„Was das Trump-Putin-Gespräch wirklich zeigt: Europa muss sich selbst kümmern“
Trump und Putin sprechen im Ukraine-Krieg über Waffenstillstand und Eishockey. Europa muss seine Sicherheit schützen, meint ein Experte.
Das offizielle Ergebnis ist klar, die Details sind aber teils etwas nebulös – und der längerfristige Ausblick scheint eher düster: Donald Trump und Wladimir Putin haben einen Teil-Waffenstillstand im Ukraine-Krieg vereinbart. Doch nach dem Gespräch der beiden Präsidenten scheint ein dauerhafter Frieden so weit entfernt wie eh und je.
Bemerkenswerterweise verzichtete der US-Präsident darauf, die Ergebnisse in einem seiner sonst üblichen Medienauftritte im Oval Office zu präsentieren. Und tatsächlich: Kurz darauf schien Russland die USA zu brüskieren. Der Politikwissenschaftler und Verteidigungsexperte Benjamin Tallis sieht das Telefonat als Weckruf für Europa, sich „selbst um seine Sicherheit zu kümmern“, wie er dem Münchner Merkur sagt. Die wichtigsten Erkenntnisse nach dem Trump-Putin-Telefonat im Überblick:
Putin gibt Trump nur „etwas, das in Russlands Interesse ist“ – früh Zweifel an „Waffenruhe light“
Trump und Putin einigten sich auf eine Art Waffenstillstand light, nur für Attacken auf die Energieinfrastruktur – der schnell gebrochen wurde. Obwohl Putin laut Kreml „unmittelbar“ einen „entsprechenden Befehl“ an das russische Militär erteilte, meldete die Ukraine in der Nacht Angriffe auf ihre Stromversorgung. Russland berichtete ebenfalls von einem kleineren Feuer in einem Öllager, wie die Agentur Reuters notierte. Der tatsächliche Wert der kleinen Waffenstillstands-Klausel wird sich in den kommenden Tagen zeigen. Ein schneller Erfolg für Trump sähe aber anders aus.

Ohnehin hatte Trump eigentlich einen 30-tägigen Waffenstillstand angestrebt. Russland hat die Stromversorgung der Ukraine bereits seit Langem gezielt ins Visier genommen – besonders perfide und wirkungsvoll ist das aber in den teils bitterkalten Wintermonaten. Auch Kiew hatte zuletzt wieder die Öl-Infrastruktur des Aggressors attackiert. „Putin gibt Trump etwas, was in Russlands Interesse ist“, urteilte entsprechend kühl Sicherheitsexperte Carlo Masala beim Focus.
Weitere Ergebnisse des Gesprächs waren ein begrenzter Gefangenenaustausch zwischen Russland und der Ukraine mit je 175 Soldaten, geplante Gespräche über die Sicherheit im Schwarzen Meer – wo Russland erhebliche Verluste erlitten hat – und eine kuriose Randnotiz: Trump und Putin sprachen offenbar über Eishockey-Showmatches zwischen russischen und US-Profis.
Russland warnt nach Trump-Gespräch vor „Eskalation“ – US-Präsident hat Forderung angeblich nicht gehört
Trump und das Weiße Haus zeichneten zwar ein positives Bild der Gespräche. Offenbar waren aber Washington und Moskau nicht einmal über die Inhalte des Telefonats einig – beziehungsweise darüber, was davon nach außen dringen sollte. Die Zusammenfassung des Kremls enthielt eine bemerkenswerte Passage: Putin betonte, dass ein vollständiges Ende der militärischen und geheimdienstlichen Unterstützung für die Ukraine eine „Schlüsselvoraussetzung“ sei – um eine „Eskalation des Konflikts“ zu vermeiden. Die Passage lässt sich durchaus als Drohung interpretieren.
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Trump dementierte später bei Fox News, dass über Ukraine-Hilfen gesprochen wurde. Eine klare Position des US-Präsidenten zur Fortsetzung dieser Unterstützung lieferte das TV-Interview aber nicht. Nach dem Rauswurf von Wolodymyr Selenskyj aus dem Weißen Haus hatten die USA ihre Militär- und Geheimdiensthilfen für Kiew vorübergehend gestoppt; zum Entsetzen der Ukraine und ihrer europäischen Verbündeten. Ein Ex-Diplomat sah hinter all dem eine US-Taktik, um Russland an den Verhandlungstisch zu bringen. Viele Beobachter interpretierten das jedoch als Indiz für eine endgültige Abkehr der USA von Europa oder gar als Wechsel ins Putin-Lager.
Der britische Experte Tallis vom Thinktank „Democratic Strategy Initiative“ warnte Europa am Mittwoch: „Was das Putin-Trump-Gespräch wirklich zeigt, ist, dass sich Europa selbst um seine Sicherheit kümmern muss – inklusive der Ukraine.“ Im Falle eines „Waffenstillstands-Deals“ solle die Ukraine als „Teil unserer Ostflanke“ betrachtet werden, betonte Tallis. Eine europäische Koalition der Willigen müsse sich bereitmachen, Russland „so bald wie möglich innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre“ besiegen zu können.
Tallis forderte, die neuen Verteidigungsgelder aus Deutschland und Europa sinnvoll zu investieren. Der Fokus sollte auf Drohnen, Künstlicher Intelligenz und, ergänzend, der Fähigkeit zu weitreichenden und präzisen Raketenschlägen liegen. Panzer hingegen würden zu lange in der Produktion benötigen und könnten bald obsolet sei – große Teile der Mittel für Panzer aufzuwenden sei insofern nicht zu rechtfertigen. Der österreichische Experte Ulf Steindl hatte unserer Redaktion kürzlich bereits erklärt, welche Unterstützung die Ukraine aus Europa benötigt. (fn)