Irre Propaganda: Taliban machen Werbung für Afghanistan-Urlaub mit US-Panzern

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Ein Kämpfer der Taliban (Archivbild). © IMAGO/Zoonar.com/Wosunan Photostory

Afghanistan verzeichnet eine zunehmende Zahl an Touristen. Ein Video, das die Taliban in den sozialen Medien verbreiten, soll den Trend verstärken.

Kabul – Das Video beginnt makaber: Fünf Männer, teils bewaffnet und in der traditionellen Tracht der Taliban gekleidet, stehen hinter drei auf dem Boden knienden Personen, allesamt tragen sie eine schwarze Plastiktüte über dem Kopf. „Assalamu alaikum“, sagt einer der Männer, was so viel wie „Friede sei mit euch“ bedeutet. Dann sagt er auf Englisch: „Wir haben eine Botschaft an Amerika“.

Als Zuschauer rechnet man schon mit dem Schlimmsten. Doch der Mann reißt plötzlich einem der vor ihm knienden Personen die Tüte vom Kopf – und die reckt den Daumen nach oben und sagt freudestrahlend: „Welcome to Afghanistan.“

Taliban mit Propaganda-Video: Urlaub in Afghanistan

Das Video, das derzeit mehrere, den Taliban nahestehende Instagram-Accounts verbreiten, entpuppt sich als eine Art Werbung für Urlaub in dem Land. Es läuft fröhlich klingende, arabische Musik, Männer ziehen sich lachend an einer alten Panzerkanone hoch, ein Mann badet breit grinsend mit einem Maschinengewehr im Wasser. Es wird gezeigt, wie man per Tablet typisch afghanisches Essen bestellen kann oder wie man sich aus einem langen Tuch einen Turban bindet.

Alles soll die Botschaft vermitteln: Kommt nach Afghanistan, macht hier Urlaub, hier kann man eine gute Zeit haben. Die Taliban üben seit dem Rückzug der US-Armee seit August 2021 wieder Kontrolle über das Land aus. Die Rechte der Frauen wurden seitdem massiv eingeschränkt, schulische Bildung ist nur noch für wenige Jahre erlaubt. Die Taliban sind international politisch größtenteils isoliert.

Video soll Urlaubern Afghanistan-Reise schmackhaft machen: 8000 Touristen im vergangenen Jahr

Doch trotzdem will sich das Land wieder als touristisches Ziel etablieren - zumindest für Abenteuerurlauber. Im vergangenen Jahr empfing das Land laut der zuständigen Behörde 8000 ausländische Urlauber, Tendenz steigend. Aus China, der Türkei aber auch aus Westeuropa kommen die Besucher. Auch die Zahl der deutschen Touristen steigt Jahr für Jahr.

Das Auswärtige Amt warnt auf seiner Website hingegen eindeutig vor dem Besuch des Landes: „Westliche Ausländer sind als Ziel dschihadistischer Gruppen, die in Afghanistan weiterhin aktiv sind (z.B. ISPK), besonders gefährdet. Die Gewaltkriminalität hat zugenommen, es besteht die Gefahr einer Entführung oder willkürlicher Inhaftierung.“ Es würden zudem immer wieder „schwere Anschläge verübt, die zahlreiche Todesopfer und Verletzte fordern“, schreibt das Amt. Die Deutsche Botschaft ist seit der Machtübernahme der Taliban geschlossen, eine konsularische Unterstützung vor Ort sei demnach nicht möglich.

Doch trotz der Warnungen reisen immer wieder Reiseblogger und Influencer in das Land, in sozialen Medien finden sich immer mehr Berichte über die freundlichen Afghanen und die beeindruckende Landschaft. Wie das österreichische Magazin Kosmo schreibt, wird das Video der Taliban von Experten als Versuch der „Soft Propaganda“ gewertet - also als Versuch, den internationalen Blick auf Afghanistan zu korrigieren. Wenn man den offiziellen Zahlen der afghanischen Behörden glaubt, mit zunehmenden Erfolg. (fmü)

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