„Fatale“ Forderung: Nun sollen Rentner Pflegekosten aus dem Vermögen bezahlen

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Die private Krankenversicherung will, dass Versicherte mit ihrem Vermögen für die Pflegekosten bezahlen. Doch das gehe „noch mehr ans Ersparte“.

Wie teuer ist die Pflege – und wer soll wie viel dafür bezahlen? Die private Krankenversicherung (PKV) hat ein Gutachten in Auftrag gegeben, das Institut der deutschen Wirtschaft hat es durchgeführt. Das Ergebnis: Die Versicherten sollten hauptsächlich selbst für die Pflege aufkommen. „Allen Unkenrufen zum Trotz kann die große Mehrheit der Menschen die Pflegekosten im Alter eigenverantwortlich tragen“, erklärte der Vorsitzende des PKV-Verbands, Thomas Brahm.

Und weiter: „Diese Tatsache sollte die Politik nutzen, um die Pflegeversicherung jetzt auf ein nachhaltig finanziertes und generationengerechtes Fundament zu stellen.“ Was bedeutet das für die Rentner, die derzeit ohnehin mehr für Krankenkasse und Pflegeversicherung blechen müssen?

Private Versicherung: Viele Rentner können Pflegekosten stemmen

Laut dem Gutachten könnten mehr als 70 Prozent der Haushalte im Rentenalter in Deutschland eine stationäre Pflege über mehrere Jahre finanzieren. Haushalte ab 66 Jahren in Deutschland verfügen im Durchschnitt über ein Netto-Vermögen von knapp 320.000 Euro – Immobilienvermögen eingerechnet.

„Wenn man nicht nur das Einkommen, sondern auch die Vermögenslage der Rentner berücksichtigt, können sie die Eigenanteile im Pflegeheim von rund 3.000 Euro monatlich aus eigener Kraft fünf Jahre lang tragen“, heißt es.

Daher könne man von privaten Haushalten erwarten, dass sie ihr Vermögen auch zur Finanzierung potenzieller Pflegekosten einsetzen „und nicht die Kosten der Heimpflege pauschal zu subventionieren, wie es derzeit durch den Leistungszuschlag geschieht“. Dies würde den Haushalt der Pflegeversicherung und die Beitragszahler vor noch stärkeren Beitragssatzerhöhungen schützen, so die Autoren der Studie. Steigende Beiträge würden die Arbeitskosten in Deutschland weiter in die Höhe treiben.

Sozialverband: „Dem Pflegesystem in Deutschland droht der Kollaps“

Der Sozialverband äußert Kritik an der Position der privaten Krankenversicherung. „Richtig ist: Dem Pflegesystem in Deutschland droht der Kollaps, wir brauchen jetzt schnell eine echte und umfassende Reform“, sagt die Vorsitzende des Sozialverbands, Michaela Engelmeier, IPPEN.MEDIA: „Aber bei der Finanzierung noch mehr an das Ersparte der Betroffenen heranzugehen, wäre ein fatales Signal an alle Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen.“

Denn: „Diese knapp fünf Millionen Menschen stehen schon jetzt unter enormem finanziellen und emotionalen Druck.“ Höhere Eigenanteile und steigende Beiträge seien „für viele nicht mehr tragbar“.

Sitzung Sportausschuss mit Michaela Engelmeier SPD
Michaela Engelmeier saß von 2013 bis 2017 für die SPD im Bundestag. Seit zwei Jahren ist sie Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland (SoVD). © Gregor Fischer/picture alliance

Rentenkasse für alle: Sozialverband fordert „Bürgerversicherung“

Der Sozialverband plädiert für ein anderes Modell: eine „Bürgerversicherung“, in die alle Bürger – „also auch Beamte und Besserverdienende“ – einzahlen. „Dann könnten die Pflegekosten auf breitere Schultern verteilt werden“, so Engelmeier. Dies würde den Haushalt der Pflegeversicherung stärken und die Versicherten „nicht nur vor stärkeren Beitragssatzerhöhungen bewahren, sondern könnte sogar Beitragssenkungen ermöglichen.“

Beamte sind von Sozialabgaben befreit und zahlen beispielsweise nicht in die Rentenkasse ein. Sie müssen jedoch ihre Krankenversicherung selbst finanzieren, was monatlich mehrere hundert Euro kosten kann.

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