Brisanter Vorschlag: SPD will privaten Krankenkassen „endlich“ ein Ende setzen
Die SPD macht im Wahlkampf einen brisanten Vorschlag: Nach dem Willen der Sozialdemokraten sollte es keine privaten Versicherungen für Gesundheit und Pflege mehr geben.
Berlin – Auch wenn jetzt die Feiertage beginnen und im Bundestagswahlkampf eine Pause zu erwarten ist: 2025 werden die Parteien umso härter um die Stimmen der Bürgerinnen und Bürger kämpfen. Die Wahlprogramme der großen Parteien sind nun veröffentlicht, darin machen SPD, CDU, Grüne, Linke, AfD und FDP zahlreiche Vorschläge, mit besonderem Fokus auf die angeschlagene Wirtschaft. Auch bei den sozialen Sicherungssystemen sind Reformen gefragt: Sei es bei der Rente, bei der Gesundheitsversorgung, bei der Pflege oder bei der Grundsicherung. Die SPD wirbt in ihrem Programm für ein altbekanntes Vorhaben: die Bürgerversicherung für alle.
Bürgerversicherung statt gesetzlicher und privater Krankenkasse: Das steht im SPD-Wahlprogramm
„Wir setzen auf ein solidarisches System, das allen Menschen gleichen Zugang zu Gesundheitsleistungen in gleicher Qualität ermöglicht“, heißt es im Wahlprogramm der SPD. „Ein solidarisches Finanzierungssystem schafft Vertrauen und nimmt den Bürgerinnen und Bürgern die Sorge vor finanziellen Belastungen. Versicherte dürften nicht durch ihre Wahl der Krankenkasse benachteiligt werden.“ Das Beitragssystem soll gestärkt werden und gesetzliche und private Versicherungen sollen zu einer „solidarischen Bürgerversicherung“ ausgebildet werden, erläutern die Sozialdemokraten weiter.
Unter „Bürgerversicherung“ ist ein Einheitssystem zu verstehen, bei der es kein Nebeneinander von privaten und gesetzlichen Versicherungen gibt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich in der Vergangenheit auch schon dafür ausgesprochen, zuletzt auch Anfang Dezember beim Parteitag der SPD. „Wir brauchen endlich einen solidarischen finanziellen Ausgleich zwischen der privaten und der gesetzlichen Pflegeversicherung.“
Private Krankenkassen warnen: Bürgerversicherung würde Probleme der Krankenversicherung nicht lösen
Wie der Verband der Privaten Krankenversicherungen (PKV) in einer Reaktion schreibt, würde dies einer „Abschaffung der kapitalgedeckten Privaten Krankenversicherung“ gleichkommen. „Es ist ein Irrglaube, dass sich mit der Einbeziehung der Privatversicherten in die umlagefinanzierten Systeme die Finanznot von SPV und GKV auch nur ansatzweisen bewältigen ließen: 10 Prozent der Versicherten können schlicht nicht das Grundproblem von 90 Prozent lösen.“ Die PKV wirke als „ Stabilisator im Gesundheitssystem“ so der Verband weiter.

Anders sehen das die Gewerkschaften. Sowohl die Verdi als auch IG Metall veröffentlichen regelmäßig dazu Beiträge auf ihren Portalen. Vorstandsvorsitzender Hans-Jürgen Urban von der IG Metall erläutert in einem dieser Artikel: „Die Bürgerversicherung stellt die Finanzierung der Gesundheitsversorgung auf eine breitere Basis. Beamtinnen und Beamte, Apothekerinnen und Apotheker, Politikerinnen und Politiker, Anwältinnen und Anwälte – sie alle werden einbezogen. Dadurch fließt mehr Geld ins System. Das ist die Grundidee der Bürgerversicherung: Gerechter und solide finanziert.“
Dabei schlägt Urban auch vor, wie man die Umstellung stufenweise erfolgen lassen könnte. „Entscheidend ist, dass die privat Versicherten einbezogen werden und sich am Solidarsystem beteiligen. Das kann auch stufenweise gelingen, zum Beispiel durch die Wahlmöglichkeit für Beamtinnen und Beamte, sich auch in der gesetzlichen Krankenversicherung zu versichern.“ Aktuell haben Beamte und Beamtinnen keine Wahl, sie sind automatisch in der privaten Versicherung. „Privatversicherte haben ein höheres Einkommen und oftmals niedrigere Gesundheitsrisiken. Sie bleiben aber unter sich. Das ist weder zeitgemäß noch gerecht.“
SPD will auch private Pflegeversicherung beenden und Pflege-Deckel einführen
Wie genau die SPD eine solche Reform angehen würde, erläutern die Sozialdemokraten nicht weiter. Sie wollen die Bürgerversicherung aber auch für die Pflege einführen. „Pflegebedürftigkeit darf kein Armutsrisiko sein. Deswegen wollen wir das bisherige Nebeneinander von gesetzlicher und privater Pflegeversicherung beenden“, heißt es ganz konkret. Den Eigenanteil der stationären Pflege wollen die Sozialdemokraten auf 1000 Euro pro Monat deckeln. Wie der Pflege-Deckel finanziert werden soll, ist nicht ganz klar – ob das durch eine Bürgerversicherung auch in der Pflege möglich wäre, wird nicht erklärt.
Zur Krankenversicherung schreibt die SPD auch, dass versicherungsfremde Leistungen mehr aus Steuermitteln finanziert werden sollen. Dieses Vorhaben hatten SPD, Grüne und FDP bereits im Koalitionsvertrag vereinbart, aufgrund knapper Kassen dann aber nicht umgesetzt. Die Grünen haben diese Forderung zur Reform der Krankenkassen daher auch im Wahlprogramm erneut aufgenommen.