Hollywood-Star Kate Winslet beim Filmfest München: „Frauen, hört auf zu zweifeln!“
Ein Treffen mit Kate Winslet vor der Verleihung des CineMerit Award beim Filmfest München. Hier stellt sie ihren neuen Film „Die Fotografin“ vor.
Dann schaut sie dir direkt in die Augen, fixiert deinen Blick und sagt mit ruhiger, nachdrücklicher Stimme: „Listen to me!“ Es folgt eine Flut von ermutigenden Worten, die Kate Winslet mit Sicherheit schon vielen Frauen mit auf den Weg gegeben hat. Doch als sie es am Nachmittag des 2. Juli 2024 im Interview im Bayerischen Hof in München tut, wirkt’s, als seien diese Sätze nur für die Interviewerin bestimmt. Das hat nichts mit Schauspielkunst zu tun – die Winslet hat ein Anliegen. Will insbesondere Frauen vermitteln, mehr an sich selbst zu glauben, weniger zu hadern. Also, die schöne, kluge, talentierte 48-Jährige in München auf die Frage, wie sie das macht, sich auch in ihrem neuen Film mit einer natürlichen Selbstverständlichkeit vor der Kamera auszuziehen, sich nicht zu schämen für ihre weiblichen Rundungen: „Wir. Verschwenden. So. Viel. Zeit. Damit, uns zu schämen, damit, uns kritisch zu betrachten, zu bewerten, uns mit anderen zu vergleichen, damit, immer etwas an uns zu finden, an dem wir herummäkeln können. Wir müssen aufhören damit!“ Gequältes Lächeln. „Ich möchte nicht auf mein Leben zurückblicken und mir sagen: Warum habe ich so viel Zeit und Energie darauf verschwendet, über diesen Schwachsinn nachzudenken?“
Deshalb geht diese erfolgreiche Schauspielerin, die sich spätestens nach ihrem gefeierten Auftritt in James Camerons Über-Hit „Titanic“ (1997) hätte darauf ausruhen können, Starlett zu sein und gefällige, erfolgversprechende, seichte Blockbuster zu drehen, nicht den einfachen Weg. Sondern stürzt sich schon einmal über einen Zeitraum von acht intensiven Jahren in den Kampf für ein Projekt, das ihr am Herzen liegt. So war es bei ihrem neuen Film „Die Fotografin“, den sie am 2. Juli 2024 im Deutschen Theater im Rahmen des Filmfests München vorgestellt hat (offizieller Kinostart: 26. September). Ein im besten Sinne aufwühlendes Werk über die US-amerikanische Kriegsfotografin Lee Miller (1907-1977).

Kate Winslet hat den Film produziert und spielt selbst uneitel diese ungestüme, unabhängige, sturköpfige Frau, deren Name meist in einem Atemzug mit dem des Fotografen Man Ray (1890-1976) genannt wird. Sie war seine Schülerin und Muse. Auch als Ex-„Vogue“-Model wird Lee Miller gern bezeichnet. Alles wahr, aber alles viel zu kurz gegriffen, alles vorbei an dem, was die US-Amerikanerin und Weltbürgerin tatsächlich ausmachte: Eine mutige Kämpferin für Humanität war sie. Eine, die die Macht der Bilder nutzte, um die unfassbaren Gräueltaten der Nationalsozialisten fassbar zu machen. Lee Miller reiste als Frau mitten hinein in die von Männern geführten Kämpfe des Zweiten Weltkriegs. Sie war bei der Befreiung der Konzentrationslager Buchenwald und Dachau dabei und dokumentierte mit ihrer Kamera das, von dem niemand gewusst haben wollte.
„Welch immense historische Bedeutung ihre Arbeit hatte, wurde lange völlig übersehen“, betont Winslet. „Lee Miller war nicht irgendeine ehrgeizige Foto-Journalistin, sie war eine Frau mittleren Alters, die den Mut hatte, in den Krieg zu ziehen – weil sie es für zwingend hielt, der Welt die Wahrheit zu zeigen.“

Der Film zeichnet jene zehn Jahre in Lee Millers Leben nach, die sie von den sonnigen Vorkriegstagen in Südfrankreich bis ins Herz der Dunkelheit von Dachau führten. Regisseurin Ellen Kuras erzählt diese Geschichte einer erstaunlichen Frau durch die Augen einer Frau. Auch um zu zeigen, wie besonders Millers Blick auf die Welt war, dass sie eben mehr war als eine schöne Inspiration für irgendeinen Man Ray oder ein attraktives Fotomodell. „Was ich mir von diesem Film erhoffe, ist, dass eine jüngere Generation von Frauen, die vielleicht noch nie von ihr gehört haben, sie nur als diese außergewöhnliche Person kennenlernen. Die so viel gewagt, nicht die Augen vor der Wahrheit verschlossen hat“, sagt Kate Winslet.
Und ist damit letztlich wieder bei ihrer Mission, andere zu bestärken. „Nutze deine Energie dazu, etwas Nettes zu tun, sei nett zu dir selbst und zu anderen. Verschwende deine Zeit nicht damit, dich selbst ständig zu hinterfragen. Es gibt so viele sinnvollere Dinge zu tun. Lee Miller erinnert uns daran.“