Reiche will Einspeisevergütung abschaffen – RWE Chef geht noch weiter

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Reiche will Einspeisevergütung abschaffen – RWE-Chef geht noch weiter

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Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche will den Strom von privaten Solaranlagen nicht mehr subventionieren. Auch RWE-Vorstand Markus Krebber unterstützt den Vorstoß – für ihn ist das System unsinnig.

Berlin – In Deutschland ist die Stromerzeugung aus Photovoltaik-Anlagen durchaus beliebt: Die Leistung dieser installierten Anlagen hat sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt und ihre Anzahl wächst stetig. Waren 2024 noch 3,4 Millionen Anlagen mit 81 Gigawatt Nennleistung in Betrieb, sind es Ende März 2025 bereits 4,2 Millionen mit einer Leistung von 100 Gigawatt gewesen. Im deutschen Strommix macht die Erzeugung aus Solarenergie heute ca. 14 Prozent aus.

Private Solaranlagen produzieren Strom, wenn ihn keiner braucht

Wer sich heute eine Solaranlage aufs Dach baut, wird staatlich unterstützt – und zwar durch Steuerbefreiungen und eine Einspeisevergütung für den Strom, der ins Netz geliefert wird. Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) hat jetzt diese Zuschüsse für die privaten Solaranlagen auf den Dächern infrage gestellt. Unterstützt wird sie bei diesem Vorstoß von RWE-Chef Markus Krebber, der ebenfalls die Subventionen für die privaten Photovoltaik-Anlagen streichen will.

Für ihn sind die Förderungen reine „Mitnahmeeffekte“, wie er der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung Düsseldorf (WPV) mitteilte. Er hält sie für unnötig und auch für sozial ungerecht, denn die Besitzer dieser Anlagen würden sowieso weniger Strom kaufen und deshalb auch weniger Beitrag zu den Netzausbaukosten leisten. Diese werden nämlich nach der abgenommenen Strommenge berechnet und nicht über Fixkosten nach der Anzahl der Anschlussstellen. Seiner Meinung nach rechnen sich die privaten Solaranlagen auch ganz ohne Förderung.

Solardach über Staatsstraße
Sind die Subventionen für erneuerbare Energien sinnlos? © Peter Kneffel/dpa

Außerdem stellt Krebber auch den Sinn der Einspeisung des Stroms durch die privaten Anlagen infrage. Für ihn sind die privaten Solarstromerzeuger „Nutzer und Einspeiser, wie sie keiner haben will“. Der private Solarstrom wird nämlich immer dann ins Stromnetz eingespeist, wenn sowieso genug Sonne da ist und niemand den Strom dann wirklich benötigt. Das Ganze wird dann auch noch vergütet mit einem Preis von bis zu zehn Cent pro Kilowattstunde, der deutlich über dem Großhandelsstrompreis liegt (unter acht Cent pro Kilowattstunde).

In Zeiten, in denen die Solaranlagen keinen Strom produzieren, weil das Wetter nicht entsprechend ist, ziehen diese Haushalte dann ihren Strom auch aus dem öffentlichen Netz – wenn sowieso Stromknappheit herrscht. Ferner verursachen die privaten Solaranlagen auch Netzausbaukosten, die nicht von den Anlagenbetreibern, sondern von der Allgemeinheit bezahlt werden, die eben keine Solaranlagen betreibt. Für Krebber ist das Modell unsinnig – er plädiert zwar für die privaten Solaranlagen, jedoch ohne staatliche Förderung und mit einem angemessenen Beitrag zu den Netzausbaukosten.

Netzkosten müssen wirtschaftlich vernünftig geteilt werden

Gerade die Beteiligung an den Netzkosten müsste laut Krebber für die privaten Solaranlagenbetreiber diskutiert werden. Denn diese Stromproduzenten würden das öffentliche Netz immer nur dann in Anspruch nehmen, wenn in extremen Situationen sowieso Stromknappheit herrscht. In diesen Fällen müsste eigentlich ein größerer Beitrag zu den Netzkosten geleistet werden, so Krebber weiter. Wer allerdings vom öffentlichen Stromnetz komplett unabhängig ist, sollte auch nichts bezahlen müssen.

Krebber plädierte ferner dafür, dass jeder Betreiber erneuerbarer Energien sich an der „verursachergerechten Kostenverteilung“ beteiligt. Für jeden Anschluss ans Netz – egal ob Solar, Windpark oder Biogas, müsste ein Baukostenzuschuss bezahlt werden, mit dem sich der Betreiber am Netzausbau beteiligt. Dies würde auch dazu führen, dass Anlagen für erneuerbare Energien wieder ökonomisch vernünftig betrieben würden und diese eben nur dort installiert werden, wo entweder schon ein Netz vorhanden ist oder aber sich die Installation trotz Netzausbaukosten noch lohnt.

Heimspeicher bei Solaranlagen nützen dem Stromnetz nicht

Auch die Speicherung der privaten Solarenergie ist wenig sinnvoll, meint auch Lion Hirth von der Hertie School. Der Energieökonom erklärte, dass diese Heimspeicher bereits nach zwei Stunden voll aufgeladen sind bei entsprechendem Wetter und dann bei der stärksten Sonneneinstrahlung gar nicht mehr zur Verfügung stehen. Das sei eher schädlich für das Stromnetz und bringt der Versorgung eigentlich nichts. Trotzdem werden diese Heimspeicher von der KfW mit Steuergeld gefördert. Für Hirth sind die Heimspeicher deshalb auch eher ein „Steuersparmodell“. Es ist seiner Meinung nach sinnlos, viele hundert Gigawatt Strom in ein System einzuspeisen, ohne zu berücksichtigen, ob dieser Strom überhaupt gebraucht wird.

Ein Neustart für die Energiewende wird gefordert

Leo Birnbaum, Vorstandschef von E.ON, stellt die Förderung der privaten Stromerzeuger ebenfalls infrage und fordert einen Stopp für die Subventionen der privaten Solaranlagen. Er unterstreicht, dass über die staatliche Unterstützung Kapazitäten gefördert werden, die eigentlich niemand braucht und bereits wirtschaftlich tragfähige Technologien bezuschusst werden. Die Befreiung der Heimspeicher von den Netzentgelten ist seiner Meinung nach sinnlos, da diese die Netze gar nicht entlasten und sogar die Kosten für die Kunden erhöhen würden.

Ähnlich sieht das auch Krebber, der sich stark dafür macht, die Anreize bei der Energiewende neu zu organisieren. Akzeptanz für die erneuerbaren Energien ließe sich nur dann etablieren, wenn diese eben auch zu den günstigsten Kosten produziert werden können.

Subventionen kosten viel Geld und der Netzausbau hinkt hinterher

Wie die Bundesnetzagentur mitteilt, wurden im Jahr 2023 knapp zehn Milliarden Euro an Subventionen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für Solarstrom gezahlt. Zusätzlich wurden 3,8 Milliarden für Biomasse aufgewendet und insgesamt 3,4 Milliarden Euro für Windenergie an Land und auf See. Diese Summen übersteigen die Vorjahreswerte teilweise deutlich.

Der Boom bei den erneuerbaren Energien macht auch den Netzbetreibern zu schaffen. Sie kommen teilweise mit den Netzanschlüssen nicht mehr hinterher. So musste gerade diesen Sommer ein Netzbetreiber aus Reutlingen mitteilen, dass auf absehbare Zeit keine neuen Solaranlagen mehr ans Netz gehen können. Im vergangenen Jahr kapitulierte bereits ein anderer Betreiber in Brandenburg, der auch über die Solaranlagen hinaus keine Anschlüsse mehr anbieten konnte.

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