Stimmungsbild nach Cannabis-Legalisierung: Wo die „Unsicherheit bislang am größten“ ist
Wie verhalten sich Kiffer in der Öffentlichkeit, und welche Herausforderungen ergeben sich für die Suchthilfe? Erste Eindrücke nach zwei Wochen der Cannabis-Legalisierung.
München – „Ich habe überhaupt nicht den Eindruck, dass in München auf einmal an jeder Ecke gekifft wird“, sagt Prop-Geschäftsführer Marco Stürmer. Der gemeinnützige Verein begleitet Jugendliche in schwierigen Lebenssituationen und Menschen mit Suchtproblemen. „Das Angebot reicht von der Überlebenssicherung über stationäre Behandlungsmöglichkeiten bis zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft“, heißt es auf der Prop-Homepage.
Cannabis-Legalisierung in München und Bayern: Wie lief der Auftakt?
Die seit dem 1. April geltende Cannabis-Legalisierung verändert die Arbeit des Vereins. „Menschen kommen jetzt nicht mehr aufgrund juristischer Auflagen zu uns“, erklärt Stürmer, „wir müssen womöglich andere Zugangswege finden“. Der Prop-Geschäftsführer berichtet von einem ersten Stimmungsbild aus den Beratungsstellen. „Unsere Wahrnehmung ist, dass vor allem Eltern und Mitarbeiter aus Schulen und Jugendhilfeeinrichtungen den höchsten Informationsbedarf haben. Mit Blick auf die Cannabis-Legalisierung ist die Unsicherheit bei ihnen bislang am größten.“ Aus diesem Grund habe man in den kommenden Wochen drei digitale Elternabende angesetzt.
Bayerns Cannabis-Strafenkatalog: Empfindliche Bußgelder drohen
Der Freistaat Bayern will das Cannabis-Gesetz „extrem“ streng umsetzen. Der Konsum von Cannabis in unmittelbarer Gegenwart von Unter-18-Jährigen ist verboten. Wer dagegen verstößt, dem droht ein Bußgeld in Höhe von 1000 Euro. 500 Euro kostet es, wenn man gegen die im Cannabis-Gesetz aufgelisteten Konsumverbote verstößt. Der komplette Strafenkatalog im Überblick.
Die unter anderem von Mitgliedern der Bayerischen Staatsregierung befürchteten Kiffer-Hotspots hätten sich zumindest in München noch nicht etabliert. „Es ist naheliegend, dass im Englischen Garten oder in den Isarauen konsumiert wird. Das waren aber auch vor der Legalisierung schon Orte und Plätze, an denen gekifft wurde“.
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Viel spiele sich weiterhin im privaten Bereich ab, so Stürmers Eindruck. Ein vorschnelles Fazit wolle er zwei Wochen nach der Cannabis-Legalisierung nicht ziehen. „Wir müssen schauen, wie sich das in den nächsten Monaten entwickelt.“
Experte über junge Cannabis-Konsumenten: „Hilfsangebot in München und Bayern weiter ausbauen“
In Bezug auf das „sehr komplexe“ Gesetz fügt der Sozialpädagoge an: „Unser Wunsch wäre gewesen, dass man mehr Mittel für gesundheitspolitische Beratung zur Verfügung stellt, wenn man diesen Schritt geht.“ Er hoffe allerdings, dass sich im Zuge der Entkriminalisierung mehr Menschen trauen, Hilfe in Anspruch zu nehmen. „Wenn der Konsum aus der Illegalität herauskommt, nimmt einigen das vielleicht die Angst.“ Sein Verein wolle die Entwicklung in „jugendliche Lebenswelten“ im Blick behalten, Aufklärungsarbeit in Schulen und Freizeitheimen, auf Partys und im Internet leisten.
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In den vergangenen Jahren habe man einen Anstieg bei Cannabis-Konsumenten im Alter zwischen 18 und 21 Jahren beobachtet. „Daher ist es wichtig, das Hilfsangebot in München und Bayern weiter auszubauen.“ Ob Kiffen jetzt „cooler“ wird? Man berichte sich in Fachkreisen, dass die Konsumentscheidung gar nicht so sehr davon abhänge, ob der Cannabis-Konsum erlaubt sei oder nicht. Für seinen Verein bleibe das Ziel, Menschen mit Suchtproblematiken möglichst früh zu erreichen, bilanziert Stürmer. „Dann sind die Prognosen am besten.“