Hoffnung für Millionen Frauen: Forschende finden neuen Auslöser für weitverbreitete Krebsart

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Ein österreichisches Forschungsteam entdeckte einen neuen Auslöser für Gebärmutterhalskrebs. Die Hoffnung auf bessere Therapien wächst.

Graz – Gebärmutterhalskrebs zählt zu den häufigsten Krebsarten bei Frauen weltweit. Laut der Universität Jena erkranken jedes Jahr weltweit über 600.000 Frauen daran, und etwa 350.000 Erkrankte versterben. Bisher galt eine Infektion mit dem Humanen Papillomavirus (HPV) als Hauptursache der Erkrankung. Doch nun haben Forschende der Medizinischen Universität Graz einen neuen, bislang unbekannten Auslöser entdeckt. Ihre Erkenntnisse könnten die Behandlung von Gebärmutterhalskrebs revolutionieren und Millionen Frauen Hoffnung geben.

Durchbruch in der Krebsforschung: HPV-unabhängiger Gebärmutterhalskrebs erstmals nachgewiesen

Ein Forschungsteam um Sigrid Regauer vom Diagnostik- und Forschungsinstitut für Pathologie an der Medizinischen Universität Graz hat erstmals genetische Beweise für HPV-unabhängige Vorstufen von Gebärmutterhalskrebs geliefert. Diese sogenannten „differenzierten zervikalen intraepithelialen Neoplasien“ (d-CIN) ähneln in ihrer Struktur den bereits bekannten Krebsvorstufen an der Vulva. „Wir belegen damit erstmals, dass es tatsächlich HPV-unabhängige Formen von Gebärmutterhalskrebs gibt“, so Sigrid Regauer in einer Pressemitteilung.

Die Grazer Forschenden untersuchten Gewebeproben von drei Patientinnen, die an HPV-negativem Gebärmutterhalskrebs erkrankten. Dabei identifizierten sie spezifische genetische Veränderungen, sogenannte somatische Mutationen, die unabhängig von HPV auftreten. Besonders auffällig waren Mutationen in den Genen TP53, EGFR, PIK3CA und SMARCB1. Laut der Studie mit dem Titel „The Histologic and Molecular Spectrum of Highly Differentiated HPV-independent Cervical Intraepithelial Neoplasia“ (zu deutsch: Das histologische und molekulare Spektrum der hochdifferenzierten HPV-unabhängigen zervikalen intraepithelialen Neoplasie“), veröffentlicht im Fachjournal „American Journal of Surgical Pathology“, weisen diese genetischen Merkmale große Ähnlichkeiten zu HPV-unabhängigen Krebsvorstufen der Vulva auf.

HPV-unabhängige Krebsformen: Schwierige Diagnose für Ärztinnen und Ärzte

Die HPV-unabhängigen Vorstufen des Gebärmutterhalskrebses sind histologisch schwer zu erkennen. Häufig werden sie zunächst als gutartige Veränderungen eingestuft. Erst rückblickend, nach der Diagnose eines invasiven Tumors, können diese Vorstufen korrekt identifiziert werden. Laut den Grazer Forschenden zeigt sich eine „auffällige Ähnlichkeit“ mit bestimmten Vorstufen an der Vulva, die ebenfalls HPV-unabhängig entstehen.

Die Forschenden schlagen in ihrer Studie eine vereinfachte Klassifikation vor, um diese seltenen Vorstufen besser zu erfassen. Sie unterscheiden zwischen zwei Haupttypen: den TP53-mutierten differenzierten Vorstufen (d-CIN) und den sogenannten verrukiformen Vorstufen, die p53-wildtyp sind, aber Mutationen in den Genen PIK3CA und EGFR aufweisen. Diese klare Unterscheidung könnte laut den Forschenden helfen, die Diagnose zu erleichtern und die Behandlung zu optimieren.

Die Studie der Medizinischen Universität Graz liefert erstmals klare genetische Hinweise auf HPV-unabhängige Vorstufen von Gebärmutterhalskrebs. © IMAGO / UIG / Zoonar

Zwei neue Typen von HPV-unabhängigen Krebsvorstufen entdeckt

Die genetischen Veränderungen, die bei den HPV-unabhängigen Vorstufen entdeckt wurden, könnten neue Ansätze für Therapien bieten. Besonders die Mutationen in den Genen EGFR und PIK3CA sind vielversprechend, da sie bereits bei anderen Krebsarten erfolgreich mit molekularbiologischen Therapien behandelt werden. „Mit ihnen verbindet sich die Hoffnung, einerseits die HPV-unabhängig entstandenen Krebszellen im Gebärmutterhals wirkungsvoll aufhalten zu können und andererseits weniger Nebenwirkungen in Kauf nehmen zu müssen“, erklärte Olaf Reich von der Medizinischen Universität Graz.

Die Forschenden betonen, dass diese Entdeckung große Bedeutung für die Früherkennung und Behandlung von Gebärmutterhalskrebs haben könnte. Bisher konzentrierte sich die Vorsorge vor allem auf HPV-Tests und Pap-Abstriche. Doch die neuen Erkenntnisse zeigen, dass auch HPV-unabhängige Veränderungen frühzeitig erkannt werden müssen. Dies könnte langfristig dazu beitragen, die Zahl der jährlich etwa 400 Neuerkrankungen und rund 140 Todesfälle in Österreich weiter zu reduzieren, wie der Dachverband der Sozialversicherungsträger (DVSV) berichtet.

Hoffnung im Kampf gegen Gebärmutterhalskrebs: Warum Experten zur frühen HPV-Impfung raten

HPV-unabhängige Tumore gelten als besonders aggressiv, da sie oft erst spät erkannt werden. Die Grazer Forschenden betonen, dass die Entdeckung dieser neuen Vorstufen dazu beitragen könnte, die Prognose betroffener Frauen deutlich zu verbessern. „Wir belegen damit erstmals, dass es tatsächlich HPV-unabhängige Formen von Gebärmutterhalskrebs gibt“, erklärte Studienautorin Sigrid Regauer vom Diagnostik- & Forschungsinstitut für Pathologie an der Medizinischen Universität Graz.

Bei dem HPV-verursachten Gebärmutterhalskrebs ist die Medizin schon deutlich weiter. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt laut RKI die HPV-Impfung für alle Kinder ab 9 Jahren – idealerweise vor dem ersten sexuellen Kontakt. Wer bis zum 14. Lebensjahr nicht geimpft wurde, sollte die Impfung bis zum 18. Geburtstag nachholen. Die Impfung schützt zuverlässig vor den HPV-Typen, die für die meisten Fälle von Gebärmutterhalskrebs und weiteren Krebsarten im Genital- und Rachenraum verantwortlich sind.

Jährlich erkranken in Deutschland rund 10.000 Menschen an HPV-bedingtem Krebs – zwei Drittel davon Frauen. Eine frühzeitige Impfung kann einen Großteil dieser Erkrankungen verhindern. Sie ist für Mädchen und Jungen gleichermaßen wichtig, denn auch Männer können an HPV-bedingtem Krebs erkranken und zur Weiterverbreitung beitragen. Studien zeigen: Je jünger die geimpften Jugendlichen, desto höher der Impfschutz. Deshalb gilt: Früh impfen – bestmöglich geschützt. (ls)

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