Die vergessene Front - Warum der Norden Israels jetzt im Fokus stehen muss, weil Hisbollah buchstäblich Feuer legt
Während die Welt gebannt auf den Süden Israels und den Gaza-Konflikt blickt, gerät eine andere, ebenso gefährliche Front im Norden nahezu in Vergessenheit, erklärt Israel-Insider Guy Katz. Seit Jahrzehnten lebt die Bevölkerung dort unter der ständigen Bedrohung der Hisbollah.
Nun eskaliert die Lage erneut. Deswegen möchte ich den Blick auf die oft übersehene Krise im Norden Israels und die globalen Implikationen dieses Konflikts werfen. Warum muss die internationale Gemeinschaft jetzt hinschauen?
Eine Kindheit im Schatten des Konflikts
Ich komme aus dem Norden Israels. Als Kinder der 90er mussten wir oft in den Bunker gehen. Eine besonders eindrückliche Erinnerung stammt aus der achten Klasse. Wir hatten Sportunterricht und entweder keine Zeit oder keinen Zugang zu einem Bunker. So waren wir in der Sporthalle und hofften, nicht von Katjuscha-Raketen getroffen zu werden. Diese Erfahrung ist nur eine von vielen, an die ich mich gut erinnern kann. Für uns Kinder war es Alltag, in Angst und Unsicherheit aufzuwachsen. Die Hisbollah beschießt den Norden seit Jahrzehnten, trotz des vollständigen Rückzugs Israels aus dem Libanon im Jahr 2000 und eines offiziellen „Waffenstillstands“.
Ein Déjà-vu: Die Parallelen zu Gaza
Erinnert es an etwas? Ja, ziemlich genau wie mit der Hamas in Gaza. Beide Gruppen, sowohl die Hisbollah im Norden als auch die Hamas im Süden, teilen eine radikale Ideologie und das Ziel, Israel zu zerstören. Trotz internationaler Bemühungen und zahlreicher Waffenstillstandsabkommen bleibt die Region in einem ständigen Spannungszustand.
Über Professor Guy Katz

Guy Katz, Professor für Internationale Unternehmensführung an der Hochschule München, kam 2004 von Israel nach Deutschland, ist selbst Jude und arbeitete vor seiner akademischen Laufbahn im israelischen Militär als Nachrichtenoffizier. Zu den Aufgaben eines Nachrichtenoffiziers gehört vor allem die Informationsbeschaffung über fremde Militärs, Militärtechnik und andere, für die Verteidigung bedeutsame Sachverhalte.
Die neue Taktik der Hisbollah
Seit dem 7. Oktober gibt es auch im Norden Israels einen Krieg, über den kaum berichtet wird, obwohl 150.000 Menschen seit fast einem Jahr nicht mehr zu Hause sind. Die Hisbollah hat ihre Taktik geändert und beginnt nun, nicht nur Raketen zu schießen, sondern auch im Norden Israels Feuer zu legen, das besonders schwer zu löschen ist – vor allem im heißen Sommer. Da muss man fast lachen, wenn man an die „Umweltprobleme“ denkt, die wir in Europa so haben. Der Norden ist tot und sehr zerstört.
Der Alltag der Vertriebenen
Sehr wenige Menschen sind im Norden geblieben; der Rest ist seit Monaten in Hotels untergebracht, oft mit einer ganzen Familie in einem kleinen Zimmer. Es gibt keine Rücksicht auf die Bedürfnisse von Familien, und niemand spricht darüber. Die Wirtschaft im Norden ist quasi tot, und die wenigen, die dort noch leben und „standhalten“, berichten von Umsatzeinbrüchen von mehr als 80 Prozent. Der Alltag ist von Armut und Perspektivlosigkeit geprägt.
Globale Dimension: Ein Aufruf zur Aufmerksamkeit
Israel muss was dagegen unternehmen. Und was wird dann passieren? Wahrscheinlich einen Aufruf wie „All eyes on Lebanon“, ähnlich zu „All eyes on Rafah“. Die Welt muss verstehen, dass Israel einen ungewollten Krieg kämpft um Gerechtigkeit und Werte. Wenn dieser verloren wird, egal ob im Süden oder Norden, oder zu früh aufgehört wird, wird nur eine Seite gewinnen: der extremistische Islam. Die Folgen eines solchen Sieges wären nicht nur regional, sondern global spürbar, auch in Europa, und zwar bald.
Lasst uns das Ganze stoppen, bevor es weiter nach Westen wandert
Dieser Konflikt ist mehr als nur eine regionale Auseinandersetzung. Es geht um die Verteidigung von unseren westlichen Werten und Gerechtigkeit. Israel kämpft nicht nur für seine eigene Sicherheit, sondern auch gegen eine ideologische Bedrohung, die weit über die Grenzen des Nahen Ostens hinausreicht. Lasst uns das Ganze stoppen, bevor es weiter nach Westen wandert. Die internationale Gemeinschaft darf diesen Kampf nicht ignorieren, denn die Konsequenzen eines Scheiterns würden uns alle betreffen.
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Dieser Text stammt von einem Expert aus dem FOCUS online EXPERTS Circle. Unsere Experts verfügen über hohes Fachwissen in ihrem Themenbereich und sind nicht Teil der Redaktion. Mehr erfahren.