Debatte um Schuldenbremse: Ökonom kritisiert Lindners „Denkfehler“ – doch der scheut die Diskussion
Ökonom deckt im TV „Denkfehler“ bei der Schuldenbremse auf – Lindner scheut die Diskussion
Schuldenbremse, Sparpläne, Ampel-Zoff: Experten nehmen Christian Lindner im TV ins Kreuzverhör. Bei einigen Themen fehlen dem Finanzminister die Argumente.
Berlin – Wie so oft weicht Finanzpolitiker Christian Lindner (FDP) einigen Themen gekonnt im TV aus: So ließ der FDP-Mann in der ARD-Talk-Sendung Caren Miosga die Zukunft der Ampel offen und antwortete lediglich auf die Frage, ob er die Koalition platzen lassen wolle: „Damit darf man nicht spielen.“ Seine Finanzpolitik verteidigte er vehement – doch als ein Experte Probleme seiner Sparpläne erklärt, kommt Lindner ins Schwitzen.
Reform der Schuldenbremse: Ökonom greift Lindners Sparpläne an bei Miosga-Sendung
Im zweiten Teil der Sendung vom Sonntagabend (7. April) waren Ökonom Jens Südekum (SPD) von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und die Journalistin Kristina Dunz, stellvertretende Leiterin der Hauptstadtredaktion des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND), zu Gast. Südekum kritisierte die Schuldenbremse und forderte eine Reform. Man solle Raum schaffen für zusätzliche Investitionen.
Ökonomen fordern länger eine Reformierung der Schuldenbremse und die Aufnahme von Schulden, um den Haushalt finanzieren zu können. Konkret schlagen führende Wirtschaftsforschungsinstitute im neuesten Gemeinschaftsgutachten vor, die derzeitige Schuldenobergrenze von 0,35 Prozent an die EU-Schuldenregeln anzupassen. Die EU-Regeln erlauben ein gesamtstaatliches Defizit von 0,5 Prozent. Bei einer Gesamt-Staatsverschuldung von weniger als 60 Prozent ist auch ein Defizit von 1,0 Prozent zulässig. Der Schuldenspielraum Deutschlands würde sich damit fast verdreifachen.
Kritik an Lindner: Ökonom verweist auf „Denkfehler“ bei Finanzplänen
Doch Finanzminister Lindner hält stattdessen an seinem Sparkurs fest und möchte diesen beim kommenden Haushalt ebenfalls fortführen, wie er in der TV-Sendung Caren Miosga erklärte: „Es gehört zur ökonomischen Vernunft, dass Deutschland stabil bleibt“, so Lindner. „Am Ende muss das immer jemand zahlen, und das sind die Bürger.“
Südekum zufolge begeht Lindner einen „Denkfehler“ bei seinen Plänen, indem er Strukturreform mit einem Sparkurs kombinieren will. Die von Lindner geforderte Entbürokratisierung sei richtig und sehr wichtig. Aber: „Solche Strukturreformen funktionieren nur in einem Umfeld, wo ansonsten ein Nachfrageschub da ist, wo die Konjunktur gut läuft“, so Südekum.
Lindner verteidigt Pläne für Schuldenbremse – und weicht Argumenten von Experten aus
Lindner antwortete darauf: „Die Zahlen sprechen leider eine andere Sprache. Wir haben 2019 vor der Pandemie 38 Milliarden Euro investiert. 2024 sind es 58 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt. Wir sparen nicht bei Investitionen, wir tun mehr.“ Die Investitionen würden aber auf eine schlechte Angebotsseite treffen – mit Fachkräftemangel, langen Planungszeiten, zu viel Bürokratie und zu hohen Steuern.
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Südekum zufolge gibt es allerdings diverse Ausgabebedarfe von staatlicher Seite in Höhe von 30 bis 50 Milliarden Euro mehr allein für die Erreichung der Klimaziele. „Es ist völlig illusorisch, diese Summen mobilisieren zu wollen, mit Kürzungen an anderer Stelle. Sie werden dadurch nicht 30 Milliarden einsparen.“
Von Südekums Argumenten scheint Lindner nichts hören zu wollen. Er wirft dem Ökonomen vor, nicht als Wissenschaftler zu argumentieren. „Sie haben jetzt gesprochen wie das SPD-Mitglied Südekum und nicht wie der Professor Südekum“, sagt er nach dessen Erklärung zur Reformierung. Es entsteht zumindest der Eindruck, Lindner entziehe sich mit diesen Schuldzuweisungen vor einer konstruktiven Diskussion mit einem Experten. (bohy)