Für einen Waffenstillstand: Donald Trump schlägt im Ukraine-Krieg eine „eingefrorene“ Frontlinie vor. Doch das könnte Wladimir Putins Russland in die Karten spielen.
Donbass - Erneut hat das Russland-Regime von Wladimir Putin offenbar einen Verhandlungsvorstoß des US-Präsidenten Donald Trump im Ukraine-Krieg abgelehnt. Laut Interfax hat Moskau kein Interesse daran, dass russische und ukrainische Truppen entlang der aktuellen Kontaktlinie die Waffen schweigen lassen, damit die Politik Verhandlungen aufnehmen kann. Ein solcher „eingefrorener“ Frontverlauf würde wohl auch ein immenses Risiko für Kiew bergen.
Am Wochenende berichtete die Washington Post (WP), Putin habe von Trump gefordert, die Ukraine müsste die restlichen durch ihre Armee kontrollierten Gebiete der ostukrainischen Region Donezk aufgeben. Damit das russische Regime überhaupt auch nur für Verhandlungen über eine Waffenruhe bereit sei. Dies soll der Kreml-Chef dem 79-jährigen Republikaner in einem Telefonat am Donnerstag (16. Oktober) vorgeschlagen haben.
Verhandlungen im Ukraine-Krieg: Hin und Her durch Wladimir Putins Russland-Regime
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow ließ dann am Montag (20. Oktober) wissen, dass sich an der russischen Position nichts geändert habe, dass eine Waffenruhe auf Basis des derzeitigen Frontverlaufs nicht im Sinne Moskaus sei. Von „eingefroren“ spricht man im Militärjargon dann, wenn Kämpfe auf Basis aktueller Besitzungen gestoppt werden. Vereinfacht: Das Land, dessen Armee auf einem Gebiet steht, kontrolliert bis auf Weiteres dieses Gebiet und kann den Anspruch darauf mit in Verhandlungen nehmen.
Ob es zu diesen wirklich kommt, war Anfang der Woche weiter unklar, nachdem die Russland-nahe ungarische Regierung von Viktor Orban Budapest als Ort für mögliche Gespräche zwischen den Konfliktparteien sowie zwischen den USA als Vermittler und Putins Regime in die Debatte eingebracht hatte. Ausgerechnet Ungarn, nachdem Orban ein Ende aller Ukraine-Hilfe durch die NATO-Staaten und durch die Europäische Union (EU) gefordert hatte.
Experten raten indes eindringlich davon ab, dass die Ukraine die Oblast Donezk aufgibt, die bereits zu geschätzt rund 90 Prozent durch die russische Invasionsarmee besetzt ist. Stefan Meister zufolge sei die Region für Putin vielmehr ein Ausgangspunkt, um im nächsten Schritt andere ukrainische Regionen weiter westlich ins Visier zu nehmen - zum Beispiel die angrenzende Oblast Dnipropetrowsk mit der Großstadt Dnipro.
Verhandlungen im Ukraine-Krieg: Wladimir Putin soll weitere Regionen ins Visier nehmen
Der Programmleiter Internationale Ordnung und Demokratie bei der „Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik“ (DGAP) erklärte dem Tagesspiegel zum Donbass: „Für ihn (Putin, d. Red.) ist das historisch ein Teil Russlands, so wie der gesamte Süden.“ Das „Institute for the Study of War“ (ISW) verweist auf kilometerlange und sehr breite Minenfelder, auf befestigte Schützengräben und gut ausgebaute Stellungen sowie Bunker, die die Ukrainer bei einem Verlust der Region Donezk aufgeben müssten.
Zwar schrieb das Recherche-Projekt Deepstate nach einer Besichtigung im Sommer, dass die begutachteten und vorsorglich angelegten Verteidigungsanlagen in der ukrainischen Region Dnipropetrowsk von „ziemlich guter Qualität“ seien. Aber: Erst kürzlich berichtete dann die Ukrainska Prawda, dass an vielen Stellen der rund 1250 Kilometer langen Front ausreichend ukrainische Soldaten fehlen sollen. Und es so zu regelrechten Lücken in der Verteidigung käme.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach gar von einem „Sprungbrett“ für die russischen Streitkräfte, sollen die Ukrainer den Donbass auf internationalen Druck abgeben müssen. Laut Financial Times (FT) habe Trump Selenskyj bei einem Treffen am Freitag (17. Oktober) in Washington geradezu zur Aufgabe des Donbass gedrängt, wonach es laut der Zeitung zu einem „Schreiduell“ zwischen beiden Politikern gekommen sei.
Verhandlungen im Ukraine-Krieg: Wolodymyr Selenskyj will Russland Gebiete nicht geben
Laut Kyiv Post (KP) meinte Selenskyj in seiner abendlichen Fernsehansprache vom Sonntag mit Blick auf mögliche Gebietsabtretungen: „Die Ukraine wird Terroristen für ihre Verbrechen keine Belohnung zahlen.“ Indes warnte etwa Prof. Carlo Masala entschieden vor solchen Zugeständnissen Kiews an Moskau. „Das wäre das Aus für Selenskyj. Das müsste einem Referendum unterworfen werden“, erklärte der Politikwissenschaftler der Universität der Bundeswehr München bei Welt.
Er schilderte: „Alle Umfragen in der Ukraine sagen: Wir wollen einen Frieden, aber nicht um den Preis von Gebietsabtretungen.“ Diese würden „die Ukraine in eine schwere innenpolitische Krise stoßen“, meinte der viel gefragte Experte für Sicherheitspolitik weiter: „Von daher glaube ich nicht, dass wir das sehen werden, dass die Regierung Selenskyj dazu bereit sein wird.“ (Quellen: Interfax, Washington Post, Tagesspiegel, ISW, Deepstate, FT, KP) (pm)