereits damit gerechnet wird, dass dieser Beschluss durch das Landratsamt ersetzt wird, wurde separat beschlossen, in diesem Fall zumindest am Forderungskatalog der Gemeinde festzuhalten, um die Warngauer Infrastruktur nicht zu belasten.

Holzkirchen sagt weitere Hilfe zu

Auch bei der Marktgemeinderatssitzung tags darauf in Holzkirchen war das öffentliche Interesse hoch und der Ratssaal gut besucht. Zu entscheiden hatte das Gremium eigentlich nur, ob eine auf 24 Monate zweckgebundene Zuteilung von Abwasserwerten für die Unterkunft auf dem Vivo-Gelände übernommen werden kann. Rein technisch ist die Übernahme, wie Klärwerk-Betriebsleiter Markus Spallek erklärte, möglich. Nötig sei dazu nur ein ferngesteuertes Überlaufbecken im bestehenden Kanal.

Holzkirchen stimmte bereits Unterkunft im Moarhölzl zu

Die Aussicht auf 500 Flüchtlinge an der Gemeindegrenze machte allerdings allen Räten zu schaffen. Auch deswegen, weil Holzkirchen bisher als einzige Kommune im Landkreis schon vor zwei Jahren dem Landratsamt im Moarhölzl eine Fläche für den Bau einer Unterkunft für rund 220 Flüchtlinge zur Verfügung gestellt hat. Der Beschluss dazu fiel seinerzeit einstimmig.

Für die FWG-Fraktion und ihre geschlossene Ablehnung führte Birgit Eibl an, dass die ankommenden Flüchtlinge wohl kaum Richtung Warngau unterwegs sein, sondern eher Holzkirchen aufsuchen werden und das massive Auswirkungen auf die Infrastruktur haben werde. Unter anderem könnte das laut Eibl das so erfolgreiche Ruftaxi Hoki in die Knie zwingen: „Nochmal 500 schaffen wir einfach nicht. Auch habe ich Zweifel, dass es nach zwei Jahren Schluss ist.“ Geschlossen dafür stimmte die SPD-Fraktion. FDP-Mann Dirk Kreder sagte: „Wer glaubt, mit einer Ablehnung der Regierung einen Warnschuss zu verpassen, überschätzt das Kaliber. Schaden tun wir damit nur den Sporthallen.“ Grünen-Fraktionssprecher Robert Wiechmann forderte das Gremium zum Zusammenhalt auf: „Mit Nichthandeln gelingt nichts, in schwierigen Zeiten sollte wir vielmehr demokratisch zusammenstehen.“

Die CSU-Fraktion zeigte sich gespalten. Während Michael Wohlschläger, Albert Kraml und Martina Schweighofer gegen den Antrag stimmten, warb Fraktionssprecher Sebastian Franz und Johannes Dörder darum, das Landrats­amt bei seinen Bemühungen, die Sporthallen frei zu bekommen, zu unterstützen. Auch Bürgermeister Christoph Schmid warb in seinem Statement um Zustimmung.

Josef Sappl (sen.) nahm schließlich von Löwis das Zwei-Jahres-Versprechen ab und forderte: „Ich vertraue da auf Dein Wort und erwarte, dass nun auch endlich alle Gemeinden solidarisch mitziehen, um das Problem zu lösen. Wie es aktuell ist, ist es beschämend für den ganzen Landkreis.“ Dem entgegnete von Löwis: „Es gibt tatsächlich Gemeinden, die viel mehr tun könnten.“ Helmut Hacker

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