Nazi-Parolen auf Sylt: „Reichtum schließt rassistisches Denken nicht aus“

Ein Video aus Sylt zeigt junge Menschen, die rechtsradikale Parolen grölen. Ein Experte überrascht daran nur eine Sache.
Ein Video, das am Abend des 23. Mai auf Social Media kursierte, löst große Empörung aus. Es zeigt eine Gruppe junger Menschen, die bei einer Feier, vermutlich auf der Terrasse des Sylter Lokals „Pony“ rechtsextreme Parolen wie „Deutschland den Deutschen“ und „Ausländer raus“ grölen, und das zur Melodie des 23 Jahre alten Popsongs „L’amour toujours“ von Gigi D’Agostino. Die Polizei auf Sylt untersucht das Video momentan, auch, weil der Verdacht besteht, dass eine Person den Hitlergruß zeigte.
Die Betreiber des Lokals Pony im Sylter Nobel-Urlaubsort Kampen distanzierte sich in der Nacht zu Freitag von den Gästen und kündigten Konsequenzen an. Sie erklärten auf Instagram: „Hätten wir von dem Vorfall gewusst, hätten wir die betreffenden Gäste selbstverständlich des Hauses verwiesen. Es gibt keinen Platz für Rassismus!!!“
Nazi-Parolen auf TikToks sind keine „harmlose Provokation“
Bereits im Winter 2023 tauchten auf TikTok erste Videos auf, in denen junge Menschen solche Nazi-Parolen sangen. Der Ursprung dieses Trends liegt vermutlich im 315-Einwohner-Dorf Bergholz in Mecklenburg-Vorpommern. Dort wurde im Oktober ein Video einer Gruppe Männer veröffentlicht, die „Ausländer raus“ zur gleichen Melodie sangen, wie der NDR berichtete.
Robert Lüdecke von der Amadeu-Antonio-Stiftung äußerte bei BuzzFeed News Deutschland, von IPPEN.MEDIA seine Besorgnis: „Mit solchen Trends wird Volksverhetzung als Spaß oder harmlose Provokation abgetan“. Er fügte hinzu, dass die Bereitschaft, das Lied vor der Kamera zu singen, aufzeigt, „wie akzeptiert und ohne jegliche Scham man mittlerweile zu derlei menschenfeindlichen Texten steht.“
Dies ist ein Artikel von BuzzFeed News Deutschland. Wir sind ein Teil des IPPEN.MEDIA-Netzwerkes. Hier gibt es alle Beiträge von BuzzFeed News Deutschland.
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„Ob Sachsen oder Sylt: Deutschland hat ein Problem mit Rassismus und Nationalismus“
Lüdecke betonte, dass es nicht überraschend sei, dass wohlhabende junge Leute solche Parolen singen, denn „Reichtum schützt nicht vor rassistischem Denken“. Was jedoch überrasche, sei laut Lüdecke, „dass diese Leute ohne jede Hemmungen ihre Gesichter in die Kamera halten, weil sie offenbar gar keine Konsequenzen fürchten und zu ihrem Rassismus ganz offen stehen“.
Der Experte weist darauf hin, dass das Problem darin liege, dass niemand in den kursierenden Videos widerspreche und das Lied mit den rassistischen Textzeilen als Partysong Verbreitung finde und so komplett verharmlost werde. Auf sozialen Medien wie TikTok verbreiteten sich solche Inhalte „rasend schnell“, unabhängig davon, ob sie mit kritischen Kommentaren geteilt werden oder nicht. „Der Rassismus in den Videos lässt sich auch verurteilen, ohne das Video zu teilen“, kritisiert Lüdecke.
Lüdecke warnt: „Ob Sachsen oder Sylt: Deutschland hat ein Problem mit Rassismus und Nationalismus.“ Vor dem Hintergrund der bevorstehenden Europawahl ist dies ein Grund zur Sorge. Lüdecke prognostizierte: „Mit Blick auf die Fußball-EM können wir damit rechnen, dass wir solche Videos wohl öfter zu sehen bekommen“.
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