„Keine Witze über rote Linien!“ – Russlands Lawrow mit Atomdrohung richtung USA

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Russland warnt vor einer Grenzüberschreitung im Ukraine-Krieg – und droht mit atomaren Folgen. Das Land will sogar seine Nukleardoktrin ändern.

Moskau – Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat die Vereinigten Staaten davor gewarnt, über die roten Linien Russlands zu scherzen. Anlass dieser Äußerungen war die Ankündigung der USA, kurz vor einer Vereinbarung über die Lieferung von JASSM-Marschflugkörpern mit großer Reichweite an die Ukraine zu stehen. Es ist nicht die erste Warnung dieser Art, die Russland seit Beginn des Ukraine-Kriegs ausgesprochen hat.

„Ich lasse mich durch nichts überraschen – die Amerikaner haben die Schwelle, die sie sich selbst gesetzt haben, bereits überschritten. Sie werden angestachelt, und Selenskyj sieht das natürlich und nutzt es aus“, so Lawrow am Mittwoch (04. September) in einem russischen Fernsehinterview. Eine englische Übersetzung des TV-Beitrags wurde von WarTranslated, einem unabhängigen Medienprojekt, das Material über den Krieg ins Englische übersetzt, auf X veröffentlicht.

Lawrow droht den USA wegen Ukraine-Krieg-Unterstützung: Putins rote Linie ist bereits überschritten

Lawrow war darin auf einen Bericht der Nachrichtenagentur Reuters vom Dienstag (03. September) angesprochen worden, dem zufolge Washington bald Langstrecken-Marschflugkörpern vom Typ JASSM an Kiew liefern will. Diese sind technisch dazu in der Lage, tief in Russlands Territorium zu fliegen. Dem Außenminister zufolge stellt diese eine Provokation dar. „Sie machen Witze über unsere roten Linien. Machen Sie keine Witze über unsere roten Linien“, drohte er Richtung USA.

Sergej Lawrow hat die Vereinigten Staaten davor gewarnt, Russlands rote Linien zu überschreiten.
Sergej Lawrow hat die Vereinigten Staaten davor gewarnt, Russlands rote Linien zu überschreiten. © IMAGO/Kristina Kormilitsyna

Zurzeit habe der Westen „die genetische Überzeugung, dass niemand sie berühren wird“, so der Außenminister weiter - und untergrabe so alle Prinzipien, die die strategische Stabilität mit Washington seit Sowjetzeiten untermauert hätten. „Dieses Gefühl der gegenseitigen Abschreckung – aus irgendeinem Grund beginnen sie es zu verlieren. Das ist gefährlich“, führte er weiter aus. Washington wisse, wo diese Grenzen lägen, liege aber falsch, wenn es glaube, die Folgen einer Eskalation des Krieges in der Ukraine würden hauptsächlich Europa treffen.

Kursk-Offensive hat die Karten neu gemischt – Wird Putin seine Drohung im Ukraine-Krieg umetzen?

Eine solche Rhetorik ist nicht neu. Russlands Präsident Wladimir Putin hat den Westen seit Beginn des Ukraine-Kriegs im Februar 2022 wiederholt davor gewarnt, seinem Land nicht in die Quere zu kommen – und dabei auf das große russische Atomwaffenarsenal verwiesen. Trotzdem haben die westlichen Verbündeten der Ukraine die Militärhilfen aufgestockt, unter anderem durch die Bereitstellung von Panzern, Raketen und F-16-Kampfjets. Da es bisher dennoch keine Anzeichen für eine Umsetzung der russischen Drohungen gab, haben westliche Politiker begonnen, Putins atomares Säbelrasseln als Bluff zu bezeichnen. Stattdessen, so der Konsens, solle man der Ukraine mit allen Mitteln zu helfen, den Krieg zu gewinnen.

Mit dem Einmarsch der Ukraine in Russland könnte allerdings ein neues Kapitel begonnen haben. Für den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zeigt die Kursk-Offensive, dass die rote Linie des Kremls nicht ernst zu nehmen sei. „Wir sind Zeugen einer bedeutenden ideologischen Verschiebung – das naive, illusorische Konzept der sogenannten roten Linien gegenüber Russland, das die Einschätzung des Krieges durch einige Partner dominierte, ist in diesen Tagen zerbröckelt“, so Selenskyj Mitte August.

Putins Russland will seine Nukleardoktrin ändern – Führt die Kursk-Offensive zur atomaren Eskalation?

Russland versucht bisher, den Vorstoß der Ukraine herunterzuspielen. Auf dem östlichen Wirtschaftsforum in Wladiwostok betonte Putin am Donnerstag, dass die Ukraine so ihre eigene Verteidigung geschwächt habe. Russland sei somit ermöglicht worden, seinen Vormarsch in der Ostukraine zu beschleunigen. „Das Ziel des Feindes war es, uns nervös zu machen und zu beunruhigen, Truppen von einem Sektor in einen anderen zu verlegen und unsere Offensive in Schlüsselgebieten, vor allem im Donbas, zu stoppen“, sagte Putin dort. Das habe aber nicht funktioniert.

Gleichzeitig erklärte der Kreml am Mittwoch, dass Russland seine Nukleardoktrin ändern werde - weil Washington und seine Verbündeten Russland durch die Eskalation des Krieges in der Ukraine bedrohten und die legitimen Sicherheitsinteressen Moskaus nicht respektieren würden. Bisher hat sich Russland aber nicht dazu geäußert, wie es das politische Dokument aktualisieren will, in dem die Umstände festgelegt sind, unter denen es eine Atomwaffe einsetzen könnte. Auch wann die Änderungen in Kraft treten werden, ist noch nicht bekannt. (tpn)

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