Neue Minister: Merz-Trio soll unsere Wirtschaft ankurbeln und muss einen Habeck-Fehler vermeiden

Sie sollen richten, was die Ampel angerichtet hat: Katherina Reiche als neue Wirtschaftsministerin, Karsten Wildberger als Minister für Digitalisierung und Staatsmodernisierung und Dorothee Bär als Ministerin, die sich im Kabinett von Kanzler Friedrich Merz um Forschung, Technologie und Raumfahrt kümmert, bilden das Trio, das jetzt so ins Getriebe eingreifen soll, dass wieder etwas läuft. Oder?

Neue Ministerin Reiche: Disziplinierte Managerin

Katherina Reiche kann steuern. Sie ist eine disziplinierte Managerin, die Strukturen liebt und dem Zufall möglichst keine Chance lässt. Die gebürtige Brandenburgerin leitet die Eon-Tochter Westenergie. Mehr als 9000 Mitarbeiter betreiben 180.000 Kilometer Strom- und 24.000 Kilometer Gasleitungen, dazu kommt das Breitbandnetz. 

Reiche managt die Lebensadern im Westen der Republik. „Wasserstoffkönigin“, lautet einer ihrer inoffiziellen Titel, weil sie auch Chefin des Nationalen Wasserstoffrates ist und damit eines der Zukunftsprojekte der Energiewende vorantreiben sollte. Üppige 80 Punkte umfasst der Plan, den sie als „Einstieg in die Wasserstoffwirtschaft“ bezeichnet – womit klar wird, dass sie sich, wenn es darauf ankommt, auch fürs Detail interessiert.

Die Managerin war zuletzt vor zehn Jahren in der Politik aktiv. Reiche war von 1998 bis 2015 für die CDU Mitglied des Deutschen Bundestages, zuletzt als parlamentarische Staatssekretärin im Umwelt-, und dann im Verkehrsministerium. 2015 verzichtete sie auf ihr Bundestagsmandat und wechselte direkt und ohne Unterbrechung in die Wirtschaft, was ihr ein bisschen Kritik einbrachte – aber eben nur ein bisschen. 

„Wir brauchen Männer als Rollenvorbilder"

Sie ist auch Gründerin einer Frauen-Akademie, die FEMower heißt und sich die Förderung und Herstellung von Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern in Wissenschaft und Forschung auf die Fahnen geschrieben hat. In dieser Eigenschaft hat sie sich an die Männer um sie herum gewandt mit der Aufforderung: „Wir brauchen Männer als Rollenvorbilder, die zum Beispiel in Teilzeit arbeiten und sich verstärkt um die Erziehung der Kinder kümmern.“ 

Politische Erfahrung, erprobte Managerin einer technologiegetriebenen Energiewende und profilierte Verteidigerin der Diversität –all das sind Eigenschaften, die der nächste Kanzler Friedrich Merz in seinem Kabinett brauchen kann.

Neuer Minister Wildberger: Kann vom Kunden her denken

Der Versorger Eon war jedenfalls eine Zeit lang auch die berufliche Heimat von Karsten Wildberger, der Nummer zwei im Wirtschaftstrio, das es jetzt richten soll. Seit 2021 leitet der 55-Jährige die Geschäfte bei der Ceconomy AG, die nur Profis kennen, von der aber auch alle anderen „Achso“, sagen, wenn sie erfahren, dass die Gesellschaft hinter den Marken Media Markt und Saturn steht. 

Der promovierte Physiker und Manager Wildberger könnte das in die Politik einbringen, was der Vorgängerregierung definitiv gefehlt hat: nämlich ihren Job vom Kunden her zu denken. Vertraute aus seiner bisherigen Umgebung beschreiben den Mann, der in der Politik bisher ein unbeschriebenes Blatt ist, als neugierig und technologiebegeistert und geraten geradezu ins Schwärmen: Er arbeite strukturiert, klar, sachlich – immer im Team. „Er hört zu. Er lernt. Er überzeugt. Er trifft Entscheidungen.“ 

Neue Ministerin Bär: Die Wahlkreiskönigin 

Sein Ministerium muss er sich erst zusammenbauen: Die beiden Abteilungen Digitale Verwaltung und Digitale Gesellschaft übersiedeln aus dem Bundesinnenministerium sowie die Abteilungen für Daten- und Digitalpolitik und für Digitale Konnektivität aus dem bisherigen Bundesministerium für Digitales und Verkehr ins Haus des neuen Ministers.

Die Dritte im Bunde ist Dorothee Bär, Wahlkreiskönigin bei der jüngsten Bundestagswahl: Niemand holte mehr Erststimmen als sie in ihrem Wahlkreis Bad Kissingen. Die 47-Jährige kommt aus einem zutiefst politischen Haushalt. 

CDU-Chef Friedrich Merz (l) neben SPD-Chef Lars Klingbeil
CDU-Chef Friedrich Merz (l) neben SPD-Chef Lars Klingbeil picture alliance / Geisler-Fotopress | Bernd Elmenthaler/Geisler-Fotopr

Ihr Großvater und Vater waren im Heimatort Ebelsbach CSU-Bürgermeister, ihr Mann Oliver Bär ist CSU-Landrat im Landkreis Hof. In der „FAZ“ gab sie vor ein paar Jahren ein ausschweifendes Interview zu ihrer Vorliebe für High Heels. Das habe damals auch Bundeskanzlerin Angelika Merkel gelobt, erinnert sich Bär - sie saß von 2017 bis 2021 als Digital-Staatsministerin im Bundeskanzleramt im Kabinett. 

Mehr Zurückhaltung als Habeck?

Ihren neuen Spitznamen hat sie seit ein paar Stunden weg: Sie sei „Söders Frau im Mond“, schreiben die ersten, was lustig ist, tatsächlich aber beschreibt, dass die CSU-Ministerin die ehrgeizigen Ziele Bayerns in den Forschungsfeldern Raumfahrt, Künstliche Intelligenz und Atomkraft voranbringen soll.

Sollen die drei jetzt ins Getriebe eingreifen, damit wieder was in Fahrt kommt? Sie sollten sich genau das genau überlegen. „Kleinteilige und völlig überzogene Regelungsflut“ war einer der zentralen Kritikpunkte, die Mittelständler wie Konzernlenker der bisherigen Regierung und ihrem Wirtschaftsminister Robert Habeck angekreidet haben. Das neue Trio könnte da also tatsächlich mit Zurückhaltung glänzen.

Dieser Artikel erschien in Kooperation mit Business Punk