Gebaut um zu imponieren? Trump und Xi rüsten mit ihren Kampfjets um die Wette
F-47, F/A-XX, F-35, J-20, J-35, J-36 – die USA und China überbieten sich mit Innovationen am Himmel. Zumindest theoretisch; keine Seite will Krieg.
Washington D.C. – Wenn wir davon ausgehen, dass Chinas Aufstieg dem eines Drachens gleicht, wird er auf absehbare Zeit mit gestutzten Flügeln erfolgen“, schrieb Jonathan G. McPhilamy. Trotz ihrer Entwicklung von Kampfjets der fünften Generation hat der US-Luftwaffenmajor Chinas Volksbefreiungsarmee in der Military Review abgesprochen, die Fähigkeit zur „offensiven Machtausübung zu demonstrieren“. Das war vor vier Jahren. Jetzt stehen Kampfjets der sechsten Generation auf dem Reißbrett oder schon auf dem Runway, und Donald Trumps „America First“-Doktrin könnte sich als Luftnummer entpuppen.
Mit der F-47 will Donald Trump das Reich der Mitte in die Schranken weisen. Wie der Business Insider (BI) im April berichtet hat, äußern seine eigenen führenden Militärs ihre Zweifel, dass die US-Luftwaffe die Luftüberlegenheit in einem indo-pazifischen Konflikt erringen könne. Samuel Paparo soll China „gute Noten“ ausgestellt haben für dessen Fähigkeiten, die US-Luftwaffe klein zu halten über den strategischen Archipelen in Ostasien, also über Japan, Taiwan und den nördlichen Philippinen, so der BI. Demzufolge habe der Befehlshaber des US-Indopazifik-Kommandos gegenüber dem Streitkräfteausschuss des US-Senats klar gestellt, dass China aktuell über 2.100 Kampfjets verfüge, sowie 200 H-6-Bomber; schlimmer noch: Die Produktionsrate für Kampfflugzeuge liege derzeit im Verhältnis 1,2 zu 1 gegenüber den USA, notiert BI-Autor Chris Panella.
Kehrtwende in den USA: Regierung bekennt sich zu den Grenzen ihrer Rüstungskapazitäten
Das will US-Präsident Donald Trump jetzt geradebiegen; beziehungsweise bekennt sich die US-Regierung zu den Grenzen ihrer Rüstungskapazitäten: Wie The War Zone berichtet, sehe der vom Pentagon für das Haushaltsjahr 2026 vorgeschlagene Haushalt „voll und ganz die Finanzierung des Tarnkappenjägers F-47 der sechsten Generation der US Air Force vor, während die Pläne der US Navy für einen trägergestützten Kampfjet der nächsten Generation, F/A-XX, de facto auf Eis gelegt werden“, so Joseph Trevithick. Der US-Haushalt wäre mit der Realisierung beider Kampfjets schlicht und ergreifend überfordert.
„Indem sie ihre militärische Macht demonstrieren, setzen sie darauf, dass ihre Rivalen eine Eskalation vermeiden. Die Offenlegung neuer Technologien ist eine Form von Zwangsverhandlungen zwischen Staaten.“
Im Verteidigungshaushalt 2026 sollen 3,5 Milliarden US-Dollar bereitgestellt werden für den F-47-Kampfjet als Next Generation Air Dominance (NGAD)-Plattform. „Diese beträchtliche Investition umfasst 2,6 Milliarden US-Dollar an frei verfügbaren Mitteln und weitere 900 Millionen US-Dollar, die noch durch ein Abstimmungsgesetz genehmigt werden müssen“, so der Business Insider. „So etwas hat noch niemand zuvor gesehen“, sagte Trump zur Vorstellung des Fliegers, wie ihn The Aviationist zitiert. „In Bezug auf alle Eigenschaften eines Kampfjets gab es noch nie etwas, das ihm auch nur annähernd nahe kam – von der Geschwindigkeit über die Manövrierfähigkeit bis hin zur Nutzlast. Die F-47 wird das fortschrittlichste, leistungsfähigste und tödlichste Flugzeug sein, das je gebaut wurde“, so der Präsident.
Verschwiegen hat Trump, dass China die USA vor sich hertreibt. Army Recognition berichtet, dass sowohl Geheimdienstinformationen sowie Bilder von Planespottern in Sozialen Netzwerken bereits bestätigen, dass Prototypen der Chengdu J-36 und der Shenyang J-50 seit Ende 2024 umfangreiche Flugtests absolvieren – obwohl Trump versichert habe, dass auch die F-47 schon seit bis zu fünf Jahren als Demonstrator in der Luft sei. Laut dem Magazin habe das die USA zu einem Strategiewechsel gezwungen. Im kommenden Jahr sollen auch die finanziellen Mittel für weitere F-35 gekürzt werden. Das gesamte verfügbare Kapital fließe in die Beschaffung der F-47.
Trumps F-47 und Chinas J-36: Reines Imponiergehabe auf beiden Seiten
Entweder hat sich Jonathan G. McPhilamy vor vier Jahren die US-amerikanische Überlegenheit schöngeredet, oder in der Zeit seit der Veröffentlichung ist viel passiert – möglicherweise von beidem etwas. Der Offizier hat in drei Feldern die chinesische Unterlegenheit ausgemacht: „die mangelnde Integration in den gemeinsamen Kampf, minimale Luftbetankungskapazitäten und eine fehlende militärisch-industrielle Infrastruktur zur Unterstützung der Flugzeugproduktion und -beschaffung“, wie er geschrieben hat. „Die Überwindung jedes dieser drei Bereiche würde enorm viel Zeit und Ressourcen erfordern, und alle drei zusammen stellen eine enorme Herausforderung für die chinesische Führung dar“, so McPhilamy abschließend.
Dagegen protzen die USA jetzt mit den Eckdaten ihrer F-47. Mit einer fünf Punkte umfassenden Aufzählung hat sich die US-Luftwaffe jetzt auf X aus der Deckung gewagt und will damit Stärke demonstrieren: Im Einsatz: zwischen 2025 und 2029; Kapazität: mindestens 185 Stück geplant; Aufgabe: Luftüberlegenheit; Einsatzradius: mindestens 1.000 Seemeilen (1.852 Kilometer); Höchstgeschwindigkeit: mindestens zweifache Schallgeschwindigkeit; Tarnfähigkeit: „Doppel-Plus“. Die USA sind mit dem „Gamechanger“ ihrer Definition nur ein halbes Jahr später an die Öffentlichkeit gegangen als die Chinesen, die die J-36 am 26. Dezember 2024 der Öffentlichkeit vorgestellt haben – am Geburtstag ihres gefeierten früheren Staatenlenkers Mao Zedong.
Reines Imponiergehabe auf beiden Seiten, urteilt Benjamin Jensen. Im Magazin Foreign Policy stellt der Analyst des US-Thinktanks Center for Strategic and International Studies (CSIS) klar: Mit der Präsentation neuer Rüstungstechnologie in Friedenszeiten verfolgten Regierungen den Zweck, diese nicht einsetzen zu müssen, argumentiert Jensen. „Indem sie ihre militärische Macht demonstrieren, setzen sie darauf, dass ihre Rivalen eine Eskalation vermeiden. Die Offenlegung neuer Technologien ist eine Form von Zwangsverhandlungen zwischen Staaten.“
Kampfjet-Politik: „Wirtschaftliche Bedrohungen beeinflussen Pekings Entscheidungen eher als militärische“
Jensen sieht in der Vorstellung der J-36 eine militärische Form der Diplomatie und die Antwort auf Trumps Drohung, gegen China einen Handelskrieg mittels Erhöhung der Zölle zu riskieren. Die Fehde um Taiwan ist in diesem Zusammenhang lediglich ein Nebenkriegsschauplatz. Insofern widerspricht er in Teilen der Argumentation des Magazins Army Recognition, die Einführung der F-47 sei nicht nur ein technologischer Sprung, sondern eine strategische Notwendigkeit. Trump beantwortet Xi Jinpings Offerte nach einem ökonomischen Miteinander auf militärische Art und unterliegt offenbar einem Missverständnis: „Wirtschaftliche Bedrohungen beeinflussen Pekings Entscheidungen eher als militärische“, schreibt Jensen.
Aber auch die USA gehen mit der F-47 wirtschaftlich „all-in“: Mit der spätestens 2029 geplanten Indienststellung wird sie vermutlich deutlich später einsatzbereit sein, als Chinas Kampfjet der sechsten Generation. Dazu kommt die Frage der Finanzierung. Die Kosten einer F-35 beispielsweise liegen bei bis zu 100 Millionen US-Dollar. Die Kosten einer F-47 sollen ein Vielfaches davon betragen. Anfangs war die Rede von 300 Millionen Dollar pro F-47, weswegen das NGAD-Programm des US-Verteidigungsministeriums zwischenzeitlich auf Eis gelegt worden war.
Bittere Wahrheit für Trump: Zweifel, dass die US-Luftwaffe im Indo-Pazifik den Himmel beherrschen könnte
Trotz aller Bemühungen einer Luftwaffe, die das technisch Mögliche realisiert, bestehen unter neutralen Beobachtern Zweifel, dass die US-Luftwaffe im Indo-Pazifik den Himmel beherrschen könnte – was Analysten des US-Thinktanks RAND bereits vor zehn Jahren geahnt hatten. Allein die rüstungstechnischen Bemühungen der Chinesen und der unendlich weite Weg für US-Kampfjets auf die dortigen Gefechtsfelder würden den USA in den ersten Tagen oder Wochen eines Konflikts das Leben schwer machen. Insofern drängt sich für Beobachter die Frage auf, ob von der F-47 auch eine trägergestützte Version entwickelt würde, anstatt der Marine mehr und mehr Mittel zu kürzen.
Auch auf der Erdoberfläche würde China seine geringe Distanz zum Kriegsgeschehen ausspielen können, urteilen aktuell Thomas Shugart und Timothy Walton vom Thinktank Hudson Institute; die beiden Analysten kritisieren, dass die USA viel Geld und Energie in Angriffsfähigkeiten investierten, aber die Verteidigung vernachlässigten: „Zusammenfassend lässt sich sagen, dass US-Flugplätze einer ernsthaften Angriffsgefahr ausgesetzt sind. Der derzeitige Ansatz des Verteidigungsministeriums, diese Bedrohung weitgehend zu ignorieren, lädt die Volksrepublik China zu Aggressionen ein und birgt das Risiko, einen Krieg zu verlieren.“ (KaHin)