Pflegeversicherung unter Druck: Lauterbachs Pflege-Reform droht nach Ampel-Ende das Scheitern

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Das Ende der Ampel könnte sich auch auf die Pflegereform auswirken. Gesundheitsminister Karl Lauterbach gibt sich optimistisch – doch die Opposition kündigt Blockade an.

Berlin – Die Ampel ist seit Mittwochabend (6. November) endgültig Geschichte. Doch laut Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) soll auf den Koalitionsbruch kein gesundheitspolitischer Stillstand folgen. Im Gegenteil: Der SPD-Politiker will die geplante Krankenhausreform wie geplant verabschieden lassen. „Diese Reform werden wir nicht scheitern lassen und werden sie im Bundesrat durchsetzen“, erklärte er auf dem Deutschen Pflegetag in Berlin.

Nach Aus der Ampel: Bundestag wird zu Problem für Lauterbach – ohne die FDP fehlen Mehrheiten

Auf eine Zustimmung ist Lauterbach im Bundesrat nicht direkt angewiesen, doch kann dieser die Reform mit einem Vermittlungsausschuss zumindest ausbremsen. In diesem Fall befürchte Lauterbach in den nächsten zwei Jahren hunderte Insolvenzen von Krankenhäusern. Immerhin hat die Reform bereits die Hürde im Bundestag genommen. Doch nach der Entlassung von Finanzminister Christian Lindner und dem Austritt der FDP aus der Regierung verfügt die Koalition im Bundestag vorerst über keine Mehrheiten mehr. Für alle weiteren Gesetzesvorhaben, wie etwa der dringlichen Pflegereform, müssten SPD und Grüne bis zu den angestrebten Neuwahlen im März neue Bündnisse schmieden.

So groß der Druck von Seiten der Krankenkassen und Pflegeträger angesichts tief roter Zahlen in der Pflegeversicherung auch ist – Lauterbach bleibt vorerst gelassen. Er sei „optimistisch, dass wir an dieser wichtigen gemeinsamen Baustelle weiterkommen werden“. Pflege könne viel mehr als sie in Deutschland aktuell dürfe – diese Überzeugung teilten schließlich alle demokratischen Parteien im Bundestag.

CDU erteilt Lauterbachs Plänen deutliche Absage: „Für Gesundheitswesen ist die Legislatur beendet“

Doch wo sollen die Mehrheiten künftig herkommen? Aus der CDU erhielt Lauterbach bereits eine Absage: Tino Sorge, gesundheitspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, erklärte gegenüber der Ärzte-Zeitung, dass es keines der verbleibenden Gesetze durch den Bundestag schaffen werde: „Für das Gesundheitswesen ist die Legislatur beendet.“ Als Begründung führte der CDU-Politiker die verschleppten Reformen in den Bereichen Apotheken, Pflege, Krankenkassen und Notfallversorgung an. Auch eine Zustimmung der FDP- sowie der AfD-Faktionen gilt als unwahrscheinlich. Die Liberalen werden den Ex-Ampel-Partnern wohl kaum den Erfolg gönnen und weiteren Gesetzen zustimmen. Unter der Woche haben die Abgeordneten zudem bewiesen, dass sie geschlossen hinter Lindner stehen – mit Ausnahme von Volker Wissing.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) im Bundestag
Keine Mehrheiten im Bundestag: Das Ampel-Aus könnte sich auch die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angestrebte Pflegereform auswirken. © M. Popow/Imago

Die AfD stimmt häufig aus Prinzip gegen die Gesetzesvorhaben der Bundesregierung. Blieben noch die Fraktionen der Linken und der Gruppe BSW sowie der überwiegend aus ehemaligen AfDlern bestehenden Fraktionslosen: Auch deren einheitliche Zustimmung gilt als ausgeschlossen.

Pflegeversicherung rutscht immer tiefer in Minus – Lauterbach will punktuelle Beitragserhöhung

Spannend dürfte es daher bei der von Lauterbach geplanten Erhöhung des Pflegebeitragssatzes werden. Im Koalitionsvertrag der Ampel hatten die Parteien vereinbart, die finanziellen Altlasten aus der Corona-Pandemie von rund sechs Milliarden Euro in der Pflegeversicherung über diese Beitragsanhebung auszugleichen. Doch damit nicht genug: Zusätzlich rechnen Experten für 2024 mit einem Minus von 1,8 Milliarden Euro, sodass der Beitragssatz eigentlich um 0,3 Punkte steigen müsste.

Das Gesundheitsministerium will diesen zum 1. Januar 2025 aber nur um 0,15 Prozentpunkte auf 3,55 anheben – das geht aus einem neuen Gesetzesvorschlag des Gesundheitsministers hervor, der dem Redaktionsnetzwerk (RND) vorliegt. Der restliche Anteil soll durch bisher ungenutzte Energiehilfen für Pflegeeinrichtungen finanziert werden. Das Problem: Sollte der Vorschlag von Lauterbach scheitern, müssten die aus Steuermitteln bereitgestellten Gelder zurück in den Bundeshaushalt fließen – und eine beträchtliche Lücke in der Pflegeversicherung bliebe weiterhin offen.

Kritik aus CDU und von DAK-Chef: Lauterbachs Finanzierungsmodell ist nicht nachhaltig

Für Sorge seien die Pläne Lauterbachs sowieso nur ein weiterer Tropfen auf dem heißen Stein der Pflegebredouille – und keineswegs eine nachhaltige Finanzierungsreform: „Mit immer neuen Beitragserhöhungen werden nur noch die akutesten Finanzlöcher notdürftig gestopft“, erklärte der CDU-Politiker. Und auch der Chef der DAK-Gesundheit, Andreas Storm, prophezeite dem RND, dass die finanziellen Probleme spätestens im Herbst 2025 wieder auftauchen würden. Nicht zu Unrecht: Experten rechnen für 2025 mit einem Minus zwischen 3,5 bis 5,8 Milliarden Euro in den Pflegekassen.

Die gute Nachricht für Lauterbach: Im derzeitigen Kabinett aus SPD und Grünen dürfte eine Einigung auf sein Modell schnell erfolgen. Es war zuvor die FDP, die sich der Beitragserhöhung verweigert hatte. Die Grünen befürworten den Einsatz von Steuermittel dagegen, wie die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Maria Klein-Schmeink unlängst im Stern erklärte.

Doch die weitaus schlechtere Nachricht: Im Bundestag sitzt mit der FDP nun ein Gegner mehr.

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