Seltene Fotos von der Front: Ukraine-Soldaten gehen in den Untergrund
Die russischen Invasionstruppen Wladimir Putins setzen den ukrainischen Verteidigern mit Drohnen zu. Die Soldaten entwickeln einfachste Gegenmaßnahmen.
Saporischschja – Im Ukraine-Krieg rühmen Militärblogger beider Seiten ihre Streitkräfte dafür, wie sie einzelne oder mehrere Soldaten in den Schützengräben des Feindes mit Drohnen töten oder verwunden. Videos von dieser Taktik gibt es in den sozialen Netzwerken wie X mittlerweile schier unzählige.
Ukraine-Krieg: Hohe Drohnen-Gefahr für russische und ukrainische Seite
Entweder kreisen dabei Quadrocopter mit Granaten von einem Gewicht zwischen einem halben Kilo und einem Kilo über einer Stellung und entkoppeln, vom jeweiligen Drohnenpiloten gesteuert, die Granate. Die zweite Variante: FPV-Kamikaze-Drohnen werden mit hoher Geschwindigkeit direkt in einen Schützengraben oder in eine Artilleriestellung gesteuert.
Die Herangehensweise führt so oder so zu empfindlichen Verlusten, vor allem bei der Armee Russlands. Was etliche Videos der Ukrainer, die im Netz kursieren, nachhaltig belegen sollen. Gerade die Artilleristen hatten in den vergangenen Monaten Schutzmaßnahmen gegen die Drohnen-Gefahr entwickelt – zum Beispiel in Heimwerker-Art montierte Käfige auf ihren Haubitzen. Jetzt ziehen offenbar auch die Infanteristen in den Schützengräben nach.
Rob Lee, ein Analyst am Foreign Policy Research Institute in Pennsylvania, hat Fotos ukrainischer Schutzmaßnahmen bei X und Instagram geteilt. Aus „schlammigen Schützengräben“, wie er schreibt. Zu sehen ist unter anderem ein über einen mit Wasser vollgelaufenen ukrainischen Graben gespanntes Netz. Auch Holzrahmen mit dazwischen gespannten Metallgittern und -drähten sollen Schützengräben zumindest stellenweise sicherer gegen die Drohnenangriffe auf die Unterstände machen. Lee teilte ferner Fotos vom Zugang zu einer russischen Stellung in der Oblast Cherson, um den ein robuster Metallzaun angebracht wurde (siehe Tweet unten).
Drohnen-Gefahr im Ukraine-Krieg: Soldaten Kiews und Moskaus graben sich im Winter ein
Schließlich dürfte es im Winter kaum größere Verschiebungen der Frontverläufe im Süden in der Region Saporischschja und im Osten im Donbass geben. Heißt: Die jeweiligen Soldaten graben sich erstmal ein, gegenseitiger Artillerie-Beschuss dominiert die Kampfhandlungen.
Bezeichnend: „Die Ukraine hat nicht nur die Invasion eines viel stärkeren Feindes aufgehalten, sondern auch einen großen Teil ihres Territoriums befreit“, erklärte der ukrainische Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj The Economist: „Doch nun tritt der Krieg in eine neue Phase ein: In das, was wir Militärs den ‚Stellungskrieg‘ nennen, also stagnierende und zermürbende Kämpfe wie im Ersten Weltkrieg, im Gegensatz zum ‚Manöverkrieg‘, der durch Bewegung und Geschwindigkeit gekennzeichnet ist.“
Drohnen müssen auch Teil unserer Antwort sein. Die Ukraine muss massive Angriffe mit Täuschungs- und Angriffsdrohnen durchführen.
Drohnen-Krieg in der Ukraine: Kiews oberster General kündigt mehr Angriffe an
Saluschnyj weiter: „In diesem Krieg, wie in den meisten Kriegen der Vergangenheit, machen Artillerie-, Raketen- und Flugkörperbeschuss 60 bis 80 Prozent aller militärischen Aufgaben aus.“ Seine Botschaft: Die Ukraine braucht mehr Munition für die Artillerie. Damit nicht genug: „Drohnen müssen auch Teil unserer Antwort sein. Die Ukraine muss massive Angriffe mit Täuschungs- und Angriffsdrohnen durchführen, um die russischen Luftverteidigungssysteme zu überlasten. Wir müssen russische Drohnen jagen, indem wir unsere eigenen, mit Fangnetzen ausgestatteten Kampfdrohnen einsetzen“, meinte Saluschnyj in dem Gastbeitrag weiter.
Der General Kiews kündigte also verstärkte Drohnen-Angriffe auf die Stellungen der Kreml-Truppen an, während neuentwickelte „Drohnenjäger“ der Ukrainer mit Fangnetzen russische Drohnen abfangen sollen. Es ist die neueste Innovation zum Schutz gegen das Risiko aus der Luft. Die ukrainische Armee hatte bereits selbstfahrende Haubitzen und sogar Panzer mit „Käfigen“ gegen die Drohnen nachgerüstet. Selbiges war auf der russischen Seite zu beobachten.
Drohnen-Krieg in der Ukraine: „Käfige“ auf Panzern, Netze über Schützengräben
Jetzt bereiten sich die Soldaten beider Seiten auf einen harten Winter in den Schützengräben vor, während die Drohnen-Gefahr am Himmel durch entlaubte Büsche und Wälder steigt. Die Verluste dürften durch diese dennoch weiter steigen. Was beide Seiten mutmaßlich wissen. Moskau wendet beim Transport getöteter Soldaten nun wohl dieselbe Praxis an, wie einst zu Zeiten der Sowjetunion. (pm)