EU will in Putins Schatzkiste greifen – neue Milliarden für die Ukraine?
Im Zuge der westlichen Sanktionen hat die EU ein russisches Vermögen in Milliardenhöhe eingefroren. Immer wieder fordert die Ukraine dessen Übergabe. Nun ergreift die EU die notwendigen Schritte.
Brüssel – Insgesamt soll es sich um ein Vermögen in Höhe von rund 300 Milliarden US-Dollar (umgerechnet rund 276 Milliarden Euro) handeln, das der Westen von Russland eingefroren hat. Aktuell prüfen die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, was damit geschehen soll. Die Meinungen gehen stark auseinander, die Sorgen vor Konsequenzen sind groß. Eine neue Initiative der EU könnte jetzt endlich über das Schicksal der russischen Milliarden entscheiden.
Ukraine fordert beschlagnahmtes Geld – für Waffen und Wiederaufbau
Vorschläge, was mit dem Geld passieren soll, gibt es viele. Dabei haben sich grundsätzlich zwei Richtungen herauskristallisiert. Erstens, die „gefährlichere“ Variante, wäre eine vollständige Beschlagnahmung des russischen Vermögens. Dies hatten bereits die Ukraine sowie einige Unterstützerstaaten gefordert, allerdings gibt es dabei sowohl rechtliche als auch politische Risiken. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nannte das Thema „furchtbar kompliziert“.
Bei einem direkten Einzug könnte sich die EU angreifbar für russische Regressforderungen machen. Außerdem hatte Russland bereits gewarnt, mit entsprechenden Maßnahmen zu reagieren und westliches Vermögen in Russland einzuziehen. Wie der Spiegel berichtete, gibt es allerdings Werkzeuge, mit denen ein Einzug rechtlich möglich wäre – und zwar allein darum, weil Russland durch seine Aggression in der Ukraine Gegenmaßnahmen des Westens rechtfertigt.
Risiken für die EU – Systemkollaps voraus?
Das politische Risiko besteht zum Beispiel darin, dass eine solche Reaktion des Westens das internationale Vertrauen in das Bündnis EU schwächen könnte. Wenn dann zu viele Länder ihre Mittel aus Europa abziehen, könnte ein ähnlicher Effekt entstehen wie seinerzeit bei der Silicon Valley Bank, nur in einem wesentlich größeren Maßstab – ein Zusammenbruch des Systems.
Dabei stellt sich allerdings die Frage, warum Länder wie China diese Schritte nicht schon ergriffen haben, immerhin ist das russische Geld so oder so bereits unerreichbar für Wladimir Putin. In anderen Bereichen sind die Schwellenländer durchaus aktiv in ihren Bemühungen, Vermögen in Sicherheit zu bringen. Zum Beispiel holt China seit einiger Zeit massiv Gold aus dem Ausland wieder ins eigene Land.
Mega-Steuer auf russische Anlagen soll der Ukraine Milliarden bescheren
Um solche Reaktionen von vornherein zu vermeiden und zudem nicht gegen geltendes Recht zu verstoßen, schlägt die EU nach aktuellem Stand eher die zweite Richtung ein. Sie fasst das eingefrorene Geld nicht an, will aber die aus dem Geld entstehenden Gewinne abschöpfen. Erst Anfang der Woche schlug Josep Borell, Foreign Policy Chief der Europäischen Union, vor, 90 Prozent der Gewinne aus eingefrorenem russischen Vermögen in einen EU-Fonds abzuführen, der Waffenlieferungen in die Ukraine finanzieren soll. Das berichtete die Nachrichtenagentur Reuters.
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Die Europäische Kommission schrieb dazu: „Die EU unterstreicht, dass sie weiter an einer Lösung für den möglichen Einsatz von aus eingefrorenen russischen Assets generierten Gewinns arbeitet“. Dies müsse „entsprechend von EU-Gesetzgebung und internationalen Gesetzen“ passieren.
Statt eines Einzugs hat die EU aktuell vor, die Erträge der russischen Anlagen beim Zahlungsabwickler Euroclear mit einer hohen Steuer zu belegen. Damit konfisziert sie das Vermögen nicht, soll aber trotzdem in den kommenden vier Jahren rund 11,5 Milliarden Euro abziehen und der Ukraine senden können. Bereits im Sommer soll die erste Milliarde an die Ukraine fließen. Einerseits dient das Geld der Beschaffung von Waffen, andererseits dem Wiederaufbau der zerstörten ukrainischen Infrastruktur.
EU plant Maßnahmen zur Nutzung von Putins eingefrorenem Vermögen – Reaktion aus Russland?
Eine russische Antwort auf diese Maßnahme wird kaum ausbleiben. Laut dem britischen Guardian könnte Russland zum Beispiel Euroclear-Assets im Wert von 33 Milliarden Euro konfiszieren, die derzeit in Moskau liegen. Weiterhin hatte sogar die neutrale Schweiz bereits dafür gestimmt, russische Vermögenswerte für die Zahlung von Reparationen zu nutzen.
Aktuell zeigen die westlichen Sanktionen auf Russland deutlichere Wirkung, wenn auch langsam. Ökonomen sehen erste Anzeichen eines wirtschaftlichen „Verfalls“ in Russland. Handelspartner wie Indien wenden sich plötzlich den USA zu, China hatte bereits finanzielle Bande seiner Großbanken zu Russland gekappt.