So bekämpfen Sie das Impingement-Syndrom

Sie stehen morgens auf und schon der bloße Griff nach der Kaffeetasse bereitet Ihnen Schmerzen in der Schulter. Jede einfache Bewegung wie das Anziehen eines T-Shirts oder das Heben der Arme wird zur Qual. Diese alltäglichen Beschwerden könnten auf ein Impingement-Syndrom hinweisen, eine häufige Ursache für Schulterbeschwerden, die die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen kann. Aber was genau ist das Impingement-Syndrom, und wie kann man es effektiv behandeln?

Was ist das Impingement-Syndrom?

Das Impingement-Syndrom, auch bekannt als Engpass-Syndrom, bezieht sich auf eine schmerzhafte Einengung im Raum unter dem Schulterdach (Acromion). In diesem Prozess werden Muskeln, Sehnen oder Nerven der Schulter eingeklemmt, was zu schmerzhaften Reizungen und einer starken Einschränkung der Beweglichkeit führt. Dieser Zustand kann auch zu Entzündungen von Sehnen oder Schleimbeuteln (Bursitis) führen, was die Situation weiter verschlimmert. In Deutschland sind etwa zehn Prozent der Bevölkerung einmal im Leben von dieser Erkrankung betroffen, meist um das 50. Lebensjahr herum.

Ursachen des Impingement-Syndroms

Die Ursachen des Impingement-Syndroms sind vielfältig und können sowohl strukturell als auch funktionell bedingt sein. Das primäre (Outlet) Impingement-Syndrom entsteht durch knöcherne Veränderungen wie Knochensporne oder eine abnormale Form des Acromions, die den Raum unter dem Schulterdach verengen. Das sekundäre (Non-Outlet) Impingement-Syndrom wird durch Weichteilveränderungen verursacht. Hierbei können Entzündungen des Schleimbeutels oder Schädigungen der Rotatorenmanschette für die Einengung verantwortlich sein.

Weitere Ursachen können sein:

  1. Überbelastung: Häufige Überkopfbewegungen, die in bestimmten Sportarten wie Tennis oder Schwimmen vorkommen, können das Impingement-Syndrom begünstigen.
  2. Verschleißerscheinungen: Mit zunehmendem Alter können Abnutzungserscheinungen im Schultergelenk auftreten, die den Raum unter dem Acromion verengen.
  3. Verletzungen: Verletzungen der Rotatorenmanschette oder des Schleimbeutels können ebenfalls die Ursache für ein Impingement-Syndrom sein.
  4. Schlechte Haltung: Eine schlechte Körperhaltung, insbesondere eine Rundrückenhaltung, kann zu muskulären Dysbalancen führen, die das Risiko eines Impingement-Syndroms erhöhen.
  5. Unzureichende Gelenkstabilität: Ist die Schultermuskulatur nicht gleichmäßig und zureichend ausgeprägt, kann es zu Enge im Gelenk kommen.

Symptome des Impingement-Syndroms

Typische Symptome des Impingement-Syndroms sind:

  1. Schmerzen bei Überkopfbewegungen: Schmerzen treten oft bei Aktivitäten auf, bei denen die Arme über den Kopf gehoben werden, wie beim Anziehen von Kleidung oder beim Greifen nach Gegenständen in höheren Regalen.
  2. Nachtschmerzen: Viele Betroffene berichten über Schmerzen, die besonders nachts auftreten und das Liegen auf der betroffenen Seite erschweren.
  3. Schmerzen und Bewegungseinschränkungen: Im fortgeschrittenen Stadium kann es zu einer deutlichen Einschränkung der Schulterbeweglichkeit und Schmerzen auch bei alltäglichen Bewegungen kommen.

Diagnose und Untersuchungen

Die Diagnose eines Impingement-Syndroms beginnt in der Regel mit einer detaillierten Anamnese und einer klinischen Untersuchung durch einen Facharzt. Es gibt verschiedene Bewegungstests, die Aufschluss darüber geben können, ob ein Impingement-Syndrom vorliegt. Dazu gehören der Neer-Test und der Hawkins-Kennedy-Test, bei denen spezifische Bewegungen der Schulter durchgeführt werden, um Schmerzen zu provozieren.

Ergänzend zu den klinischen Untersuchungen werden bildgebende Verfahren eingesetzt, um die Diagnose zu bestätigen und die Schwere der Erkrankung zu bestimmen:

  1. Röntgenaufnahmen: Diese können knöcherne Veränderungen wie Knochensporne oder Anomalien des Acromions sichtbar machen.
  2. Ultraschall: Eine Ultraschalluntersuchung ermöglicht die Beurteilung der Weichteile, insbesondere der Sehnen der Rotatorenmanschette und des Schleimbeutels.
  3. MRT (Kernspintomographie): Ein MRT kann detaillierte Bilder von Weichteilschäden, Entzündungen und Sehnenschädigungen liefern und ist besonders hilfreich, wenn ein Sehnenriss vermutet wird.

Behandlung des Impingement-Syndroms

Die Behandlung des Impingement-Syndroms kann konservative und operative Maßnahmen umfassen. In vielen Fällen wird zunächst eine konservative Behandlung angestrebt, um eine Operation zu vermeiden.

Konservative Behandlung

In der Regel beginnt die konservative Behandlung mit Physiotherapie. Ziel der Physiotherapie ist es, die Muskeln zu stärken, die Haltung zu verbessern und die Beweglichkeit der Schulter zu erhöhen. Übungen zur Kräftigung der Rotatorenmanschette sowie umliegender Muskulatur und Dehnübungen können dabei helfen, den Raum unter dem Schulterdach zu vergrößern und die Reizung der Weichteile zu reduzieren.

Zusätzlich können folgende Maßnahmen zur konservativen Behandlung gehören:

  1. Schmerzmedikation: Schmerzmittel und entzündungshemmende Medikamente können helfen, die Schmerzen zu lindern und die Entzündung zu reduzieren.
  2. Kortison-Injektionen: In schweren Fällen können Kortison-Injektionen direkt in den betroffenen Raum gespritzt werden, um die Entzündung zu hemmen und die Schmerzen zu lindern.

Operative Behandlung

Wenn die konservative Behandlung keine ausreichende Linderung der Beschwerden bringt und die Schmerzen weiterhin bestehen, kann eine Operation notwendig sein. Die operative Behandlung des Impingement-Syndroms wird häufig arthroskopisch durchgeführt, eine minimalinvasive Technik, die auch als Schlüsselloch-Chirurgie bekannt ist.

Bei der Operation wird der entzündete Schleimbeutel entfernt und knöcherne Veränderungen wie Knochensporne werden abgetragen, um mehr Platz für die Weichteile zu schaffen und die Reibung zu reduzieren. Patienten bleiben in der Regel etwa zwei Nächte in der Klinik und können die operierte Schulter bereits am Tag nach der Operation wieder bis zur Schmerzgrenze bewegen.

Nachsorge und Rehabilitation

Die Nachsorge und Rehabilitation sind entscheidend für den Erfolg der Behandlung des Impingement-Syndroms. Nach einer Operation beginnt die Physiotherapie bereits am ersten Tag nach dem Eingriff, um die Beweglichkeit der Schulter wiederherzustellen und die Muskeln zu stärken. Die Dauer der Nachbehandlung kann individuell unterschiedlich sein und beträgt in der Regel zwischen drei und sechs Monaten. Je nach beruflicher Belastung kann die volle Arbeitsfähigkeit nach etwa sechs bis zwölf Wochen wieder erreicht werden.

Übungen zur Unterstützung der Heilung

Regelmäßige und gezielte Übungen sind ein wesentlicher Bestandteil der Nachsorge und können dazu beitragen, die Schulter zu stabilisieren und die Muskulatur zu stärken. Hier sind einige hilfreiche Übungen, die Sie unter Anleitung eines Physiotherapeuten durchführen können:

  1. Pendeln der Arme: Stehen Sie leicht nach vorne gebeugt und lassen Sie den verletzten Arm locker herabhängen. Bewegen Sie den Arm langsam in kleinen kreisenden Bewegungen. Das löst zwar nicht das Problem, kann aber temporär entlasten.
  2. Kraftübungen mit Widerstandsbändern: Diese Übungen helfen, die Rotatorenmanschette zu stärken und die Schulterstabilität zu verbessern.
  3. Dehnübungen: Dehnen Sie die Brust- und Schultermuskulatur, um Verspannungen zu lösen und die Beweglichkeit zu erhöhen.

Schlafposition bei Impingement-Syndrom

Viele Betroffene des Impingement-Syndroms haben Schwierigkeiten, eine schmerzfreie Schlafposition zu finden. Hier sind einige Tipps, wie Sie Ihre Schlafposition anpassen können, um den Schmerz zu lindern:

  1. Rückenschläfer: Legen Sie ein Kissen unter den Ellbogen des betroffenen Arms, um die Schulter in einer entspannten Position zu halten.
  2. Seitenschläfer: Schlafen Sie auf der nicht betroffenen Seite und platzieren Sie ein Kissen vor Ihrem Körper, auf dem Sie den betroffenen Arm ablegen können.
  3. Vermeiden Sie das Schlafen auf der betroffenen Seite: Dies kann den Druck auf die Schulter erhöhen und die Schmerzen verschlimmern.

Hüftarthroskopie und Beweglichkeitstests

Obwohl das Impingement-Syndrom häufig mit der Schulter in Verbindung gebracht wird, kann es auch in anderen Gelenken wie der Hüfte auftreten. Eine Hüftarthroskopie kann bei einem Hüft-Impingement-Syndrom durchgeführt werden, um die Ursachen der Beschwerden zu identifizieren und zu behandeln. Ebenso wie bei der Schulter sind auch bei der Hüfte spezifische Bewegungstests und bildgebende Untersuchungen notwendig, um eine genaue Diagnose zu stellen.

Wann wieder fit?

Die Frage, wann man nach einer Behandlung des Impingement-Syndroms wieder fit ist, hängt von vielen Faktoren ab, darunter das Ausmaß der Verletzung, die durchgeführte Behandlung und die individuelle Heilungsfähigkeit. Im Allgemeinen kann man sagen:

  1. Konservative Behandlung: Die Rückkehr zu normalen Aktivitäten kann zwischen sechs und zwölf Wochen dauern, abhängig davon, wie gut die konservativen Maßnahmen anschlagen.
  2. Operative Behandlung: Nach einer Operation kann die vollständige Genesung und Rückkehr zu normalen Aktivitäten zwischen drei und sechs Monaten dauern. Die Physiotherapie spielt hierbei eine entscheidende Rolle, um die Schulter wieder vollständig funktionsfähig zu machen.

Heilungschancen und Prognose

Die Heilungschancen beim Impingement-Syndrom sind im Allgemeinen gut, insbesondere wenn die Behandlung frühzeitig beginnt und konsequent durchgeführt wird. Eine gezielte physiotherapeutische Behandlung kann die Beschwerden in vielen Fällen deutlich lindern und eine Operation oft vermeiden. Bei operativen Eingriffen sind die Erfolgsaussichten ebenfalls hoch, und die meisten Patienten können ihre Schulter nach der Rehabilitation wieder schmerzfrei und voll funktionsfähig nutzen.

Ansprechpartner und Anlaufstellen

Bei Verdacht auf ein Impingement-Syndrom sind folgende Ansprechpartner und Anlaufstellen hilfreich:

  1. Hausarzt: Für eine erste Einschätzung und Überweisung zu einem Spezialisten.
  2. Orthopäde/Chirurg: Spezialisiert auf Diagnostik und Behandlung von Schulterproblemen.
  3. Physiotherapeuten: Unterstützen durch gezielte Übungen und manuelle Therapie.
  4. Kliniken: Einrichtungen, die auf die Behandlung von Schulterproblemen spezialisiert sind.

Fazit

Das Impingement-Syndrom ist eine häufige Ursache für Schulterschmerzen und Bewegungseinschränkungen. Frühe Diagnose und gezielte Behandlung sind entscheidend, um chronische Beschwerden zu vermeiden und die Lebensqualität zu verbessern. Ob konservative Maßnahmen oder eine Operation – mit der richtigen Therapie und einer konsequenten Nachsorge stehen die Heilungschancen gut.

Über Benjamin Munsch

Benjamin Munsch ist selbstständiger Physiotherapeut und Gründer der Praxis ModernPhysio im Rhein-Hunsrück. Seine fundierte Ausbildung absolvierte er in Neuwied und absolvierte das Studium zum B.Sc in den Niederlanden. Neben seiner praktischen Tätigkeit unterrichtet er an Physiotherapieschulen angehende Therapeuten und hat zahlreiche Fortbildungen für bereits ausgebildete Fachkräfte durchgeführt. Darüber hinaus ist er als Autor tätig.

Wichtiger Hinweis: Die hier bereitgestellten Informationen dienen nur zu allgemeinen Informationszwecken und ersetzen nicht die professionelle Beratung und Behandlung durch einen Arzt. Bei Verdacht auf ernsthafte gesundheitliche Probleme oder bei anhaltenden Beschwerden sollten Sie immer einen Arzt aufsuchen.