„Dem Untergang geweiht“: Ukraine will den Lebensnerv von Putins Armee kappen

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Ziel des Zorns: Die Krim-Brücke überspannt die Meerenge von Kertsch. Über sie rollt der gesamte Nachschub der russischen Invasionsarmee © IMAGO/Sergei Malgavko

Auf der Krim wird sich der Ukraine-Krieg entscheiden, davon sind Experten überzeugt. Die Verteidiger planen weitere Attacken gegen die Krim-Brücke.

Kiew – Vasyl Maliuk sieht die Krim-Brücke bereits in Schutt und Asche aufgehen und droht Russland entsprechend unumwunden. Ohne Krim-Brücke wäre der Lebensnerv von Wladimir Putins Invasionsarmee durchtrennt und möglicherweise der Ukraine-Krieg damit entschieden; sie ist also das Ziel des ukrainischen Zorns. Wie der Focus berichtet, hat Maliuk als Chef des ukrainischen Inlandsgeheimdienstes SBU in einer Fernseh-Dokumentation klipp und klar geäußert, Russlands unbeschränkter Zugang zur Halbinsel sei künftig „zum Scheitern verurteilt“; neue Angriffe durch die Ukraine stünden unmittelbar bevor. Letztendlich sei die Brücke nach seinen Worten „dem Untergang geweiht“. Sie wäre dann auch der größte Verlust Moskaus imperialistischem Auftritt vor der Weltöffentlichkeit.

Erfolge im Ukraine-Krieg: Fakten könnten für ukrainischen Sieg bei Gefechte um Krim sprechen

Offensichtlich sprechen die Fakten auch klar für die Ukraine – westliche Beobachter sehen in den Gefechten um die Krim klare Vorteile für die ukrainischen Verteidiger. Die Angriffe auf der Krim seien verheerend für Russland, urteilt beispielsweise der Militärökonom Marcus Keupp im Interview mit der tagesschau; der Wissenschaftler Keupp lehrt an der Militärakademie der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich und beschäftigt sich beispielsweise mit Handel und Logistik im Krieg. Seiner Expertise zufolge hätten die Russen den Angriffen der Ukraine momentan nichts entgegenzusetzen, weil sie logistisch kaum noch nachkämen.

Seit mehr als einem Jahr ist die Krim-Brücke unverhohlener Zankapfel zwischen dem russischen Goliath und dem ukrainischen David, der im Oktober 2022 erstmals seine Zähne gezeigt hat, mit einem Bombenschlag auf diese zentrale Nachschub-Route der russischen Armee. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte sofort den ukrainischen Geheimdienst SBU für die schwere Explosion auf der Krim-Brücke verantwortlich gemacht. „Es gibt keine Zweifel. Das ist ein Terrorakt, der auf die Zerstörung kritischer ziviler Infrastruktur der Russischen Föderation ausgerichtet war“, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung den Kremlchef zitiert.

Krim-Brücke: Zankapfel zwischen den Armeen von Putin und Selenskyj

Beide Gegner sehen in der Krim den Dreh– und Angelpunkt des Ukraine-Krieges, weil die Russen sich seit der Annexion 2014 weigern, die Krim und ihre Hauptstadt Simferopol als ukrainisches Staatsgebiet anzuerkennen und entsprechend autonom zu behandeln. Im Gegenteil haben sie diesen Zeitraum benutzt, um die Krim zu einer militärischen Festung auszubauen, Flugplätze anzulegen, massive Luftabwehrsysteme zu stationieren und die Schwarzmeer-Flotte von dort aus operieren zu lassen. Keupp: „Die Krim ist nicht nur das logistische Zentrum, sie ist auch das militärische Kraftzentrum der ganzen russischen Operation gegen die Ukraine, und deswegen wird sie auch das große Finale des Krieges sein und möglicherweise schneller, als so mancher das erwartet hat.“

Der Experte gibt sich sicher, dass ein Erfolg auf der Krim den Nukleus des ukrainischen Sieges bedeuten und jeder erfolgreiche Angriff eine Kettenreaktion in der russischen Armee auslösen wird. „Wenn es der Ukraine beispielsweise gelingt, Brücken oder die Eisenbahnverbindungen dauerhaft zu zerstören, ist es für Russland nicht mehr möglich, die Krim in dieser Form als militärische Basis zu nutzen, zumindest nicht für die Landarmee. Wenn es also der Ukraine gelingt, die russischen Land- und Luftkampfmittel festzusetzen, dann ist die Krim logistisch isoliert. Ab diesem Zeitpunkt ist Russland eigentlich nicht mehr in der Lage, den Krieg weiterzuführen.“

Krim-Brücke: Ukraine braucht zum Beschuss dringend Marschflugkörper

Das insgesamt 19 Kilometer lange Brückenbauwerk trägt eine vierspurige Autobahn und südlich davon auf einem gesonderten Bauwerk die parallel dazu verlaufende zweigleisige Eisenbahnstrecke. Damit gilt dieses Objekt als größte von Russland erbaute Brücke. Wie die Zeit mutmaßt, spekuliert die Ukraine vor allem wegen ihrer Aktivitäten gegen die Krim-Brücke auf die „Taurus“-Marschflugkörper aus Deutschland. Die Zeit hält sie für die perfekte Waffe gegen die Krim-Brücke und die Ängste der Bundesregierung daher für gegenstandslos: „Die Bundesregierung fürchtet, dass die Ukraine deutsche Raketen auf russisches Territorium schießt. Doch strategisch ist das für die Ukraine kaum von Interesse“.

In Bezug auf die Flugplätze auf der Krim kämen auch noch die jüngst von den USA in Aussicht gestellten „ATACMS“-Marschflugkörper ins Spiel, mit denen solche Anlagen großflächig getroffen werden können. Überraschenderweise hat sich auch Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) klar dafür ausgesprochen, die Ukraine für die Rückeroberung der Krim entsprechend aufzumunitionieren, wie sie bereits im September in Kiew erklärt hatte: „Es braucht Waffen mit Reichweite.“ Zu den Waffen mit Reichweiten über Hunderte Kilometer zählen neben „Atacms“ und „Taurus“ auch die Marschflugkörper „Storm Shadow“ und „Scalp“, die Kiew schon aus Großbritannien und Frankreich bekommen hat.

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